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Lenken und lenken lassen

Was bringen Automatische Lenksysteme?

GPS-gestützte Systeme ermöglichen auch bei Dunkelheit exaktes Arbeiten. Foto: Feiffer

So wie die Hausfrauen seinerzeit nicht von ihren separaten Wäscheschleudern lassen wollten und der Vollwaschautomat sich erst gegen Wiederstände, dann aber rasant durchsetzte, erging es auch den Lenkhilfen. Der Fahrer sagte „brauche ich nicht“ und der Chef sagte „der soll mal ordentlich lenken“. Lenkhilfen werden zwar unter der Rubrik fahrerentlastende Maßnahmen geführt, aber sie bringen neben der Bequemlichkeit auch echten Mehrwert.

Die Arbeit des Mähdrescherfahrers wird qualitativ daran gemessen, wie er das Feld hinterlässt. Fährt er auf Leistung, mit möglichst vollem Schneidwerk, riskiert er, dass ab und an ein „Bart“ stehen bleibt. Obwohl der Nutzen der höheren Leistung wirtschaftlich als Ziel wertvoller anzusehen ist, wird der „Bart“ als Qualitätsmanko bewertet. Deshalb lassen Mähdrescherfahrer lieber einen großzügigen Sicherheitsabstand, der umso größer wird desto breiter das Schneidwerk ist.

„Sicherheitsabstände“ oder „Bart“

Bei 9,15 m Schneidwerksbreite kann das schon etwa 1 m bedeuten, weil der Sichtwinkel suggeriert, dass man schon an der Kante fährt. Wenn man wenigstens den fehlenden Meter Schneidwerksbreite mit höherer Fahrgeschwindigkeit ausgleichen würde, wäre der Schaden nicht so groß. Dies unterbleibt aber meistens. Der Sicherheitsabstand kostet mindestens 6 Prozent, in der Regel etwa 8 Prozent Leistung durch ungenutzte Schneidwerksbreite.

Alles was die Psyche entlastet führt meistens auch zu hoher Leistung und dient nicht nur der Fahrerbequemlichkeit.

Entlasung des Fahrers führt zu höherem Durchsatz

Wenn die Konzentration gebunden ist für das genaue Anschlussfahren, geht das immer zu Lasten der Fahrgeschwindigkeit beziehungsweiseder Leistung. Und umgekehrt: Wenn der Fahrer vom permanenten Blick an die Bestandeskante entlastet wird, fährt er instinktiv schneller. Diese Mehrleistung wird nochmals auf etwa 6 sechs 8 Prozent geschätzt. Wenn man statt 5 km/h nun 6 km/h fährt, sind das bereits 20 Prozent mehr Durchsatz.

Mit dem nächstgrößeren Mähdrescher wachsen meist die Schneidwerksbreiten nicht mit. Ein Mähdrescher mit einem Durchsatz von 35 t/h muss bei einem Ertrag von 70 dt/ha und einer Schneidwerksbreite von 6 m bereits mit 8,5 km/h gefahren werden. Und bei einer Schneidwerksbreite von 7,60 m immerhin noch mit 6,5 km/h. Diese hohen Fahrgeschwindigkeiten können nur mit Unterstützung von Lenkhilfen dauerhaft über den Tag erzielt werden.

Lenkhilfen sind bei großen Arbeitsbreiten quasi Pflicht

Lenkhilfen werden besonders bei Mähdreschern mit breiten Schneidwerken von 9,15 m in Betracht gezogen. Hier sind sie geradezu Pflicht. Das vorangegangene Beispiel zeigt jedoch, dass Lenkhilfen ebenso Pflicht sein können bei Schneidwerken von 6 m Breite, wenn dieses Schneidwerk vor einen leistungsstarken Mähdrescher gespannt ist. Genauso profitieren Betriebe von Lenkhilfen, die durch knappe Maschinenkapazität unter Leistungsdruck stehen. Hier leisten Lenkhilfen ihren wertvollen Beitrag. Sie sind demnach nicht nur eine Frage der Schneidwerksbreite sondern auch eine Frage der Mähdrescherkonstellation und des Erntedruckes.

Synergieeffekte nicht unterschätzen

Ein Faktor, der gern unterschätzt wird, weil man ihn nicht in Mark und Pfennig fassen kann, ist, dass der Fahrer durch den höheren Bedienkomfort entspannter und motivierter arbeitet. Er kann sich intensiver um die optimale Mähdreschereinstellung kümmern und mutiger ausprobieren.

Die optimale Mähdreschereinstellung bringt wiederum einen zusätzlichen Leistungsschub, eine Verlustsenkung und Qualitätsverbesserung als Synergieeffekte. Die Anzahl der Überfahrten ist geringer, der Kraftstoffverbrauch sinkt, die Ertragskartierung ist genauer.

Welche Technik bieten die verschiedenen Hersteller?

Claas und New Holland bieten sensorgestützte Varianten mit dem Laser Pilot und dem Smart Steer an. Sie sind kostengünstig und funktionieren mit relativ hoher Sicherheit. Bei Lager wird die Bestandeskante manchmal nicht sicher erkannt oder wenn eine Fahrgasse zu nahe an der Bestandeskante liegt, wird diese irrtümlich als Führungskante angesehen.

John Deere hat das erste GPS gesteuerte Lenksystem mit Auto Trac entwickelt. Andere Hersteller haben nachgezogen. Mit Auto Trac zum Beispiel ist paralleles Anschlussfahren mit 2 bis 10 cm Genauigkeit möglich. Diese Genauigkeit hat natürlich ihren Preis und muss mit dem entsprechenden Korrektursignal bezahlt werden. Auch Kurvenfahrten sind anschlussgenau möglich, ebenso wie die Neigung der Maschine bei Hängen eingerechnet wird. Die Schläge können im Beetmanagement beerntet werden, so dass nicht ständig Teilbreiten übrig bleiben.

Das senkt darüber hinaus den Kraftstoffverbrauch. Auf 100 m verbraucht ein ein Großmähdrescher immerhin über 1 Euro an Kraftstoff. Bei großen Schlägen kann man die Schlaglänge nach dem Bunkervolumen einteilen, so dass das Umladen schneller und effektiver erfolgen kann und so die Umladevorgänge reduzieren. Auch nachts, bei Staub oder Lager kann exakt gearbeitet werden.

Zugleich wird im Zuge von Cross Compliance alles dokumentiert. Interessant werden solche Systeme, die auf den Schlepper (auch fabrikatsfremde) übertragen werden können, um die Technik durch Vielfacheinsatz übergreifend und länger zu nutzen.

Der Preis eines solchen Systems mit 15 000 bis 18 000 Euro je nach Nutzungsumfang und Genauigkeit erscheint zunächst hoch und muss über Arbeitsleistung und -qualität erwirtschaftet werden. Ein sensorgesteuertes System liegt in der Anschaffung bei etwa 6000 bis 7000 Euro.

Wie rechnet sich eine Lenkhilfe?

Jeder Betrieb muss aus seinen speziellen Anforderungen heraus für sich überlegen, ob eine sensor- oder GPS gesteuerte Variante sinnvoll ist. Als Beispiel wird eine GPS gesteuerte Variante mit etwa 18 000 Euro angesetzt und ausschließlich auf den Mähdrusch bezogen. Anschaffungswert des Mähdreschers: 200 000 Euro.

Die Lenkautomatik kostet 9 Prozent der Anschaffungskosten, bringt aber mindestens 12 Prozent Mehrleistung allein über die höhere Auslastung der Schneidwerksbreite und die höhere Fahrgeschwindigkeit. Alle Folgevorteile über die sogenannten weichen Faktoren sowie der erweiterte Nutzen beim Einsatz auf den Schleppern kommen hinzu. Würde man sich einen nächst größeren Mähdrescher mit 12 Prozent mehr Leistung kaufen, ist dies nicht mit 9 Prozent mehr Anschaffungskosten zu schaffen. Die manifestierte Maschinenleistung muss teurer eingekauft werden als die Zusatzleistung über eine Lenkhilfe. Das wird bei den preiswerten Sensorvarianten noch deutlicher.

Rechnet man für einen Lohnunternehmer einen Hektarumfang des Mähdreschers von 450 ha so schafft er bei 12 Prozent Leistungssteigerung über die Lenkautomatik etwa 54 ha mehr. Bei 100 Euro/ha Lohnleistung sind das 5400 Euro mehr. Das heißt, in drei Jahren hat sich die Automatik bezahlt gemacht, wenn man nur die „fassbaren“ Vorteile für den Mähdrusch berechnet.

Je größer, leistungsstärker und teurer Mähdrescher werden, je mehr ist man auf alles angewiesen, was dazu beiträgt die eingekaufte Mähdrescherleistung auch auf das Feld zu bringen. In dem Maße werden sich derartige Hilfsmittel ganz selbstverständlich durchsetzen. Andrea Feiffer, feiffer consult, Sondershausen

 – LW /2009