Die Wirtschaftskrise spiegelt sich auch in den Fabriken der Same-Deutz-Fahr-Gruppe (SDF) wider, in denen weltweit rund 2 700 Mitarbeiter tätig sind. Der Umsatz liegt 2009 voraussichtlich mit circa 1 Mrd. Euro fast 20 Prozent niedriger im Vergleich zum Vorjahr, wie Massimo Bordi, Chef des italienischen Landmaschinenkonzerns, des mit 45,1 Prozent größten Aktionärs der Deutz AG, vorige Woche in Apfelstädt in Thüringen beschrieb. Und doch sieht man sich strategisch auf den richtigen Weg und geht dazu in Richtung Full-Line-Angebot für die Landwirte.
Unter dem Dach der SDF-Gruppe sind die Traktorenmarken Same, Lamborghini, Deutz-Fahr und Hürlimann vereint. Außerdem werden Mähdrescher, Maschinen für den Futterbau und Teleskoplader hergestellt. Nach schwieriger Zeit will der Traktorenhersteller Deutz-Fahr in diesem Verbund wieder zu alter Stärke finden. Unter Voraussetzung hoher Qualität, wettbewerbsfähiger Preise und guter Verfügbarkeit der Produkte sei der Handel der entscheidende Faktor im Marktgeschehen von Landmaschinen, erläuterte Bordi. Die Investitionen sollen auch in den nächsten Jahren hoch bleiben. Dieses Jahr sind es mit 279 Mio. Euro rund 8 Mio. Euro mehr als 2008. „Wir wollen in den neuen Märkten mit eigenen Produktionsstandorten präsent sein“, begründet das der Vorstandsvorsitzende. SDF hat seine Standorte neben dem Traktorenwerk mit Zentralersatzteillager in Lauingen in Bayern, weitere am Firmensitz in Treviglio in Norditalien, einem Mähdrescherwerk in Zupanja in Kroatien, ferner Fabriken für derzeit rund 1 000 Traktoreinheiten pro Jahr in China und für rund 4 000 Traktoren sowie 5 000 Motoren in Ranipet in Indien.
Globaler Bedarf 1,5 Mio. Traktoren
In Indien will man die Kapazitäten für Traktoren bis zum Jahr 2011 auf rund 8 000 Einheiten verdoppeln sowie die Kapazität zum Bau von Motoren auf 30 000 Stück pro Jahr erhöhen. „Wir sind mit unserem Standort in Indien sehr zufrieden; unsere europäischen Produktionsstandorte behalten aber weiterhin ihren Stellenwert“, betont Gordi. „Auch an Standorten in Russland und in der Türkei hat man Fabrikhallen angemietet. Dort setzt man aus vormontierten Teilegruppen, welche im Wesentlichen aus Indien importiert werden, Landmaschinen zusammen. Zwar sei der Traktorenmarkt, insbesondere in Russland wegen eines Importstopps, aber auch in den USA und in Europa eingebrochen. Das globale Traktorvolumen sei aber mit rund 1,5 Mio. Einheiten im Jahr über die Jahre hinweg relativ stabil. Der Grund sei, dass wirtschaftlich aufstrebende Länder wie China, das 2009 einen um 16 Prozent höheren Verkauf verzeichne, wachsenden Bedarf hätten. Auch in Afrika verzeichne man dieses Jahr einen Zuwachs von 10 Prozent. Alle anderen Traktor-Märkte der SDF seien in diesem Jahr mit einem negativen Vorzeichen versehen. Der Verkauf in Indien sei mit Minus 5 Prozent im Verleich zu 2008 als stabil zu sehen.
Kleintraktoren aus Indien
Außer der Präsenz in neuen Märkten spreche auch ein weiteres Argument für das Engagement von SDF in Indien: Die Herstellungskosten von Traktoren seien dort um 15 bis 20 Prozent niedriger als in Europa, konstatiert Bordi. Künftig will SDF dort außerdem Kleintraktoren bis 60 PS herstellen, mit denen man auf deutschen, französischen, spanischen und italienischen Märkten ein neues Klientel von „Hobbylandwirten“ beziehungsweise Holzselbstwerbern oder Kleinprivatwaldbesitzern ansprechen will. Bei einem vergleichsweise niedrigen Preis bis 20 000 Euro sei diese Käuferschicht bereit, sich einen Traktor zu leisten, ähnlich wie sich Familien auf dem Lande gerne einen günstigen Kleinwagen als Zweit-PKW anschaffen würden.
Langfristig sieht Bordi in der Landmaschinenindustrie wachsende Märkte. SDF reagiere darauf mit der Erweiterung der Produktpalette in Richtung Full-Line für die Landwirtschaft mit angepasster Technik für jeden Betriebstyp. Wichtig sei ebenso eine weitere Internationalisierung der Aktivitäten unter anderem zur Erfüllung von Abgasnormen. „Es macht keinen Sinn, wenn wir in Europa über das Erfüllen von Euro 2 als Mindestanforderung für die Zulassung von Traktoren reden und wir zugleich wissen, dass in Asien fast alle Traktoren nur Euro 0 erfüllen.“ Ziel müsse sein, weltweit höheres technisches Niveau zu erreichen, um den Ausstoß der klimaschädlichen Stickoxide zu verringern. Zumal die Nutzungsdauer eines Traktors etwa drei- bis fünfmal höher sei, als die eines Autos, solle über eine „Abwrackprämie“ für Traktoren nachgedacht werden, meinte Massimo Bordi. Wichtig seien auch neue Finanzierungskonzepte für Händler- und Kunden.
Neues Zugpferd: Agrotron M 400er
Mit zahlreichen Neuigkeiten geht Deutz-Fahr in die nächste Saison auf dem Herbstacker. Diese wurden im Anschluss auf einer Fläche der insgesamt fast 3 000 ha großen Agrargennossenschaft Kirchheim vorgestellt, wo die Maschinen im praktische Einsatz getest werden konnten. Auffallend war die brandneue Agrartron-M-Baureihe in den Typen M 410 mit 143 PS und M 420 (158 PS). Der Traktor ist speziell den Wünschen mittelgroßer Betriebe ausgerichtet, die einen wendigen, kompakten und zugleich leistungsstarken Schlepper wollen, um damit fast alle anfallenden Arbeiten von der Bodenbearbeitung über Pflegearbeiten bis zum Transport (50 km/h) im Betrieb zu erledigen. Die M-400er Typen sind mit einem 4-Zylinder-Motor ausgerüstet. Die Schlepper verfügen über fast alle Einrichtungen der Deutz-Fahr-Agrotron TTV-Serie (über 200 PS). Unter anderem werden sie serienmäßig mit einer 4-fach-Zapfwelle ausgeliefert: 540 U/min, 540 E, 1 000 und 1 000 E. (E: Energiesparmodus). Eine elektro-hydraulische Komfortschaltung ist auf einer rechten Bedienkonsole untergebracht. Abgasrückführung sowie BL-100-Programm (Werksfreigabe für 100 Prozent Biodiesel bei voller Gewährleistung) gehören ebenso zur Serienausstattung wie ein Lastschaltgetriebe. Wahlweise kann der Landwirt unter anderem ein Vorgewende-Management-System hinzukaufen. Moe