Die teilweise gegenläufigen Ziele des Klimaschutzes und der neuen Vorgaben der GAP-Reform waren unter anderem Thema beim Tag der Landwirtschaft im Rahmen der AgrarWinterTage (AWT) des Dienstleistungszentrums Ländlicher Raum Rheinhessen-Nahe Hunsrück (DLR R-N-H) in Mainz.
Julia Arndt, Abteilungsleiterin Agrarwirtschaft am DLR Rheinhessen-Nahe-Hunsrück, erläuterte zur Einführung, dass die Landwirtschaft vor großen Herausforderungen stehe, um den an sie gestellten Anforderungen gerecht zu werden. Neben der Produktion hochwertiger Nahrungs- und Futtermittel müssten Leistungen hinsichtlich des Arten- und Klimaschutzes erbracht werden sowie Einschränkungen bei Düngung und Pflanzenschutzanwendungen durch neue Bewirtschaftungssysteme aufgefangen werden. „Für die Zukunft muss einiges neu gedacht werden, und wir haben hier dicke Bretter zu bohren“, betonte sie.
Überlegungen dazu, wie diese Transformationsprozesse bewältigt werden können, seien Thema der Veranstaltung. Die Beratung des DLR stehe den Betrieben hierbei zur Seite und werde den Wissenstransfer in die Praxis unterstützen.
Die Grenzen des Humusaufbaus
„Klimaschutz durch Humusaufbau? Maßnahmen und Potenziale“ lautete der Titel des Vortrags von Dr. Martin Wiesmeier, der live von der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft in den Mainzer Messe-Pavillon zugeschaltet wurde. Er definierte zunächst den Humus als tote organische Substanz des Bodens, die als Nähr- und Dauer-Humus vorliegt. Der Humusgehalt eines Bodens sei durch vielerlei Funktionen entscheidend für dessen Fruchtbarkeit. Der Humus unterliege in seiner Gesamtheit einem Fließgleichgewicht, das durch den Eintrag organsicher Substanz wie Erntereste, Wurzeln und organische Dünger und deren Abbau gekennzeichnet ist.
„Wenn wir im Sinne des Klimaschutzes Humus aufbauen und damit CO2 aus der Atmosphäre im Boden speichern wollen, ist das fast ausschließlich über einen erhöhten Eintrag, beispielsweise durch den Anbau von Zwischenfrüchten oder von humusmehrenden Kulturen, möglich. Der Humus-Abbau im Boden ist kaum zu beeinflussen, da er von vielen physikalischen Bodeneigenschaften, dem Niederschlagsregime des Standortes und vom Standortklima abhängt“, so der Wissenschaftler.
Zwar sei die Menge des gespeicherten CO2 im Boden höher als in der Atmosphäre und der Vegetation zusammen, aber sie sei auch nur in begrenztem Maße zu steigern, bremste Wiesmeier zu hohe Erwartungen an die Möglichkeiten der Landwirtschaft, aktiven Klimaschutz durch einen Humusaufbau in den Böden zu betreiben.
„Ob Maßnahmen zum Humusaufbau wirksam sind, ist immer standortabhängig zu betrachten. Sie können deutlich positive Effekte zeigen oder auch nahezu wirkungslos bleiben“, gab der Referent zu bedenken. Und Untersuchungen zeigte, dass unter dem jetzt stattfindenden Klimawandel eine CO2-neutrale Landwirtschaft schon ein Erfolg sei, da bei höheren Temperaturen tendenziell der Abbau von organischer Substanz im Boden beschleunigt werde.
Eine Modellrechnung für Bayern habe ergeben, dass durch die Ausweitung des Zwischenfruchtbaus um 29 Prozent und die Anlage von Agroforst auf 5 Prozent der Flächen der Humusgehalt um etwa 1 Promill erhöht werden könnte. Das oft ausgesprochene Ziel von 4 °/oo sei deshalb illusorisch. Immerhin könnten aber rund 7 % der bayrischen CO2-Emmissionen so kompensiert werden.
Auch einer weiteren Einschätzung zur CO2-Festlegung konnte Wiesmeier nicht folgen: Es habe sich gezeigt, dass die reduzierte Bodenbearbeitung diesbezüglich keine Vorteile dem Pflugeinsatz gegenüber bringe.
Sein Fazit: „Ein Humusaufbau ist je nach Standort in begrenztem Umfang möglich. Unter den aktuellen Bedingungen des Klimawandels sollte als Ziel aber eher ein Humuserhalt statt einer Humuserhöhung ausgegeben werden.“
Agroforst will die ganze Landschaft voll nutzen
Landwirt Hans Pfeffer vom Biolandbetrieb Bannmühle in Odernheim am Glan stellte seine Erfahrungen mit einem speziellen Agroforstkonzept vor. „Wir wollen die Landschaft voll nutzen“, so sein Credo. Dazu hat er zunächst sein Augenmerk auf den Wasserhaushalt gelegt und mit dem Tiefenlockerer quer zum Hang Gräben gezogen, die das Wasser besser auf der Fläche verteilen sollen, was auf der Fläche verteilen sollen, was zum Erosionsschutz beiträgt (Keyline-System).
Dann wurden Hochstamm-Apfelbäume gepflanzt, die neben dem Obst auch Verdunstungs- und Windschutz liefern und den darunter grasenden Kühen Schatten spenden. Die Äpfel werden in der eigenen Kelterei verarbeitet. Zur Schädlingsbekämpfung laufen auch Hühner über diese Flächen. Weitere Baumarten sind Walnuss, Maronen, Robinien, Weiden und Erlen, die zum Teil als Wertholz oder aber auch als „Futterhecken“ genutzt werden.
„Wir konnten außerdem den Humusgehalt unserer Flächen auf dem Grenzertragsstandort um 2 bis 4 Prozent erhöhen“, so Pfeffer. Insgesamt steige die Produktivität der Weiden, es könnten mehr Rinder direkt vom Gras leben und es müsse weniger zugefüttert werden. „Durch den entstandenen Raum im Boden haben die Weidepflanzen die Möglichkeit, Tiefenwurzeln auszubilden. Dadurch haben sie einen besseren Wasser- und Nährstoffzugang. Außerdem erhöht sich die Dichte des Bewuchses – die physische Menge der Weidepflanzen erhöht sich also auch“, zeigt sich Pfeffer sehr zufrieden mit den Ergebnissen.
GAP und DüV, es wird nicht besser
Über die pflanzenbaulichen Herausforderungen der GAP und des Düngerechts informierte Dr. Friedhelm Fritsch vom Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau (MWVLW). Er erläuterte, dass die GAP-Konditionalität den guten landwirtschaftlichen und ökologischen Zustand der Flächen erhalten soll. Im Ackerbau bedeute dies konkret den Erhalt organischer Substanz (keine Stoppeln abbrennen), Pufferstreifen an Gewässern ohne Pflanzenschutz und Düngung, einen Mindestanteil von 4 Prozent nichtproduktiver Fläche, eine Bodenbearbeitung, die Wind- und Wassererosion begrenzt, eine Bodenbedeckung vom 1. Dezember bis 15. Januar und einen parzellenbezogenen jährlichen Fruchtwechsel.
Zur Düngeverordnung (DüV)in den Roten Gebieten musste Fritsch vermelden, dass die Zuschnitte noch einmal geändert werden müssten, da die EU dies gefordert habe. „Es wird mehr werden“, war er sich sicher.
Zur Entscheidung, ob man die Variante „minus 20 Prozent“ oder „80 von 160“ wählen sollte bemerkte er: „Mit 80 von 160 haben Sie ein höheres N-Angebot als mit minus 20 Prozent, sofern ausreichend Wirtschaftsdünger zur Verfügung steht. Mit mehr Leguminosen als 10 Prozent bekommt man mehr Spielraum beim Stickstoff; diesen bekommt man aber auch durch Leguminosen-Zwischenfrüchte vor Sommerungen.“ Insgesamt bemängelte der Referent, dass einige Ziele der GAP denen des Klima- und Artenschutzes zuwider liefen – von der betriebswirtschaftlichen Seite ganz abgesehen.
Geht es ohne Herbizide?
Ob eine Gräserbekämpfung ohne Herbizide machbar ist, untersuchte Matthias Kunkemöller vom DLR. Und er stellte voran: „Herbizide sind sinnvoll.“ Allerdings nehme die Wirksamkeit durch Resistenzen weiter ab, und die Zulassungssituation sei eher unsicher. Daher stelle sich die Frage nach Alternativen. Denn diese könnten die vorhandenen Wirkstoffe entlasten, die Erfüllung gesetzlicher Vorgaben und gesellschaftspolitischer Ziele erleichtern sowie die Anbausysteme robuster machen.
Maßnahmen wie Pflügen, Spätsaat, Saatstärke, Sortenwahl Sommerungen, Brache und der Feldfutteranbau könnten kombiniert immerhin zu einer Besatzreduzierung von 90 Prozent führen. „Wenn man dann noch angepasst ein Herbizid einsetzt, kommt man auf einen Wirkungsgrad von 99 Prozent.“
Strategien gegen Schädlinge im Raps
Strategien und Wirtschaftlichkeit von insektiziden Frühjahrsanwendungen beleuchtete Oliver Martinez vom DLR. Er machte klar, dass derzeit keine Alternativen zu Insektiziden verfügbar sind, denn bei hohen Anbaudichten sei in Starkbefallsjahren im Raps ohne Insektizid-Einsatz mit wirtschaftlichen Einbußen zu rechnen.
Zum Einsatz von Gelbschalen bemerkte der Referent, dass diese nicht als alleiniger Indikator für das quantitative Auftreten von Schädlingen geeignet seien; gut aber zur optimalen Terminierung des Insektizideinsatzes unter Zuhilfenahme von Warndienst und ISIP.
Um dem wachsenden Resistenzrisiko zu begegnen, müssten die Mittel mit größter Sorgfalt eingesetzt werden. „Der beste Resistenzschutz ist es, wenn keine Anwendung erfolgt“, sagte Martinez abschließend.
KB – LW 18/2022