Bundesagrarministerin Ilse Aigner sprach am vergangenen Donnerstagabend auf Einladung der Kreisverbände (KBV) Limburg-Weilburg und Rheingau-Taunus vor rund 130 Bäuerinnen und Bauern in Idstein im Taunus und sagte den Landwirten ihre Unterstützung zu. Die hohen Anforderungen, die unsere Gesellschaft an die landwirtschaftliche Betriebe zur Erzeugung hochwertiger Lebensmittel und zur Entwicklung des ländlichen Raumes stelle, müssten honoriert werden.
Noch vor einem Jahr kannten nur wenige ihren Namen; seit Herbst letzten Jahres ist Aigner als Bundesministerin im Amt. Über zu wenig Arbeit im Ministerium kann sie sich seitdem nicht beklagen. Und doch scheut sie sich vor den vielen Aufgaben und Herausforderungen nicht, betonte sie bei ihrem Antrittsbesuch in Hessen.
Aigner wies darauf hin, dass ein wichtiges Ziel der Agrarpolitik der Bundesregierung sei, die Landwirtschaft in die soziale Marktwirtschaft einzubinden. Dabei gelte es, einerseits die Erzeugung am Markt zu orientieren und die Leistungen der Landwirte für unsere Gesellschaft zu honorieren, andererseits das Eigentum der Bauern zu bewahren. Ihrer Meinung muss das Grundgerüst der Agrarpolitik auf fünf Säulen stehen:
Agrarsoziale Sicherung erhalten
Das System der agrarsozialen Sicherung (Landwirtschaftliche Unfall-, Kranken- und Alterssicherung) müsse erhalten bleiben. Dabei wies sie auf den Beitrag des Bundes zur Landwirtschaft hin: „Mit 3,7 Mrd. Euro gehen derzeit rund 60 Prozent des Agraraushaltes des Bundes in die agrarsoziale Sicherung“, stellte Aigner heraus. Die Mitglieder der landwirtschaftlichen Krankenkassen würden entlastet, indem man für die beitragsfreie Mitversicherung der Kinder gesorgt habe. Ferner seien die landwirtschaftlichen Krankenkassen in das Konjunkturprogramm der Bundesregierung einbezogen worden. Im Agrarhaushalt 2010 würden für die Unfallversicherung zusätzlich 40 Mio. Euro bereitgestellt.
Agrarpolitik auf zwei Säulen
Ministerin Aigner forderte die Landwirte auf, sich stärker einer Marktöffnung zu stellen. Ein Abschotten vor Auslandsmärkten könne es schon allein daher nicht geben, weil ein Großteil der landwirtschaftlichen Produkte exportiert werden. „Auch deshalb brauchen Sie einen angemessenen Ausgleich über die erste Säule, über die Direktzahlungen.“ Nicht richtig sei es, die Förderung innerhalb der zweiten Säule, also die Stärkung der ländlichen Räume, als Konkurrenz zur Förderung der Landwirtschaft zu sehen. So profitiere auch die Landwirtschaft von der Förderung des ländlichen Raumes. Deshalb werde sie sich dafür einsetzen, im Haushalt der Europäischen Union nach 2013 das Zweisäulenmodell abzusichern. Ausgleichszulage und Weideprämie seien keine Subventionen, sondern ein finanzieller Ausgleich für konkrete Leistungen der Landwirtschaft für die Gesellschaft.
Landwirte sollen Einfluss nehmen
Die Bundeslandwirtschaftsministerin forderte angesichts der Probleme der Milchbauern weitere Zusammenschlüsse in der Milchverarbeitung. Die 120 Molkereien sollten Schulterschluss zeigen und ihr Angebot gegenüber den fünf Einzelhandelsketten bündeln, so Aigner. Zwei Drittel der Molkereien seien in der Hand von Genossenschaften, die Bauern könnten dort mitreden. Sie erwarte, dass die Landwirte ihren Einfluss geltend machen. Die Molkereien müssten zudem innovativer werden und ihren Export steigern. Darin sieht sie ein großes Absatzpotenzial. Die im vorigen Jahr in der EU mit 24 gegen drei Stimmen abgeschaffte Milchquote würde heute zwar anders ausfallen, doch sehe sie immer noch keine Mehrheit in Brüssel für die Wiedereinführung. „Länder, wie die Niederlande, würden die Quote am besten sofort abschaffen und ihre Produktion ausweiten“, sagte Aigner. Derzeit würden von ihrem Ministerium zwei Möglichkeiten geprüft, um den Milchmarkt zu stabilisieren: Zum einen sei dies die Einführung einer Verfütterungsbeihilfe von Milch. Zum anderen das Starten einer Herauskaufaktion.
Risikoausgleichsrücklage
Aigner machte sich zugleich für die Einführung einer Risikorücklage in der Landwirtschaft stark. Eine Risikoausgleichsrücklage bedeute, dass Landwirte in guten Jahren einen Teil ihrer Erlöse unversteuert zurücklegen können, um in schlechten Jahren liquide zu bleiben. Moe