Hofnachfolgeregelungen und Altenteilleistungen

Vom Wünschenswerten bleibt oft nur das Machbare

Im Rahmen der Landwirtschaftlichen Woche Nordhessen in Baunatal eröffnete Dr. Volker Wolfram vor rund 150 Fachleuten die Informationsveranstaltung des HLBS zum Thema „Hofnachfolgeregelungen und Altenteilleistungen.“

Dr. Volker Wolfram vom HLBS bei der Eröffnung der Vortragsveranstaltung.

Foto: G. Lißmann

Der Hauptverband der landwirtschaftlichen Buchstellen und Sachverständigen (HLBS) ist ein Berufs- und Fachverband von steuer- und wirtschaftsberatenden Berufen sowie Sachverständigen in der Agrarwirtschaft.

RA Werner Rippel, Fachanwalt für Familienrecht aus der Kanzlei GJB in Spangenberg sprach über Gestaltungsmöglichkeiten bei der Hofübergabe und Anne Mawick, Fachgebietsleiterin Ökonomie beim Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen, zu betrieblich tragbaren Altenteilleistungen. Beide Referenten machten deutlich, dass bei der Hofübergabe keine Standardlösungen taugen, sondern betriebs- und familienindividuelle Lösungen für ein spannungsfreies Miteinander zu erarbeiten sind. RA Rippel erörterte eingangs die gesetzlichen und gestaltenden Regelungen für eine Hofübergabe und befasste sich insbesondere mit den Inhalten eines Übergabevertrags. Für die Übergeber muss sichergestellt werden, dass sie auch nach Übergabe einen angemessenen Lebensstandard beibehalten können, der sich sowohl auf Grundbedürfnisse, wie etwa das Wohnen bezieht, als auch auf eine angemessene finanzielle Ausstattung, womit der Lebensunterhalt nach der Übergabe bestritten werden kann. Für die Übernehmer darf beispielsweise weder aus Pflegeverpflichtungen noch aus finanzieller Sicht eine Überforderung entstehen, was sich letztlich zu einem familiären und wirtschaftlichen Desaster entwickeln könnte.

Gesetzliche Regelungen

Der Gesetzgeber hat das Erbrecht im BGB in rund 450 Paragraphen geregelt. Nach dem Gesetz sind die Verwandten des Erblassers und sein Ehegatte Erben. Verwandt sind Personen, die voneinander abstammen. Sie werden in erbrechtliche Ordnungen eingeteilt, wobei Abkömmlinge Verwandte 1. Ordnung sind, die außer dem Ehegatten alle weiteren Erben der 2. bis 5. Ordnung ausschließen. Sind Kinder vorhanden, erben nur diese gemeinsam mit dem Ehegatten. Sind keine Kinder vorhanden, erben neben dem Ehegatten auch die eigenen Eltern oder deren Abkömmlinge. Im regelmäßig vorliegenden Fall des gesetzlichen Güterstandes der Zugewinngemeinschaft erbt der Ehegatte die Hälfte und die vorhandenen Kinder teilen sich die verbleibende Hälfte.

Testament/Erbvertrag

Im Gegensatz zu gesetzlichen Regelungen, die erst beim Tod des Erblassers eintreten, kann jeder auch zu Lebzeiten mittels Testament oder Erbvertrag gestalterisch bestimmen, was nach seinem Tod aus seinem Vermögen wird. Grundsätzlich kann man ein Testament privatschriftlich errichten. Die Alternative dazu ist ein notarielles Testament. Das ist in der Regel der mündlich erklärte Wille des Erblassers vor dem Notar, der diesen Willen schriftlich niederlegt. Ganz frei ist der Erblasser bei der Verfügung über sein Vermögen aber auch hier nicht. Pflichtteile müssen gezahlt werden und schützen die gesetzlichen Erben vor einer vollständigen Enterbung. Die Pflichtteilsquote beträgt generell die Hälfte der gesetzlichen Erbquote. Erbverträge beinhalten oft Leistungen, die der zukünftige Erbe bereits zu Lebzeiten an den Erblasser zu erbringen hat, um bei dessen Tod das Erbe zu erhalten. Testament und Erbvertrag regeln das Erbe im Sinne des Erblassers für die Zeit nach seinem Tod.

Ãœbergabevertrag

Werner Rippel: „Pflegekosten begrenzen, um die betriebliche Existenz nicht zu gefährden.“

Foto: G. Lißmann

Der Ãœbergabevertrag lässt das Erbe schon zu Lebzeiten übergehen und ist in den meisten Fällen das adäquate Gestaltungsmittel, um eine Fortführung des landwirtschaftlichen Betriebs sicherzustellen. Der Vorteil liegt im Wesentlichen darin, dass die Vertragsparteien große Gestaltungsfreiheiten haben, so RA Rippel. Dringend erforderlich ist es, alle Beteiligten Ãœbergeberehepaar, Ãœbernehmerehepaar und die weichenden Erben in die Verhandlungen mit einzubeziehen. „Pflege in alten und kranken Tagen“ war früher in der bäuerlichen Großfamilie fast eine Selbstverständlichkeit, bei der Festlegung der Pflegevereinbarungen im Ãœbergabevertrag ist heute jedoch genau zu überlegen, was für die Ãœbernehmer leistbar ist. Voraussetzung für eine vernünftige Pflege ist neben dem Wollen, gerade bei fortgeschrittenen Pflegestufen auch das Können. Für den Fall der dauernden Pflegebedürftigkeit muss zum Beispiel eine Ãœbernahme der Kosten für eine Pflegeperson oder ein Pflegeheim ausgeschlossen, zumindest aber be­grenzt werden, um die Existenz des Betriebes nicht zu gefährden. Bei der Festsetzung des Altenteils sollte wie folgt vorgegangen werden:

  1. Ermittlung des Bedarfs zur Führung eines angemessenen Lebensstandards für die Überge­ber­familie. Dazu gehören im Wesent­lichen Lebenshaltung einschließlich notwendiger Versicherungen, Wohnbedarf und PKW.
  2. Vereinbarung des Betrags, den Übergeber und Ehefrau selbst durch eigene Einkünfte, Rentenzahlungen und Vermögen zur Deckung des benötigten Finanzbedarfs beisteuern können.
  3. Vereinbarung zur Deckung des Fehlbedarfs im Rahmen der Altenteilsleistungen. Wohnung, Nebenkosten und PKW sind oft Naturalzuwendungen. Baraltenteilleistungen sollten sich an der Leistungsfähigkeit des Betriebs orientieren und der Anpassung des § 323 ZPO unterworfen werden, der die Anpassung von wiederkehrenden Leistungen regelt.

Absicherung

In der Vergangenheit wurden zur Absicherung des Übergebers für ihm zustehende Altenteilleistungen regelmäßig alle Grundstücke, die übergeben wurden, als Sicherung durch Eintragung des Altenteils im Grundbuch herangezogen. Hier muss überlegt werden, ob nicht einige wenige Grundstücke dafür ausreichen, was die wirtschaftliche Bewegungsfreiheit des Übernehmers erheblich erweitern würde, so Rippel abschließend.

Zumutbare Altenteilsleistungen

Anne Mawick gab Auskünfte zur Belastbarkeit der hessischen Betriebe im Hinblick auf Altenteilzahlungen. Zunächst wies sie auf den starken Strukturwandel hin. So hat sich die Anzahl der landwirtschaftlichen Betriebe in Hessen in den vergangenen 40 Jahren um 80 Prozent verringert. Heute existieren noch rund 21 000 Betriebe, davon werden rund 7 000 Höfe im Haupterwerb bewirtschaftet. Die Wachstums­schwelle liegt derzeit bei 100 ha. 65 Prozent der Milchkühe stehen in Beständen mit über 40 Kühen und 16 Prozent der Milchkühe stehen in Beständen mit über 100 Kühen. Diese wenigen Zahlen lassen erahnen, welches Kapital gerade die verbleibenden Haupterwerbsbetriebe für ihr existenzsicherndes Wachstum jährlich benötigen. Vor der Festsetzung von Altenteilszahlungen ist eine Betriebsanalyse vorzunehmen und folgende Fragen sind zu beantworten: Wie hoch sind die Verbindlichkeiten? Gibt es einen Investitionsstau? Kann der Betrieb langfristig im Haupterwerb geführt werden? Welches verfügbare Einkommen ist mit dem Betrieb langfristig erzielbar? Danach ist zu entscheiden, welche baren Altenteilleistungen der Betrieb dauerhaft tragen kann.

Einkommensbedarf für Altenteiler

In einer Beispielsrechnung geht Mawick davon aus, dass ein Altenteilerehepaar rund 1 500 Euro bare Mittel für Lebenshaltung, Auto und Versicherungen monatlich zur Verfügung haben müsste. Freies Wohnen inklusive Nebenkosten kommt hinzu und könnte vom Betrieb als Naturalleistung gestellt werden. Die Gegenfinanzierung der 1 500 Euro könnte zum einen aus den Renten und möglichen sonstigen Einnahmen der Altenteiler erfolgen und zum anderen als betriebliche Barleistung im Ãœbergabevertrag vereinbart werden. Die betriebswirtschaftliche Auswertung hessischer Betriebe zeigt, dass unabhängig von Betriebsform und -größe sehr unterschiedliche Gewinne erzielt werden. Für gut verdienende Be­trie­be können die wünschenswer­ten Altenteilleistungen zusätzlich positive steuerliche Aus­­­wirkungen für die Ãœberneh­merfamilie haben. Weniger erfolgreiche Betriebe stoßen bei solchen Anforderungen und insbesondere bei der Abfindung weichender Erben schnell an ihre Grenzen, hier bleibt nur das Machbare. Mawick stellte fest, dass nur bei circa 20 Prozent der hessischen Haupterwerbsbetriebe eine adäquate Altenteilzahlung unproblematisch ist. Dr. Günther Lißmann