Referate von Dr. Henning Brand-Saßen (Landwirtschaftliche Rentenbank, Frankfurt) zur „Finanzkrise und Auswirkungen auf die Landwirtschaft“ und des Präsidenten des Bundesverbands der Lohnunternehmen (BLU), Klaus Pentzlin, standen – neben Geschäftsbericht und Vorstandsneuwahlen – im Fokus der Jahresmitgliederversammlung des Landesverbandes Hessen der Lohnunternehmer in Landwirtschaft, Forstwirtschaft und Weinbau.
Durch die Versammlung vor etwa 60 Mitgliedern in Alsfeld-Eudorf führte Verbandspräsident Hans Dieter Levihn.
Dr. Henning Brand-Saßen spannte in seinem Fachreferat über die aktuelle Weltwirtschaftskrise und zu den Finanzmärkten einen weiten Bogen, beginnend mit dem Medien-Hype wie „Die Finanzkrise hält die Welt in Atem“, und thematisierte im Weiteren vor allem die Frage: „Gilt das auch für die Landwirtschaft?“ Die Landwirtschaft zähle auch in der Krise zusammen mit einigen anderen Wirtschaftszweigen wie Bahnindustrie und erneuerbare Energien zu den „robusten Branchen“, deren Wertschöpfung am Standort Deutschland steige. Jedoch sei auch die Landwirtschaft jetzt vor Herausforderungen gestellt. Es sei von einer rückläufigen weltweiten Nahrungsmittelnachfrage auszugehen. Die gehemmte Kreditvergabe in der Wirtschaft betreffe allerdings nicht die Landwirtschaft.
Wellenbewegungen auf den Agrarmärkten
Als zukünftige Trends machte Brand-Saßen „Wellenbewegungen“ auf den Agrar- und Vorleistungsmärkten, Sinken der Direktzahlungen und weiter ansteigende Kapitalintensität aus. Um die Wettbewerbsfähigkeit auszubauen, sei Wachstum erforderlich. Der Vortragende ging näher auf die aktuellen Rahmenbedingungen wie schwankende Erzeugerpreise ein und verdeutlichte seine Aussagen am Beispiel des Milchpreises. Die weltweite Nachfrage sei deutlich zurückgegangen, gerade in den Schwellenländern, die zuvor aufgrund des Wirtschaftsaufschwungs auch höher veredelte Produkte gekauft hätten. Zudem werde in Europa über den Bedarf produziert. Ungünstig sei die aktuelle Milchpreisentwicklung bei deutlich fallendem Auszahlungspreis.
Verringerte Liquidität der Bauern wirkt auch auf Lohnunternehmen
Gleichzeitig sei eine ungünstige Betriebsmittelpreisentwicklung festzustellen. Betriebsmittelpreise, wie zum Beispiel für den Dünger, senkten sich jetzt erst langsam ab, so dass eine „finanzielle Zwickmühle“ resultiere. Diese Situation habe auch Auswirkungen auf die Liquidität und somit das Zahlungsverhalten auch für die Lohnunternehmer. In der Landwirtschaft und gerade in der Milchviehhaltung, die Schwankungen eigentlich nicht kenne, liege jetzt eine „sehr schwierige Situation“ vor. All dies schlage sich in einer negativen Stimmung nieder, wie die Umfragen bei 1 800 Landwirten und 200 Lohnunternehmern dokumentierten.
Dennoch sei der Stimmungsindex bei den Lohnunternehmern recht gut. Brand-Saßen bewertete die generell recht befriedigende Situation dieser Branche vor dem Hintergrund politischer und wirtschaftlicher Rahmenbedingungen. Sehr positiv schlügen vor allem die Auftragseingänge für einzelne Arbeitsschritte und für komplette beziehungsweise überwiegende Bewirtschaftung landwirtschaftlicher Betriebe zu Buche. Der Vortragende wandte sich weiter den diversen Finanzierungsformen landwirtschaftlicher Neumaschinen bei Lohnunternehmern zu. Zu 70 Prozent erfolge Mischfinanzierung durch Eigenkapital und Hersteller- beziehungsweise Bankfinanzierung. Brand-Saßen analysierte ferner die Gründe für den Kern der gegenwärtigen Finanzkrise: „Wie aus Krediten mit schlechter Bonität erstklassige Anleihen werden“. Vertrauensschwund zeige sich in der Flucht der Banken zur Europäischen Zentralbank. Es resultiere somit eine Verteuerung der Refinanzierung in der Industrie.
Welche Konsequenzen hat die Entwicklung für das Agribusiness?
Konsequenzen für das Agribusiness seien unter anderem Zunahme der Marktpreisschwankungen (Risiko und Chance) und das Wichtigerwerden des Liquiditätsmanagements. Die Kreditinstitute „schauten genauer hin“, Kreditanfragen gelte es mit aussagekräftigen Unterlagen zu „unterfüttern“, um Vertrauen und Transparenz zu schaffen. Förderbanken, wie die Landwirtschaftliche Rentenbank, sicherten die Kreditvergabe. Ausführlich nahm Brand-Saßen auch zu der Ausgestaltung der Kreditkonditionen Stellung, basierend auf den Bausteinen Bonität (Rating), Besicherung und Preisklassen. Betriebswirtschaftlich sehr wichtig sei der Grundsatz „Liquidität vor Rentabilität“, insbesondere wenn Wachstumsschritte getätigt würden. Der Referent warb auch für Produkte seiner Bank mit neuen Förderschwerpunkten und Programmen für Unternehmen des Agribusiness sowie zugehörige Leasing-Varianten. Brand-Saßen stellte insgesamt fest, die Finanzkrise hinterlasse auch in der Agrarwirtschaft „Bremsspuren“. Gut aufgestellte Unternehmen seien aber „gesuchte Kunden.“
Keine Kreditklemme, aber eine Verschärfung der Vergabepraxis
Es bestehe keine Kreditklemme, aber eine Verschärfung der Vergabepraxis. In jeder Krise stecke auch eine Chance, zum Beispiel niedriges Zinsniveau. Die Bedeutung des Liquiditäts- und Risikomanagements nehme zu, Förderbanken sicherten die Refinanzierung der Kredite. Im zweiten Referat informierte Thomas Hellmuth von Bayer CropScience Deutschland, Region Süd, unter anderem über die Zulassung sowie sachgemäße Aussaat von mit „Mesurol“ insektizid gebeiztem Saatgut. Hofbeizung sei nicht mehr gestattet. Die aufgezeigten Zulassungsbedingungen seien einzuhalten. Die amtlichen Stellen würden vor Ort Kontrollen durchführen.
Michael Engels, stellvertretender Geschäftsführer der Landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft Hessen-Rheinland-Pfalz-Saarland thematisierte die in der Reform befindliche Landwirtschaftliche Sozialversicherung.
Weitere Fachinformationen gaben Dr. Günther Lindenau, Geschäftsführer der Landesarbeitsgemeinschaft der Maschinenringe und Landtechnischen Fördergemeinschaften in Hessen (LAG Hessen) sowie Volker Ruch vom Beratungsteam Ökonomie des Landesbetriebs Landwirtschaft Hessen (LLH).
Professionalität und Arbeitsqualität zählen
Trotz ungünstiger wirtschaftlicher Rahmenbedingungen sei die Stimmung bei den Landwirten und auch Lohnunternehmen im allgemeinen nicht schlecht, so der Grundtenor des Geschäftsberichts des Landesverbands, vorgetragen von Geschäftsführer Dr. Martin Wesenberg. Die Verbandsmitglieder hätten in der Regel ein ordentliches Betriebsergebnis erreicht, weil motiviert, fleißig und kundenorientiert gearbeitet worden sei. Professionalität und Arbeitsqualität seien das Kennzeichen der Berufsgruppe. Dementsprechend würden sie auch von den Kunden – seien es Landwirte, öffentliche Arbeitgeber oder andere Unternehmen – erkannt und geschätzt.
„Agrarservicemeister“ voraussichtlich ab 2010
Zur Ausbildungssituation stellte Wesenberg fest, der Ausbildungsberuf „Fachkraft Agrarservice“ sei weiterhin eine „Erfolgsgeschichte“. 27 Fachkräfte seien im August 2008 an der DEULA freigesprochen worden. Die Qualifizierung zum „Agrarservicemeister“ sei in Vorbereitung, teilte der Geschäftsführer weiter mit. Der Meister werde voraussichtlich mit der entsprechenden Meisterverordnung ab 2010 als Qualifizierungsmaßnahme auf das Berufsbild Fachkraft Agrarservice aufbauen. Er sei inhaltlich auf die erforderlichen Kenntnisse, Fertigkeiten und Erfahrungen einer Fach- und Führungskraft in einem Lohnunternehmen ausgerichtet.
Die positive Verbandsentwicklung habe sich auch in konstanten Mitgliederzahlen fortgesetzt. Zu Anfang 2008 habe die Anzahl ordentlicher Verbandsmitglieder mit 90 Lohnunternehmen gehalten werden können. Ein „respektabler Anstieg“ auf 158 Betriebe sei bei den Fördermitgliedern zu konstatieren.
Hessisches Lohnunternehmen ist „Anerkannter Fachbetrieb“
Erstmalig sei im Vorjahr ein hessisches Unternehmen zum „Anerkannten Fachbetrieb“ ausgezeichnet worden: das Lohnunternehmen Stefan und Jutta Metz aus Schweinsberg. Es habe sich einem anspruchsvollen Anerkennungsverfahren mit beispielsweise Beurteilung der wirtschaftlichen Situation und der fachlichen Qualifikation erfolgreich unterworfen.
Hans Dieter Levihn ist weiter an der Spitze in Hessen
Die Versammlung, in der auch der Präsident des Bundesverbands der Lohnunternehmen (BLU), Klaus Pentzlin, ein engagiertes und für seine Branche recht positiv akzentuiertes Grußwort sprach, wählte abschließend turnusgemäß für die Dauer von drei Jahren mit jeweils einstimmigem Ergebnis ein neues Präsidium des hessischen Landesverbands mit erneut Hans Dieter Levihn an der Spitze: Präsident Hans Dieter Levihn aus Mittel-Gründau, Vizepräsident Konrad Schindehütte aus Calden-Ehrsten, Präsidiumsmitglieder: Tanja Jäger aus Wabern-Harle, Winfried Herrlich aus Hofbieber-Langenbieber, Stefan Metz aus Schweinsberg, Klaus Lempp aus Rosbach-Rodheim und Frank Scholz aus Linsengericht-Geislitz. Neue Kassenprüfer wurden Andrea Fischer aus Hungen-Steinheim und Guido Blackert aus Friedberg. Stahl