Sonderveröffentlichung | LW HEUTE

Indian Summer in Kanada

LW-Leserreise war ein großes Erlebnis

Mitte September bereisten Leser landwirtschaftlicher Wochenblätter den Osten Kanadas mit seinen vielfältigen Gesichtern in den Provinzen Ontario und Quebec. Es ging zunächst an die Niagara-Fälle, in die dortige Weingegend, dann über Montreal in die französisch geprägte Provinz Quebec und nach Quebec City mit der wohl schönsten Altstadt Nordamerikas.

Der Indian Summer in Ontario mit seinem bunten Herbstlaub zieht jedes Jahr viele Besucher an. Foto: Brüggemann

Eine der brennendsten Fragen war natürlich, wie man in Kanada mit den Zöllen der USA klarkommt. Da das Nachbarland der wichtigste Handelspartner ist, sind die Auswirkungen deutlich. Man hat aber konsequent reagiert und zum Beispiel Waren in Kaufhäusern sofort ausgetauscht und sich auf regionale Erzeugnisse konzentriert, was letztlich der eigenen Landwirtschaft zu Gute kommt. Die Landwirtschaft genießt in Kanada ohnehin einen sehr hohen Stellenwert.

Auf der Sonibrand-Farm empfing man die Reisenden trotz begonnener Sojaernte herzlich mit Kaffee und Kuchen, die Mähdrescher wurden kurzerhand auf dem Acker stehen gelassen. Die Farm verfügt über 150 Milchkühe und deren Nachzucht. Auf 1 417 ha werden Marktfrüchte wie Mais, Soja und Weizen angebaut. Die Weizenernte kann sich, wie es in Kanada immer mal wieder vorkommt, auch bis nach Weihnachten hinziehen. Durch die trockene Kälte erntet der Mähdrescher dann auch auf dem Schnee. Torfabbau ist in Kanada noch erlaubt und gehört neben Lohnarbeiten zum Geschäftsfeld der Farm.

Milchviehhaltung in Quebec

In der Provinz Quebec besuchten wir die Familie Metzger mit einem durchschnittlichen Betrieb der Provinz. Metzgers wanderten 1982 aus der Schweiz aus, bewirtschaften heute 425 ha und halten 75 Milchkühe im Anbindestall. Im Rahmen der Milchquote wird derzeit ein Preis von 85 Cent/kg Milch bei (4,2 Prozent Fett, 3,4 Prozent Eiweiß) garantiert. Die durchschnittliche jährliche Milchleistung des Betriebes liegt bei 11 550 kg/Kuh. Anbindeställe sind in Quebec derzeit noch erlaubt, sollen aber verboten werden.

Ahornsirup wird in Kanada produziert

80 Prozent der Weltproduktion an Ahornsirup kommt aus Kanada und wird von etwa 8 000 Zuckerhütten produziert. Beim Besuch eines solchen Betriebes erfuhren wir, dass in der nur einen Monat dauernden Saison nur 1,5 l Saft eines Zuckerahornbaumes geerntet werden. Je 40 Liter Saft mit einem Zuckergehalt von 2,5 Prozent werden zu 1 Liter Ahornsirup eingedampft.

Cidre-Farm auf einer Insel

Weiter ging es auf die Insel Orleans im St. Lorenzstrom zu einer Cidrefarm mit über 3500 Apfelbäumen. 50 Prozent der Erntemenge wird an Selbstpflücker verkauft, der Rest zu 12 Sorten Cidre verarbeitet, etwa 35 000 Flaschen/Jahr.

In Quebec werden 14 000 ha Cranberries – Moos- oder Kranichbeeren – angebaut. Die Beeren wachsen auf sandigem Boden. Die Flächen sind von Deichen umgeben, um sie zur Ernte fluten zu können. Dann schwimmen die Beeren auf und können mit Rechen geerntet werden. Nach drei bis fünf Jahren können die Beeren erstmalig beerntet werden, Erntemengen von bis zu 45 t/ha sind möglich. Ab Juli werden alle zwei Wochen vier bis fünf Volldüngergaben seitlich von den Deichen verabreicht. Die Flächen als solche werden nicht befahren.

Walnuss- und Haselnussproduktion

Auf einer Nussfarm mit 2 000 Walnuss- und 2 000 Haselnussbäumen konnte man erfahren, wie Nüsse durch Herstellung von Ölen, Senf, Mehl, Vinaigrette, Gewürzen und vielem mehr veredelt werden können. Favorit ist die Schwarze Walnuss, die erst nach 12 Jahren erstmalig beerntet werden kann. Sie ist größer und schwieriger zu knacken als die Walnuss. Die sehr harte Schale wird zum Wegebau, Sandstrahlen oder als Brennstoff genutzt. Der Presskuchen der Ölproduktion wird an Schweine verfüttert. Nach spanischem Vorbild wird versucht, den Schinken der Schweine durch Zufüttern der Tiere mit Eicheln zu veredeln.

Bisons zur Fleischproduktion

Bevor Amerika entdeckt wurde gab es etwa 40 Mio. Bisons in Nordamerika, die dann auf etwa 1 000 Tiere reduziert wurden. Seit 1994 hält Familie Terredes Bisons und Wapitihirsche auf 170 ha zur Fleischproduktion mit Verarbeitung im eigenen Betrieb. Da sich die Bisons nicht zähmen lassen ist es gefährlich, die Weiden zu Fuß oder mit kleinen Fahrzeugen zu betreten, denn die Tiere greifen sofort an. Sie erreichen ein Gewicht von bis zu 1 t und Geschwindigkeiten von bis zu 50 km/h. Da sie bis zu 2 m hoch springen können, ist eine gute Umzäunung wichtig.

Winzerbetrieb und Bauernmarkt

Im milden Klima des Ontariosees lässt sich hervorragender Wein produzieren. Wir besuchten die Familie Konzelmann, die aus dem Raum Stuttgart nach Kanada ging und heute auf 60 ha Wein anbaut. Besuche des Bauernmarktes in St. Jacobs, bei den Menoniten, den Wendake-Ureinwohnern, der Städte Toronto, Montreal und Quebec-City, sowie abschließendes Entspannen in einer Lodge in der kanadischen Wildnis rundeten die interessante Reise ab.

Carsten Brüggemenn – LW 45/2025