Die Sondierungsgespräche der Parteien, die sich zu einer Jamaika-Koalition zusammentun wollen, sind in dieser Woche bei den harten, strittigen Themen angelangt. Neben der Migrationspolitik und dem Klimaschutz gehört auch die Landwirtschaft dazu. Bei allen drei Fragen sind die Gegensätze sehr groß. Aufgrund ihrer – zumindest von der Politik und Öffentlichkeit zugemessenen – geringeren Bedeutung, wird ein Koalitionsvertrag allerdings nicht an der Agrarpolitik scheitern.
Sollten sich die Parteien einigen, passiert das normalerweise über Zugeständnisse bei den jeweils eigenen Positionen. In der Agrarpolitik sind dabei die Standpunkte der beiden Unionsparteien und der FDP ähnlich und weichen von denen der Grünen, die grob mit Agrarwende überschrieben werden können, erheblich ab.
Ginge es nach der Wählerstimmen-Arithmetik, so müssten die Grünen ihre Positionen am weitesten verlassen. Wenn nicht, würde es bedeuten, dass die Minderheit die Mehrheit dominiert. Nicht ausgeschlossen sind aber Zugeständnisse, die die Parteien bei dem einen Thema machen, um Konzessionen bei dem anderen zu bekommen.
Die Landwirte haben bei der Bundestagwahl zu 61 Prozent die Union und zu 14 Prozent die FDP gewählt. Die Erwartungen an diese Parteien sind klar: keine Agrarwende, sondern eine Weiterentwicklung der Landwirtschaft nach wissenschaftlichen Maßstäben unter Berücksichtigung der Wirtschaftlichkeit und der Planungssicherheit.
Sehr wichtig dabei ist die Besetzung des Agrarressorts durch die Union oder FDP. Dann könnte man sogar, wenn man optimistisch eingestellt ist, die Beteiligung der Grünen an der neuen Bundesregierung als eine Chance betrachten, die Diskussion über die Weiterentwicklung beziehungsweise über eine Agrarwende zu versachlichen. Das Beispiel der Umweltministerin Hendricks, die in der vergangenen Legislaturperiode immer wieder das Agrarressort angegriff, hat allerdings gezeigt, dass auch eine Opposition am Kabinettstisch möglich ist.
Cornelius Mohr – LW 44/2017