Bei der Generalversammlung 2009 der Raiffeisen Waren-Zentrale Rhein-Main eG (RWZ), vorige Woche in der Jahrhunderthalle in Frankfurt, sprach Werner Böhnke, Vorstandsvorsitzender der WGZ Bank Westdeutsche Genossenschafts-Zentralbank, vor circa 1 000 Landwirten und Winzern über die Perspektiven der Landwirte angesichts der Finanz- und Wirtschaftskrise.
Wie geht es weiter auf den Märkten für landwirtschaftliche Produkte und Betriebsmittel und in welche Richtung steuert die Politik? Diese Fragen standen im Mittelpunkt des Gastvortrags. Die Auswirkungen der Finanzkrise auf den Agrarhandel zeigen sich laut Böhnke vor allem in einem erhöhten Risiko von Zahlungsausfällen, in mangelnder Vertragstreue und in stärkeren Preisschwankungen. Vertrauen in die Stabilität des Bankensektors sei aber von entscheidender Bedeutung. Die Ursachen dieser „Systemkrise“, welche sich nach Auffassung des Bankdirektors bei einem erwarteten Rückgang des Bruttoinlandsproduktes für 2009 zwischen 5 und 6 Prozent in einem bislang noch nicht gekanntem Ausmaße zeige und welche vermutlich auch noch 2010 anhalte, liegen vor allem in der von übertriebenen Spekulation ausgelösten und schlecht kontrollierten Finanzwirtschaft. „Wenn unser Haus Wirtschaftsprüfer zu Unternehmen mit einer Bilanzsumme von 500 Mio. Euro schickt, so muss uns der Mitarbeiter erst ein perfektes Zeugnis sowie Führungszeugnis vorlegen, bevor wir verantworten können, dass er die Bonität unseres Kunden beurteilt. Leider ist das aber nicht die Praxis bei vielen anderen Banken, welche ihre Mitarbeiter leichtfertig über Kredite walten lassen. Wir müssen uns auch fragen, ob die Aufsichtsräte derartiger Banken über die erforderliche Kompetenz verfügen, wie dies nötig ist“, so Böhnke.
Basel II ist wichtiges Regelwerk
Das Kernproblem der Bankenkrise sieht er in einer unzureichenden Eigenkapitalausstattung. Damit kritisiert Böhnke eine Aussage des Bundesfinanzministers Peer Steinbrück in einem Wirtschaftsblatt, der Liquidität der Banken als das Hauptproblem sieht. Die Finanzbranche habe mit dem Basel-II-Reglement, in dem sich Banken verpflichten, die Kreditvergabe an der Eigenkapitalausstattung zu koppeln, bereits einen sehr wichtigen Schritt in die richtige Richtung getan. Aber Basel II werde unter anderem nicht in den Vereinigten Staaten mit dem gleichen Nachdruck wie in Europa umgesetzt. Die frühere US-Regierung von George Bush habe die Umsetzung verzögert. Deutschland sei aber ein exportorientiertes Land „Unser Wohlstand hängt vom Export ab und weniger von der Binnenkonjunktur“, so Böhnke. Weshalb er das Konjunkturprogramm der Bundesregierung nicht für sinnvoll halte, da insbesondere die „Abwrackprämie“ für Autos nur zur Verschiebung des Problems der Autoindustrie führe. Das Problem der Autoindustrie sei die Überkapazität. Ebenso habe die Finanzwirtschaft das Problem der Überkapazität, so Böhnke, weshalb es zu der massenhaften Vergabe nicht gedeckter Kredite gekommen sei. In der Folge werde die rezessive Phase noch einige Zeit andauern, so der Vorstandsvorsitzende der WGZ Bank weiter. Denn die Banken würden aus einzelbetrieblichen Gründen zur restriktiven Kreditvergabe gezwungen. So sei die Refinanzierung in den letzten Monaten spürbar teurer geworden. Die Wirtschaftskrise führe zu höheren Ausfallraten bei Krediten. Aber: „Wir müssen uns aber im Klaren sein, dass wir von Krediten leben.“ Ein Teufelskreislauf, folgerte Böhnke. Allerdings erweise sich jetzt die Solidität des genossenschaftlichen Finanzverbundes als Vorteil, denn eine Kreditklemme gebe es bei den Volksbanken und Raiffeisenbanken nicht.
Kampf um Ressourcen beginnt
Den Blick richtete Böhnke ferner auf die strategische Ausrichtung der RWZ und meinte, dass auch vergleichsweise große Handelsunternehmen wie die RWZ Herausforderungen künftiger Rohstoffmärkte annehmen müssten, indem sie sich noch stärker international aufstellen. Denn: „Der Hunger in der Welt wird größer und in den nächsten zehn Jahren beginnt ein Kampf um Ressourcen. Nicht ohne Grund kümmert sich China so „liebevoll“ um Afrika. Deshalb müssen Unternehmen wie Ihres, Herr Hilgers, stärker nach außen agieren und am weltweiten Handel teilnehmen, um im Wettbewerb um die Rohstoffe bestehen zu können.“
2,75 Prozent Dividende
Hans-Josef Hilgers, Sprecher des Vorstands der RWZ, berichtete zuvor von einem guten Bezugs- und Absatzgeschäft der RWZ im abgelaufenen Geschäftsjahr 2008. Bei einem vorgestellten Ergebnis für 2008 mit einem Umsatz der RWZ von 1,7 Mrd. Euro, einer Bilanzsumme von 508 Mio. Euro und einem Bilanzgewinn von 651 000 Euro beschloss die Versammlung, eine Dividende in Höhe von 2,75 Prozent an die Mitgliedsgenossenschaften auszuzahlen, neben einer Warenrückvergütung in Höhe von 0,5 Prozent auf die mit der RWZ getätigten Bezugsumsätze.
Die RWZ sieht sich als drittgrößte der derzeit in Deutschland im Agrarhandel tätigen Hauptgenossenschaften und zählt mit ihren Mitgliedsgenossenschaften rund 70 000 Landwirte und Winzer sowie Obst- und Gartenbauern zu ihren Kunden. Das Geschäftsgebiet erstreckt sich über Nordrhein-Westfalen, Hessen, Thüringen, Sachsen, Rheinland-Pfalz und Saarland. Peter Bleser, MdB und Aufsichtsratsvorsitzender, führte durch die Mitgliederversammlung. Turnusgemäß endete die Amtszeit von Vorstandsmitglied Ingo Steitz, der auch Präsident des Weinbauverbandes Rheinhessen ist. Ohne Gegenstimmen bestätigte ihn die Generalversammlung im Vorstand für eine weitere Amtsperiode. Moe