Mit Beginn der Ernte haben vorige Woche der Deutsche Bauernverband und der Hessische Bauernverband auf die schwierige Lage der Landwirtschaft hingewiesen. HBV-Präsident Friedhelm Schneider, DBV-Generalsekretär Dr. Helmut Born und der Vorsitzende des Regionalbauernverbandes Wetterau-Frankfurt, Herwig Marloff, informierten dazu auf dem Lindenhof bei Butzbach vor Hörfunk, Fernsehen und Presse über die Auswirkungen der Wirtschaftskrise auf die Landwirtschaftsbetriebe.
„Die Wirtschaftskrise hat uns Bauern besonders hart getroffen. Damit hatten wir nicht gerechnet; auch in schweren Zeiten wird gegessen, dachten wir. Womit wir nicht gerechnet haben ist, dass unsere Exportgeschäfte so stark einbrechen werden, denn unsere Agrarmärkte sind mittlerweile zu einem großen Teil im Ausland.“ So schilderte eingangs der HBV-Präsident die Folgen dieser Situation für die Bauern. Der Vertreter des landwirtschaftlichen Berufsstandes in Hessen mahnte an, dass bei aktuellen Getreidepreisen, wie bei der Wintergerste von circa 8,50 Euro je Dezitonne (Im Sommer 2007 waren dies fast 20 Euro/dt), die Ernte nicht mehr zur Sicherung bäuerlicher Existenzen ausreiche, selbst wenn Erträge erzielt würden, die 2009 im guten Durchschnitt liegen könnten. Trotz guter Ausbildung der Landwirte, ihrer hohen Leistungsbereitschaft und ihrer Produkte von ausgezeichneter Qualität, könnten viele Betriebe oft kein ausreichendes Einkommen mehr für ihre Familien erwirtschaften. Weiterhin ging Schneider auf das Notprogramm Milch ein (siehe Vorbericht) sowie auf das Liquiditätshilfeprogramm des Bundes und der Länder für die Landwirtschaft. Hingegen sei er mit den Entwicklungen auf dem Schweinemarkt derzeit zufrieden. Er hoffe, dass die positive Tendenz der Mastschweinepreise (aktuell 1,56 Euro/kg) auch die Ferkelpreise (25 kg Ferkel: 48 bis 50 Euro) weiter stimuliere. In Hessen habe in der Tierhaltung insbesondere die Milcherzeugung aber auch die Sauenhaltung eine große wirtschaftliche Bedeutung. Erneuerbare Energie aus der Landwirtschaft war ein weiteres zentrales Thema der Presseveranstaltung. NawaRo sollten auch mit Blick auf die Klimaschutzziele der Umweltpolitik bewertet werden. Die Rolle des Landwirts als Energielieferant zuerst für den Körper, aber auch für den Tank sowie für das Haus seien wichtige Aufgaben zur Sicherung der Zukunft unserer Volkswirtschaft konstatierte der Bauernpräsident.
Entlastungsprogramm der EU
Dr. Helmut Born meinte zur Lage der Bauern: „Wir waren seit 2004/05 auf eine schöne Straße nach oben. Mittlerweile wissen wir, es hat auch uns hart erwischt.“ Am Milchmarkt verdeutlicht, schloss er auf die Ursachen des Preisverfalls für Agrarerzeugnisse und erläuterte, dass Deutschland nach Neuseeland weltweit der bedeutenste Exporteur von Milchprodukten sei. Wichtige Exportländer wie Russland und China hätten aufgrund der Verunsicherung auf den Märkten und des plötzliches Einbruchs bei ihren Verkäufen von Rohstoffen sowie Industrieprodukten mit Importzöllen für Agrarerzeugnisse reagiert, wodurch sich der Absatz der Erzeugnisse der deutschen und europäischen Bauern deutlich verringert habe und die Preise im Sinkflug geraten seien. Der Bauernverband fordere daher von der Politik Maßnahmen zur Stabilisierung besonders des Milchmarktes zu beschließen. Es gelte, Maßnahmen zu ergreifen, mit denen der Nachfrageeinbruch aufgefangen werde. Der DBV schlage mit Blick auf das von der EU-Kommission für Mittwoch dieser Woche anberaumte Treffen zur Analyse des Milchmarktes ein Konjunktur- und Entlastungsprogramm für die Landwirtschaft vor. Unter anderem könne durch eine Verfütterungsbeihilfe für Milchpulver schnell eine Marktentlastung herbeigeführt werden. Die EU-Kommission sollte auch die Möglichkeit von Vorruhestandsprogrammen sowie der Verringerung der Kuhbestände prüfen. Mit einem Bündel an Maßnahmen müsse ein Beitrag zur Marktstabilisierung erreicht werden, so Born.
Landwirtschaft in der Wetterau
Herwig Marloff sprach über die Landwirtschaft im RBV Wetterau-Frankfurt. Zwischen dem Frankfurter Kreuz im Süden sowie dem Gambacher Kreuz im Norden, dem Vogelsberg im Osten und dem Taunus im Westen hätten die Betriebe von den natürlichen Standortbedingungen her eigentlich die besten Voraussetzungen. „Sehr fruchtbare Böden, ein gutes Klima, und Absatzmärkte vor Ort geben unseren Bauern viele unternehmerische Impulse, angefangen von der Zuckerrübe bis zur Direktvermarktung.“ Marloff wies aber darauf hin, dass selbst Betriebe an Gunststandorten, wie in der Wetterau, derzeit Probleme hätten, mit den stark schwankenden Agrarmärkten zurecht zu kommen. Weiteres gravierendes Problem der Bauern im RBV sei der große „Hunger“ nach ihrem Ackerland, der insbesondere von Frankfurt ausgehe. Der Betriebsleiter des Lindenhofes, Bernd Winter, der gemeinsam mit Sohn Jan, Agrarbetriebswirt, die Winter GbR als 175 ha Ackerbaubetrieb mit Schweinezucht sowie -mast und Direktvermarktung führt, schilderte die Entwicklung des Drei-Generationen-Betriebes. Als unternehmerischer Landwirt stehe man den künftigen Agrarmärkten grundsätzlich positiv gegenüber, man erwarte aber von der Politik, dass diese Rahmenbedingungen für fairen Wettbewerb schaffe, stellte Winter heraus. Moe