In vielen Betrieben ist die Gärung beendet, jedoch gibt es auch noch viele versteckte Langgärer, wenn man überhaupt von Gärung sprechen kann. Die Moste sind relativ unproblematisch angegoren, erst zur Mitte und Ende der Gärung kamen Gärstockungen. Im Rückblick sind viele Gärstörungen auf den nicht abgestimmten Einsatz der Vorklärung mit entsprechender Reinzuchthefe und den Hefenährstoffen zurückzuführen. Viele Problemweine sind in den letzten Wochen, mit viel Mühe, noch durchgezogen. Eine kontrollierte Temperaturerhöhung ergab hier in vielen Fällen den entsprechenden Erfolg.
Die Jungweine probieren sich sehr unterschiedlich. Fruchtigen Jungweinen mit einem ausgewogenen Alkohol/Säure-Verhältnis stehen sehr alkohollastige Weine gegenüber. Hier sind Burgunder, aber auch Müller-Thurgau und Silvaner mit über 100° Oe zu nennen. Es sind oft Alkoholwerte von über 14 %vol. nach der Gärung zu registrieren. Die sehr gute Alkoholausbeute, bei einigen Weinen bis zu einem vol% mehr, war in diesem Herbst sicherlich nicht von Vorteil. Für diese Weine ist es sehr wichtig, den Alkohol sensorisch überdecken zu können, was in vielen Fällen schwierig ist. Geeignete Maßnahmen:
Bei den aufgezeigten Maßnahmen muss eine sensorische Begleitung auf jeden Fall erfolgen. Der Herbt 2009 ist allgemein durch geringe Erträge und dadurch hohe zuckerfreie Extrakte gekennzeichnet. Die Voraussetzungen für einen überdurchschnittlichen Rotweinjahrgang waren selten so gut wie in diesem Jahr. Das erzeugte Potenzial zu erhalten und zu verfeinern wird die Aufgabe der kommenden Wochen sein. Hierzu zählen folgende Maßnahmen: Biologischer Säureabbau, eventuell Säureeinstellung, SO2-Zeitpunkt, Sauerstoffeinfluss, Barrique- oder Holzfasslagerung, Tannin- und/oder Chipseinsatz.
Minimalbehandlung und SO2-Bedarf
Der weitere Ausbau und die Begleitung der Jungweine wird in vielen Betrieben, vor allem von den flaschenweinvermarktenden Betrieben im November/ Dezember oftmals unterbrochen. Es ist deshalb besonders wichtig, dass in dieser Phase des Weinausbaus die „Problemkinder“ im Auge behalten werden. Der Abstich, die SO2-Gabe und die eventuell notwendige Feinhefelagerung müssen gezielt angegangen und betreut werden. Nach Abstich und Schwefelung sollte die freie SO2 spätestens am dritten Tag kontrolliert werden. Eine frühzeitige Stabilität bewahrt vor späteren Problemfällen. Bei einer Gabe von 100 mg/l SO2 werden zwischen 40 und 60 mg/l gebunden. Dies ist natürlich abhängig vom Traubenmaterial (gesund, faul), der Nährstoffzugabe, dem pH-Wert und der Gesamtsäure. Ein weiterer Parameter ist der Zeitpunkt der Schwefelung (Gärende oder noch am Ausklingen). Die Empfehlung liegt bei einer Gabe von 80 bis 100 mg/l mit anschließender Kontrolle.
Insgesamt behindern hohe Schwefelgaben die Entwicklung der Weine und führen zu verschlossenen Weintypen. Eine Abschwefelung auf die „Hefe“ kann einen frühzeitigen Abstich ersetzen. Voraussetzung dafür ist, dass eine gute Mostvorklärung stattgefunden hat. Dann kann der erste Abstich mit der Kieselgurfiltration im Dezember oder Januar zusammengelegt werden. Hierbei ist zu beachten, dass die „Hefe“ gesund ist, und die Entwicklung des Weines nicht negativ beeinflusst wird. Der Schwefelzeitpunkt kann durch die Rahnprobe optimiert werden.
Einige frühreifende Rebsorten haben Säuerungsbedarf
Einige Weine, vor allem aus frühreifen Rebsorten, lassen nach der Selbstklärung und damit dem Wegfall der sensorisch noch störenden Hefetrübung, einen Säuerungsbedarf erkennen. Dies gilt auch für sehr alkoholreiche Weine, vor allem der Burgunderfamilie, bei denen eine moderate Anhebung der Säure wie auch der Süsse den opulenten Alkohol besser balanciert. Zur Säuerung kann neben der Weinsäure auch die Milchsäure und die L- oder DLÄpfelsäure verwendet werden. Letztere wird allerdings vom Handel bisher kaum vertrieben.
Milch- und Äpfelsäure haben den Vorteil, dass sie im Wein nicht als Salz ausfallen und keiner Stabilisierungsmaßnahme bedürfen, wie dies nach Weinsäurezusatz notwendig wird. Die Äpfelsäure kann durch Milchsäurebakterien wieder abgebaut werden. Die Weinsäure hat den stärksten Effekt auf den pH-Wert, ist daher bei der Mostsäuerung zu bevorzugen. Bei Frühfüllungen kann die notwendige Stabilisierungszeit von sechs Wochen nach Säuerung mit Weinsäure fehlen, hier empfiehlt sich die Verwendung der Milchsäure oder der Zitronensäure nach sensorischen Vorversuchen. Die Zugabe von Zitronensäure kann zur Schwermetallstabilisierung bis zum Erreichen der maximalen Höchstgrenze im Wein von 1 g/l erfolgen. Dosagen von bis zu 0,3 g/l sind sensorisch meist ausreichend, ohne vorliegende Analyse sollte von Zitronensäuregehalten im Wein von 0,5 g/l ausgegangen werden.
Der Milchsäuerzusatz führte in ersten Versuchen bei gleichem Säuerungsumfang zu stärkerer Säureanhebung als der Weinsäurezusatz, da ja kein Weinstein ausfällt. Der milchig/käsige Geruch der Milchsäurelösung war im Wein aufgrund des geringen Flüssigkeitszusatzes nicht mehr zu finden. Der Einsatz von einem Gramm L-Weinsäure führte im Jahr 2003 zu einer Anhebung der titrierbaren Gesamtsäure von 0,7 g/l, einer pH-Absenkung von 0,15-0,2 pH-Einheiten und einer Kaliumabsenkung durch Weinsteinausfall von 0,2-0,3 g/l. Weine aus Trauben mit der Herkunft von gut mit Kalium versorgten Standorten, oder nach einer längeren Maischestandzeit, zeigen aufgrund der hohen Kaliumgehalte geringeren Säuerungseffekt und stärkeren Weinsteinausfall als Weine mit niedriger Kaliumversorgung. Daher sind nach einer Säuerung Maßnahmen zur Weinsteinstabilisierung unumgänglich. Durch entsprechende Vorversuche und Verkostung nach steigenden Weinsäuredosagen kann das sensorische Optimum ermittelt werden.
Dazu wird eine 10%-ige Säurelösung in warmem Wasser angesetzt. Entweder 100 g Weinsäure pro Liter oder gegebenenfalls 125 ml 80% Milchsäure pro Liter (handelsüblich ist eine 80 %ige Milchsäurelösung, da die Milchsäure nicht in Pulverform erhältlich ist). Die Einstellung der Säuerungsstufen erfolgt gemäß der Tabelle. Keinesfalls sollte nur nach analytischen Daten gesäuert werden.
Die mit Weinsäure gesäuerten Proben sollten spundvoll drei bis vier Tage bei 4 °C zur Weinsteinausscheidung im Kühlschrank gelagert und dann verkostet werden. Bei Beachtung dieser sensorischen Vorprüfung führte im Jahr 2003 die Säureanhebung der Weine zu einer besseren sensorischen Beurteilung. Säuremengen von 1 bis 1,5 g/l waren oft ausreichend. Der optimale Säuerungsumfang kann 2009 durchaus geringer sein und variiert stark, je nach Sorte und Standort. Die Weine probieren sich im Moment harmonischer als 2003, bei ähnlichen Säureverhältnissen.
Bei der Feinhefelagerung die Hefe in der Schwebe halten
Die längere Lagerung auf der Feinhefe ist eine stilistische Sonderbehandlung. Sie kann bei durchgegorenen Weißweinen viele sensorischen Vorteile haben, da die Inhaltsstoffe aus der Hefe den Wein insgesamt runder und fülliger werden lassen. Das ist vor allem bei trockenen Weinen von Vorteil – sie zeigen oft eine bessere Geschmacksharmonie und mehr Länge durch diese Maßnahme. Bei der heute üblichen Vorklärung der Moste liegt meist nicht mehr viel Hefe (1 –2 % ) nach der Gärung vor. Je nach Hefemenge kann diese dann sogar ohne Abstich zur Feinhefelagerung genutzt werden. Je mehr Hefe vorliegt, umso stärker ist der Effekt. Allerdings muss festgestellt werden, dass sich der Wein bei (zu) hohen Hefemengen sehr stark im Aroma „verändern“ wird. Jungweinaromen werden oft überdeckt oder zeigen sich erst Monate später (Selection). In aller Regel sind die mit Feinhefe ausgebauten Weine eher Spätentwickler (je mehr Hefe umso mehr), zeichnen sich aber meist auch durch eine längere Lagerfähigkeit aus. Es ist eher eine Typfrage, wie stark die Einflussnahme durch die Hefe gewünscht wird. Unter Umständen lässt sich durch Zugabe einer sogenannte Batonagehefe (50 bis 100 g/hl in Trockenform) der Effekt noch verstärken, zumindest soweit man das möchte.
Eine Feinhefelagerung sollte nur realisiert werden, wenn die Trauben weitgehend gesund waren, also stilistisch sinnvoll für 2009, die Moste sauber vorgeklärt wurden und auch die später abgetrennte Hefe reintönig riecht. Die Weine müssen natürlich durchgegoren sein, sonst kommt es leicht zu Nachgärungen mit der Folge, dass nochmals/mehrmals Nachschwefelungen vorgenommen werden müssen. Auch die Bildung flüchtiger Säure aus dem restlichen Zucker ist nicht auszuschließen.
Positive Ergebnisse wurden erzielt, wenn die Vollhefe/Feinhefe acht bis zwölf Wochen auf dem Wein bleibt und wöchentlich ein- bis zweimal aufgerührt wird. Durch das Aufrühren entsteht eine größere Kontaktfläche, somit kann mit einem schnelleren Übergang der Inhaltsstoffe in den Wein gerechnet werden. Allerdings benötigt es viel Geschick und Beobachtungsgabe beim Aufrühren der Hefe. Eigentlich ist es nur ein vorsichtiges „Aufheben“ der Hefe, indem das Rührgerät mehrfach nur wenige Umdrehungen eingeschaltet oder aber besser mit einem Frequenzwandler betrieben wird. Grundsätzlich ist das „Aufschäumpotenzial“ der Weine aber von Behälter zu Behälter unterschiedlich (Gärverlauf, CO2, Temperatur, Behältergröße). Man muss sich sorgsam an das Verfahren „Feinhefelagerung“ herantasten, um nicht von den Ergebnissen enttäuscht zu werden.
Verschiedene Variationen der Feinhefelagerung
Feinhefelagerung eignet sich besonders für wertvolle Weine
Zur Feinhefelagerung eignen sich, besonders in diesem Jahr, durchgegorene Burgunder- und Silvanerweine. Auch Rieslinge sind für eine Feinhefelagerung denkbar. Die Ausbaurichtung gilt für die Erzeugung wertvoller Spätlese-, Selections- oder Premiumweine. Es erfolgt eine Veränderung des Weinstils/typs durch das Aufrühren der Hefe über einen längeren Zeitraum. Die Zugabe von Batonagehefen zu den durchgegorenen Weinen ist bei 50 g/hl mit 1,4 Cent zu berechnen. Der Batonageeinsatz wurde in den Versuchen ähnlich bewertet wie eine Feinhefelagerung ohne weitere Zusätze.
Insgesamt erfolgt mit diesem Ausbaustil eine Förderung von Fülle und Lagerfähigkeit der Weine. Dichte und Komplexicität werden durch die Abgabe hefeeigener Mannoproteine an den Wein unterstützt. Der wahrnehmbare Alkoholeindruck wird zurückgenommen und rauhe, harte Eigenschaften des Weines werden harmonisiert. Der Ausbaustil solcher Weine eignet sich auch idealerweise als Cuveepartner.
Eine SO2-Gabe von 30 bis 80 mg/l (je nach pH-Wert und Gesamtsäure) gibt Sicherheit für den weiteren Ausbau, auch wenn die Entwicklung erstmal gehemmt ist. Bei restsüßen Weinen besteht die Gefahr des biologischen Säureabbaus mit eventueller Bildung von flüchtiger Säure. Bei optimalen Bedingungen (evententuell Barrique) wird die Feinhefelagerung bis weit über den Jahreswechsel hinaus durchgeführt. Eine regelmäßige sensorische Kontrolle muss den Ausbau begleiten.
Sorgfältige Auswahl von BSA Starterkulturen
Falls bei sehr alkoholreichen Rotweinen der biologische Säureabbau trotz Schwefelfreiheit und optimaler Weintemperatur von 18 bis 20 °C nicht in Gang kommt, sind die hohen Alkoholgehalte als Hemmnis für die Bakterienentwicklung zu bedenken. Durch die Auswahl von alkoholtoleranteren Stämmen wie Viniflora CH15 oder Biostart SK2, SK11 oder Lalvin VP41 und erneuter Beimpfung kann der BSA bei hohen Alkoholgehalten vollzogen werden.
Verkostung von Problemjungweinen
Am Dienstag, 1. Dezember bietet das kellerwirtschaftliche Beraterteam des DLR Rheinhessen-Nahe-Hunsrück, Dienstsitz Oppenheim, eine individuelle Verkostung von Problemjungweinen an. Es sollen maximal sechs Weine pro Betrieb (vor allem Problemweine) mitgebracht werden. Keine Anmeldung erforderlich. Das Beraterteam steht von 14 bis 17 Uhr zur Verfügung, dabei verkostet ein Winzer mit einem Berater seine Weine. Gruppe Oenologie, DLR R-N-H, Dienstsitz Oppenheim