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Kooperationen als Weg für den Erhalt des Betriebes

Alternative Wege für die Hofnachfolge

Steht die Übergabe des Betriebes an und es kommt keine Nachfolge in Sicht, kann ein Weg für den Erhalt der Hofstätte über Kooperationen gehen. In einem Seminar der Agrarsozialen Gesellschaft beschäftigte sich Dr. Ulrich Klischat, Berater der Landwirtschaftskammer Niedersachsen, mit den Erfolgsfaktoren von landwirtschaftlichen Kooperationen und teilte seien Erfahrungen zur Wahl der Rechtsform und vertraglichen Regelungspunkten. Besonders am Herzen lag ihm aber der soziale Aspekt der Kooperationen. Wenn die Chemie der Kooperationspartner nicht stimmt, gefährdet das oft die Zusammenarbeit.

Egal ob die Hofnachfolge geregelt oder Maschinen geteilt werden sollen – die Chemie zwischen den Kooperationspartnern muss stimmen. Realisierbar sind Kooperationen daher am besten mit Freunden, guten Bekannten oder Familienmitgliedern. Hier bestehen ähnliche Wertvorstellungen und Zusammenhalt. Foto: Landpixel

Soll eine Kooperation gegründet werden, sind in erster Linie die Ziele der Gesellschafter zu klären. Sind sie nur mit einer Kooperation oder auch anderweitig erreichbar? Fällt die Antwort auf die Kooperation, müssen die Beteiligten ausloten, wer in welchem Umfang davon profitiert. Klischat weiß aus seiner langjährigen Beratungstätigkeit, dass eine Kooperation selten erfolgreich ist, wenn Vor- und Nachteile zu einseitig verteilt sind. Wichtig ist auch zu definieren, was nicht passieren soll. Dabei ist es irrelevant, ob die Kooperation eingegangen wird, um die Hofstätte aufgrund fehlender Nachfolger zu erhalten, oder ob die Kooperation zwischen Vater und Sohn beziehungsweise Vater und Tochter eingegangen wird.

Betriebliche Erfolgsfaktoren der Betriebskooperation

Für die meisten Kooperationen steht der wirtschaftliche Erfolg durch das Bündeln von Ressourcen ganz oben auf der Liste der Ziele. Das setzt zunächst die Liquidität der Partnerbetriebe voraus. Werden Arbeitsgänge gebündelt durchgeführt, können Arbeitsstunden und damit bares Geld eingespart werden. Durch den reduzierten Arbeitszeitbedarf können entweder neue Betriebszweige oder mehr Freizeit für die Kooperationspartner ermöglicht werden. „Achten sie darauf, dass nicht einer mehr arbeitet als der andere. Das führt zu Reibereien“, sagt Klischat. Aus seiner Beratungspraxis weiß er: Nur wer gut ausgelastet ist, ist auch mit seiner Arbeit zufrieden. „Wer auf einmal mit weniger Aufgaben dasteht, fühlt sich schnell unterfordert.“ Alle Beteiligten brauchen daher klare Aufgabenbereiche. Gerade für Betriebe, die sich mit ihrem Einkommen jahrelang im Mittelfeld bewegen, kann eine Kooperation echte Entwicklungschancen bergen.

Auch die Arbeitsqualität steigt häufig, wenn sich Betriebe zusammentun, denn jeder Betriebsleiter und -mitarbeiter kann sich so im Idealfall dem Betätigungsfeld widmen, das ihm am meisten liegt. „Wer eine Passion für die Schweinemast oder die Milchviehhaltung hat wird auf dem Acker niemals so erfolgreich sein, wie im Stall“, gibt Klischat zu bedenken. Daraus folgt: Der Zusammenschluss von Betrieben macht dann Sinn, wenn sich Betriebszweige ergänzen. Dopplungen bei Maschinen, Gebäuden und anderen Ressourcen sind ineffizient. Eine räumliche Nähe der Betriebe ist ebenfalls vorteilhaft.

Der wohl größte Vorteil beim Zusammenschluss ganzer Betriebe ergibt sich aus der Aufteilung des unternehmerischen Risikos. Das ist gerade für hochspezialisierte Betriebe attraktiv. Auch das Vermögen und die Existenz des Betriebes sind so abgesichert. Bei Kooperation mit einer außerfamiliären Partei kann so beispielsweise der ideelle Wert des Betriebes erhalten werden. Auch ganze Hofübergaben sind so realisierbar.

Transparenz für alle Beteiligten schaffen

Damit sich niemand in einer Betriebskooperation benachteiligt fühlt, sollten alle Prozesse und Daten möglichst transparent dokumentiert und aufbewahrt werden. „Es bringt nichts, wenn alle Daten bei einem der Betriebe für andere unzugänglich im Hinterzimmer liegen“, gibt Klischat zu bedenken. Alle Gesellschafter sollten jederzeit einen Zugang zu Betriebsdaten, Arbeitskonten und Geschäftskonten haben. Klischat empfiehlt Gesellschaften ein Gemeinschaftsbüro oder einen Besprechungsraum, zu dem alle Zugang haben. Zudem sollte die Geschäftsstelle außerhalb der privaten Wohnräume eines Gesellschafters liegen.

Persönliche Erfolgsfaktoren der Betriebskooperation

Auf persönlicher Ebene ist das wohl wichtigste Ziel gleichzeitig auch ein Erfolgsfaktor: die Motivation der Kooperationspartner. „Die Landwirtschaft ist eine Branche, in der man wenig bis gar nicht mit Anderen über Betriebsinterna spricht. Für viele Landwirte ist es also unheimlich motivierend, das mit einem Kooperationspartner zu können. Der versteht meine Probleme womöglich besser als meine Frau oder meine Tochter“, erklärt Klischat. Die Familie sei zwar meist fester Ansprechpartner, könne aber nicht jedes kleine Detail aus dem Betrieb nachvollziehen, wenn sie nicht oder nur in geringem Umfang im Betrieb helfen.

Um die Kooperation auf Kurs zu halten, braucht es Sympathie und Wohlwollen bei allen Beteiligten – besonders in den jeweiligen Familien. Streit oder Missgunst gegenüber Kooperationspartnern führt laut Klischat nicht selten zur Auflösung von Betriebszusammenschlüssen. Gleiche Wertvorstellungen was Einkommen, Freizeitgestaltung oder Familie anbelangt, helfen dabei, die Kooperation langfristig auf Kurs zu halten. Kommt es doch einmal zu Konflikten, hilft beidseitige Kritikfähigkeit enorm weiter. Wer alles gleich persönlich nimmt und nicht konstruktiv handelt, wird vermutlich nicht zu einem Konsens kommen. Schlussendlich müssen sich alle Beteiligten ihrer Verantwortung für die Betriebe und deren Mitarbeiter und Inhaber inklusive Famillienangehörigen bewusst sein.

Hohen Kommunikationsaufwand bei Entscheidungen bedenken

Klischat empfiehlt Betrieben in seiner Beratung, sich vor dem Eingehen einer Kooperation bewusst zu machen, dass diese mit einem hohen Kommunikationsaufwand verbunden ist. Dieser muss von allen akzeptiert werden. Die Kommunikation untereinander sollte ritualisiert werden. Sie muss regelmäßig stattfinden, etwa in Form von Gesellschafterversammlungen. „Protokollieren Sie die Versammlungen. Das macht dabei gefällte Entscheidungen und beschlossene Veränderungen für alle nachvollziehbar“, mahnt Klischat und fügt hinzu: „Nur mit der Unterschrift aller Gesellschafter sind die Ergebnisse rechtlich bindend.“ Sollten nicht immer alle Gesellschafter anwesend sein, muss eine Regelung im Gesellschaftervertrag getroffen werden, wie dann vorgegangen wird. Auch Stimmrechte müssen festgelegt werden.

Die Zusammenarbeit vertraglich bindend regeln

Unabhängig von der gewählten Rechtsform sollte ein Gesellschaftervertrag immer die folgenden Regelungspunkte enthalten:

Beteiligte der Zweckgemeinschaft; Dauer der Zusammenarbeit;

Versicherung und Haftung;

Vorgehen bei der Gewinnermittlung und -verteilung;

Organisation und Geschäftsführung;

Gesellschafterversammlung und Stimmrecht;

Einlage von Geschäftsvermögen, Bewertung und Höhe der Einlagen;

Kündigungsfälle und -fristen;

Nachfolgeregelung (auch für den Todesfall);

Urlaubsregelung;

Krankheitsregelung (kurz- und langfristig);

Auflösung und Auseinandersetzungsverfahren;

Juristische Klauseln und Schiedsverfahren;

Anlagen und Protokolle zum Vertrag (Anzahl Tiere, Maschinen, Flächen der Beteiligten,...).

Auch die Rechtsform selbst wird vertraglich festgehalten. Häufig gewählte Rechtsformen sind, je nach Anspruch und Ausgestaltung der Kooperation, die Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), die Kommanditgesellschaft (KG), die Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) oder eingetragene Genossenschaften (e.G.). Möglich wäre theoretisch auch die Eintragung als Verein (e.V.), allerdings werden sogenannte Wirtschaftsvereine nicht sehr häufig als Rechtsform gewählt.

Je nach Rechtsform unterscheiden sich auch Haftung, Finanzierung, Geschäftsführung, Kontrolle und steuerliche Auswirkungen. Bei eingetragenen Genossenschaften ist beispielsweise die Übertragbarkeit von Anteilen zu regeln. In den meisten GbR-Verträgen wird der Verkauf von Anteilen meist ausgeschlossen. Bei einer Kommanditgesellschaft wäre zu klären, wer die Geschäftsführung übernimmt und wer als Kommanditist auftritt. Die Kommanditisten dürfen die Geschäftsführung nicht übernehmen.

Bei der Haftung müssen sich die Vertragsparteien zunächst klar werden, ob persönlich oder nur beschränkt gehaftet werden soll.

Einbringen von Faktoren in die Gemeinschaft

Ist geklärt wer in die Kooperation eintritt, welche Ziele sie verfolgt und ob es menschlich passt, kann besprochen werden, welche Faktoren in die Gemeinschaft übergehen und wie Gewinne aufgeteilt werden. Einbringen kann man sogenanntes Sondervermögen unter Nutzungsüberlassung. Darunter fallen Acker- und Grünlandfächen, Gebäude und feste Lagerflächen, Lieferrechte (Zuckerrübenquoten oder Stärkekartoffeln) und Grundstücke zur Bebauung gegen Absicherung. Auch sogenanntes Gesamthandsvermögen, das in das Eigentum der Gesellschaft übergeht, kann eingebracht werden. Dazu zählen Maschinen, Anlagen und Geräte, Viehbestände und Vorräte sowie Feldinventar.

Die Bewertung, Verzinsung und Auseinandersetzung der eingebrachten Faktoren regeln Kooperationen am besten auch vertraglich. Klischat empfiehlt ein festes Kapitalkonto, auf dem das Kapital des Betriebes eingezahlt und zu einem vereinbarten Zinssatz verzinst wird. Auf einem zweiten flexiblen Kapitalkonto werden Einlagen und Einnahmen verwaltet. Es dient als Verrechnungskonto. Darüber findet auch die Gewinnverteilung an die Gesellschafter statt.

Die Aufteilung des Gewinnes sollte nach Prozentsätzen erfolgen. Diese orientieren sich an der Höhe der in die Kooperation eingebrachten Faktoren. Klischat erklärt, dass er in seiner Beratungstätigkeit die Aufteilung des Unternehmensgewinnes für innerfamiliäre und außerfamiliäre Kooperationen nicht unterscheidet. Für ihn müssen beide Kooperationspartner mit ihrem Lohn auskommen können.

Klarheit schaffen für den Fall der Auflösung

Die Kündigung oder Auflösung der Gesellschaft erfolgt nach deren Vermögenswert. Jeder bekommt zurück, was er eingebracht hat – in Form von Geld oder Maschinen. Auf dem flexiblen Kapitalkonto aufgebautes Eigenkapital muss bei Auflösung der Gesellschaft ebenfalls aufgeteilt werden. Darlehen werden aufgeteilt. Ziel ist es, den geordneten Rückzugs eines der Gesellschafter zu erreichen – ohne Gesichtsverlust! Die Vermögensaus­einander­setzung erfolgt wie bei der Gründung der Gesellschaft. Die Interessen beider seiten müssen dabei berücksichtigt und stets fair behandelt werden. „Ich sage meinen Beratungskunden immer: Landwirte ziehen selten um. Ihr müsst also auch in 20 Jahren noch miteinander klar kommen“, schließt Klischat seine Ausführungen und erklärt: „Die meisten Gesellschaften scheitern an Missgunst den anderen Beteiligten gegenüber.“

AS – LW 1/2025