Die Offizialberatung für die Landwirtschaft in Hessen stellt gemeinsam mit dem Kuratorium für das landwirtschaftliche und gartenbauliche Beratungswesen ein wichtiges Instrumentarium zur Unterstützung der erfolgreichen Entwicklung landwirtschaftlicher Betriebe und Sicherung der Familieneinkommen auf dem Land dar. Das LW befragte den Direktor des Landesbetriebes Landwirtschaft Hessen (LLH) und früheren Geschäftsführer des Beratungskuratoriums, Andreas Sandhäger, über die künftige Ausrichtung der Beratungsarbeit in Hessen.
LW: Herr Sandhäger, welche Erwartungen haben landwirtschaftliche Unternehmer in Hessen heute an die Offizialberatung? Andreas Sandhäger: Landwirte stehen derzeit unter dem Einfluss vieler Rahmenbedingungen und Herausforderungen: Dabei müssen sie unter anderem mit den nicht planbaren Preisveränderungen auf den Märkten umgehen können und sich gleichzeitig auch den wichtigen Investitionsfragen und -entscheidungen zur Entwicklung des Betriebes und Stabilisierung des Einkommens stellen. Nicht zuletzt stehen Landwirte unter dem Einfluss hoher gesellschaftlicher Anforderungen. Hier ist die Umsetzung des landwirtschaftlichen Fach- und Förderrechtes und aktuell die Umsetzung der WRRL zu nennen. Die Landwirte erwarten in dieser Situation von der Beratung des LLH eine intensive Begleitung mit Tatkraft und Kompetenz.
LW: Wo besteht Ihrer Meinung nach ein wachsender Beratungsbedarf? Sandhäger: Ständiger Arbeitsbereich ist stets die intensive Beratung in der Produktionstechnik von Pflanzen- und Tierproduktion, Ökolandbau sowie dem Gartenbau. Deutliche Schwerpunkte liegen auch in der Betriebswirtschaft. In der Phase der Investitionsentscheidung und -umsetzung ist hoher Beratungsbedarf nötig. Ein weiterer Schwerpunkt mit leider ansteigenden Beratungszahlen ist die Beratung für Betriebe, die vor sehr akuten und komplexen Problemen stehen. Diese sozio-ökonomische Beratung hat in den letzten Jahren an Umfang zugenommen. Der LLH bietet hier den Betrieben eine Betriebsanalyse mit Schwachstellensuche und das gemeinsame Erarbeiten von Lösungsansätzen an, auch wenn nicht immer die Zukunft der Familie im landwirtschaftlichen Betrieb gesichert werden kann. Ein besonderes Anliegen der Beratung sind derzeit die Betriebe, die durch die Preiseinbrüche vor großen finanziellen Problemen stehen. Besonders die katastrophale Lage auf dem Milchmarkt erfordert fundierte Handlungsschritte, wie es in den Betrieben nun weitergehen kann. Die Beratung setzt da an, wo der Einfluss des Betriebes möglich ist, dazu gehört insbesondere die gemeinsam mit dem Landwirt zu erarbeitende Analyse und Optimierung seiner Produktionskosten. Sie bietet Unterstützung bei der Planung des Fremdkapitaleinsatzes und bei Vorbereitung und Begleitung von Bankgesprächen.
LW: Welche Angebote sollten Ihrer Ansicht nach stärker genutzt werden? Sandhäger: Meines Erachtens sind die Arbeitskreise aus allen Fachrichtungen ein für die Betriebsleiter besonders erfolgreiches Angebot. In rund 40 Arbeitskreisen, die von den Beratungskräften des LLH betreut werden, arbeiten über 800 Betriebsleiter zusammen. Hier wird eine Ausweitung angestrebt, um fundierte Betriebsentwicklungen in Hessen zu ermöglichen. Die Arbeitskreise werden in drei Intensitätsstufen angeboten. Die gemeinsame Arbeit und Diskussion von wissenschaftlichen und technischen Neuerungen, Erfassung und Auswertung der betriebsspezifischen Daten, der horizontale und vertikale Vergleich und der Erfahrungsaustausch bieten wertvolle Unterstützung und Innovation.
LW: Und wie kann die Beratungsarbeit finanziert werden, also wie können die Beratungspraxis und -leistung auf der regionalen sowie auf der Landesebene sichergestellt werden? Sandhäger: Die hessische Landesregierung unterstützt die landwirtschaftlichen und gartenbaulichen Betriebe durch die Bereitstellung der Offizialberatung in der Trägerschaft des Landesbetriebes Landwirtschaft Hessen (LLH) mit allen positiven Auswirkungen auf die Nachhaltigkeit der Landbewirtschaftung, die Kulturlandschaft, die Umweltsicherung, die Qualität der Nahrungsmittel und die Wettbewerbsfähigkeit. Die Offizialberatung erfolgt auf Grundlage des Berufsstandsmitwirkungsgesetzes. Die Beratung ist weitestgehend kostenfrei, die Entscheidung zur Kostenerhebung wird anhand von Kriterien überprüft. Die detaillierten Regelungen zu den Beratungsgebühren sind im Entgeltverzeichnis des LLH aufgeführt. Die Sicherung und Stärkung der Beratung ist ein Ziel der hessischen Landesregierung.
LW: Welche Unterschiede in der Beratungspraxis sowie den Instrumenten der Beratung in Hessen stellen Sie zu der in anderen Bundesländern, wie der in Bayern, heraus? Sandhäger: Die Beratung der Betriebe ist in jedem Bundesland anders organisiert. Dabei geht das vielfältige Spektrum von der reinen Privatberatung bis hin zur Offizialberatung in verschiedenen Organisationsformen. Das bayerische Modell der Verbundberatung ist noch neu, der Landwirt steht hier verschiedenen Beratungsträgern gegenüber. In Hessen werden seit 2001 die Aufgaben, Ziele und Inhalte der Beratung in allen Fachrichtungen von dem Kuratorium für das landwirtschaftliche und gartenbauliche Beratungswesen mit seinen angegliederten fünf Fachausschüssen bestimmt. Großer Vorteil im hessischen Beratungsangebot ist das gebündelte fachliche Angebot aus einer Hand. Ferner ermöglicht und sichert das Kuratoriumsmodell die Vernetzung und Kooperation zu den Verbänden und Institutionen. Die Rückmeldungen aus der Praxis zum Beratungsangebot, zur Beratungsorganisation oder zur Beratungsqualität gehen direkt über die Vertreter der Mitgliedsverbände ins Kuratorium. Eine schnelle Aktion und Reaktion ist möglich und erfolgt. Dieser hohe Einfluss der Praxis sichert damit das kundenorientierte Angebot. Die Fragen stellte Dr. Moennig