Eine Vereinbarung, in der es unter anderem um die schmerz- und stressfreie Enthornung von Kälbern geht, haben vergangene Woche Vertreter des landwirtschaftlichen sowie tierärztlichen Berufsstandes und die hessische Landwirtschaftsministerin Priska Hinz in Kirchhain-Niederwald auf dem Milchviehbetrieb der Schweinsberger/Dersch GbR unterzeichnet. Die Organisationen verpflichten sich dahingehend zu informieren und beraten mit dem Ziel, dass in Hessen Kälber nur noch unter Verabreichung eines Beruhigungs- plus eines Schmerzmittels enthornt werden.
Die Vereinbarung umfasst daneben die verstärkte Informationsweitergabe zur Zucht hornloser Rinder sowie der Haltung und dem Management horntragender Rinder. Ziel sei es, auf das Enthornen eines Tages ganz zu verzichten. „Da dies jedoch mindestens zwei Jahrzehnte dauern wird, bleibt das Enthornen nötig, damit es nicht zu Verletzungen durch Hornstöße bei Mensch und Tier kommt“, sagte die hessische Landwirtschaftsministerin Priska Hinz. Die freiwillige Vereinbarung sei nicht zuletzt auf die Initiative des Beratungskuratoriums für das landwirtschaftliche Beratungswesen und der hessischen Veterinäre entstanden. Sie sehe vor, dass Kälber künftig nur noch enthornt werden, wenn ihnen vorher Schmerz- und Beruhigungsmittel verabreicht wurden. Die Umsetzung durch die Rinderhalter ist freiwillig. Hinz wünscht sich, dass die Maßnahmen Eingang in die breite Praxis finden.
Tierhalter darf Mittel selbst an die Kälber verabreichenFriedhelm Schneider, Präsident des Hessischen Bauernverbandes und Vorsitzender des Kuratoriums für das landwirtschaftliche und gartenbauliche Beratungswesen, betonte die Wichtigkeit der Verabreichung der Schmerz- und Beruhigungsmittel durch den Tierhalter. „Diese darf der Tierhalter den Kälbern nach Anleitung des Hoftierarztes selbst injizieren. Wenn für jede Behandlung der Veterinär angefordert werden müsste, wäre die Maßnahme wirtschaftlich nicht darstellbar gewesen.“ Die Arzneimittel kosten je Tier etwa 2 Euro.
In dem erfolgreichen Holsteinzuchtbetrieb Schweinsberger/Dersch GbR hat das Tierwohl einen großen Stellenwert. Der Stress für die Tiere soll möglichst gering gehalten werden beispielsweise durch geräumige Abkalbeboxen, eine hervorragende Betreuung sowie bequeme Tiefboxen im Laufstall. „Bei größeren Kälbern setzen wir beim Enthornen bereits seit längerem Beruhigungs- und Schmerzmittel ein und haben damit gute Erfahrungen gemacht“, sagte Jörg Dersch.
Schweinsberger/Dersch GbREin hohes Tierwohl bei den Kühen steht bei der Schweinsberger/Dersch GbR in Kirchhain-Niederwald bei Marburg seit Jahren oben auf der Agenda. Heinrich (links) und Else (nicht im Bild) Schweinsberger bewirtschaften den Betrieb gemeinsam mit Tochter Melanie (Mitte) und Schwiegersohn Jörg Dersch (rechts). Der äußerst erfolgreiche Holsteinzuchtbetrieb ist Beschicker vieler Schauen und Auktionen und bewirtschaftet einen Betrieb mit 155 Kühen plus Nachzucht. Die Milchleistung der Kühe liegt bei fast 12 000 kg im Durchschnitt. Im Betrieb arbeiten neben den beiden Betriebsleiterehepaaren zwei Auszubildende und auf Stundenbasis zwei weitere Angestellte mit.
Ad Ad – LW 10/2015