Die Weinlese hat zwar noch nicht begonnen, dem Thema Wein widmen sich aber bereits zahlreiche Zeitungsartikel. Nicht alle Berichte sind für die Weinszene von Vorteil. So hat der Streit zwischen Spitzenwinzern und dem Weinführer Gault Millau den Glauben an eine unabhängige Weinbewertung nachhaltig erschüttert. Und auch die jüngste Veröffentlichung in der Frankfurter Allgemeinen zum Thema Lage und Qualität mit Aussagen des VDP-Präsidenten, Steffen Christmann, bringen für den deutschen Wein keinen Imagegewinn. Solange einzelne Gruppierungen den Anschein erwecken, sie alleine hätten das Monopol für Weinqualität aus Spitzenlagen und das deutsche Weingesetz sei an allem Schuld, hat die deutsche Weinbranche ein Problem bei der Verbraucherwahrnehmung. Dabei sollten wir uns glücklich schätzen, dass es aus den deutschen Anbaugebieten sowohl Spitzenweine als auch Discountprodukte gibt, die ein ausgezeichnetes Preis-Leistungs-Verhältnis bieten. Das oft kritisierte deutsche Weingesetz von 1971 hat sicher seine Fehler. Trotzdem hat man sich in den zurückliegenden fast 40 Jahren damit arrangiert. Wer Spitzenweine sucht, wird sie trotz der viel gescholtenen Großlagen finden. Wer dagegen seine Einkaufsstätte eher im Discounter sieht, wird auch dort bei deutschen Weinen fündig werden. Mit der jetzt begonnenen Umsetzung der EU-Weinmarktreform in Sachen Bezeichnungsrecht wird sich einiges ändern, und der Verbraucher wird künftig neue Begrifflichkeiten lernen müssen. Letztlich kommt es aber auch künftig auf den Inhalt an. Das Preis-Genuss-Verhältnis muss stimmen. Gerade dabei liegen die deutschen Anbaugebiete weit vorne. Und der neue Jahrgang lässt wieder sehr gute Weine erwarten. Dabei ist das Geschick und Können der Winzer mindestens genauso hoch zu bewerten wie die Lagenherkunft. Henning Seibert