In vielen direkt vermarktenden Weinbaubetrieben werden die Kunden nach der Versendung einer neuen Preisliste oder vor einer Weintour in die jeweilige Region durchtelefoniert. Die Werbung per Telefon erlaubt eine Direktansprache von Kunden und ist beliebt.
Ziel ist es, an das Weingut und seine Produkte zu erinnern und im Idealfall eine Bestellung aufzunehmen. Bei manchen Weingütern hat sich der Ablauf derart eingebürgert, dass die Kunden mit ihrer Bestellung bis zum erwarteten Anruf „ihres“ Winzers warten.
Im August 2009 haben sich mit der Veröffentlichung des Gesetzes zur Bekämpfung unerlaubter Telefonwerbung und zur Verbesserung des Verbraucherschutzes die Bedingungen für sogenannte Telefonwerbung verschärft (Infokasten). Hintergrund ist die Stärkung des Verbraucherschutzes gegenüber dem „Cold Calling“, das heißt Verbraucher ohne deren Einwilligung zu Werbezwecken anzurufen, nachdem es in der Vergangenheit zu unzumutbaren Belästigungen gekommen war.
Auf eine vermutete Einwilligung durch schlüssiges Handeln (durch eine jahrelange Geschäftspraxis) kommt es jetzt nicht mehr an. Verstöße können mit einer Geldbuße bis zu 50 000 Euro geahndet werden. Die Rufnummer darf nicht mehr unterdrückt werden (Geldbuße bei Verstoß bis 10 000 Euro). Telefonwerbung ist anzunehmen, wenn der Anruf der Anbahnung eines Geschäftsabschlusses (Kauf von Wein) dient, unabhängig vom tatsächlichen Erfolg oder Misserfolg des Anrufs. Bearbeitungen eines bestehenden Auftrages wie Terminabsprachen zur Auslieferung sind nicht gemeint.
Unterschied zwischen Verbrauchern und Gewerbetreibenden
Bei Verbrauchern ist eine ausdrückliche Erlaubnis für die Telefonwerbung notwendig. Diese muss nicht zwingend schriftlich vorliegen, im Streitfall liegt die Beweislast jedoch beim Anrufer. Es empfiehlt sich, dass sich die Weingüter Einwilligungen für den Telefonkontakt bei den Kunden schriftlich einholen. Und zwar sowohl bei Bestandskunden als auch bei tatsächlichen und potenziellen Neukunden. Bei Gewerbetreibenden dagegen gibt es keine Änderung der gesetzlichen Bestimmungen. Hier müssen konkrete Umstände vorliegen, die ein sachliches Interesse des Angerufenen vermuten lassen (bei bereits bestehenden Geschäftsverbindungen). Auf eine derartige mutmaßliche Einwilligung kann sich der Anrufer dann nicht berufen, wenn der Angerufene ausdrücklich keine Anrufe wünscht, durch seine Eintragung in der Telefon-Robinsonliste (www.robinsonliste.de).
Empfehlung: Schriftliche Einwilligungen einholen
Ebenso wie alle anderen unlauteren Werbemethoden begründet auch der Verstoß gegen die genannten Grundsätze der Werbung per Telefon einen wettbewerbs- oder zivilrechtlichen Unterlassungsanspruch oder sogar einen Schadensersatzanspruch gegen den Werbenden. Die Unterlassungsansprüche können im Wege der Abmahnung, in letzter Konsequenz auch gerichtlich geltend gemacht werden. Bereits das erste Abmahnschreiben kann dazu führen, dass die bei Wettbewerbsvereinen entstandenen Kosten oder Anwaltskosten erstattet werden müssen, die sich im Fall einer gerichtlichen Geltendmachung weiter erhöhen.
Es empfiehlt sich generell die Einholung einer schriftlichen Einwilligung, dass die Kunden einer telefonischen Kontaktaufnahme zustimmen, da in der Praxis beim Verkauf häufig keine Unterscheidung zwischen Verbrauchern und Gewerbetreibenden vorgenommen werden kann. Eine Einwilligung darf nicht ein vorformulierter Bestandteil der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) sein, sondern muss explizit gegeben werden. Dies ist zum Beispiel dadurch möglich, dass der Verbraucher ein Kästchen im Bestellformular mit dem Hinweis ankreuzt, dass seine Angaben zu Werbezwecken genutzt werden dürfen (Infokasten). Wichtig ist auch der Hinweis auf die Widerrufmöglichkeit. Wer sich aufmerksam die Bestellformulare in der direkt vermarktenden Wirtschaft (Zeitschriftenvertrieb, Versandhäuser) ansieht, wird verschiedene Beispiele für Einwilligungserklärungen finden. Man mag sich fragen, ob die beschriebene zusätzliche Absicherung bei der Telefonwerbung nötig ist. Der Platz auf den Bestellformularen ist rar und es besteht oft ein jahrelang gewachsenes Vertrauensverhältnis zwischen Winzern und ihren Kunden. Zudem gibt es einen Unterschied zwischen der bodenständigen und auf Vertrauen setzenden Weinbranche und der teils aggressiv arbeitenden Vertriebsindustrie, deren massives Verhalten ursächlich für diese Rechtsverschärfung war.
Aufgrund der zunehmenden Wechsel- und Experimentierbereitschaft der Weinkunden wird der einzelne Winzer künftig vermutlich öfter mit Neukunden zu tun haben. Zudem wird der anonyme Kontakt per Internet weiter zunehmen. Bei der Überarbeitung der Preisliste oder des Webauftrittes sollte man sich mit der Absicherung der eigenen Telefonwerbung befassen. Friedrich Ellerbrock, bwv
Gesetzestext
Neuer Wortlaut des § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG (Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb): „Eine unzumutbare Belästigung ist stets anzunehmen, bei Werbung mit einem Telefonanruf gegenüber einem Verbraucher ohne dessen vorherige ausdrückliche Einwilligung oder gegenüber einem sonstigen Marktteilnehmer ohne dessen zumindest mutmaßliche Einwilligung.“
Beispiel für eine Einwilligungserklärung
Beispiel für eine Einwilligungserklärung: „Ja, ich bin damit einverstanden, dass mich das Weingut Ulrich Klaphake über seine interessanten Produkte per Telefon, Post oder E-Mail informiert. Mir ist bekannt, dass ich diese Einwilligung jederzeit widerrufen kann. (Datum, Unterschrift)