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Mitgliederversammlung des KBV Werra-Meißner

Regionale Versorgung erhält hohen Stellenwert

Es war eine besondere Mitgliederversammlung des Kreisbauernverbandes Werra-Meißner, die außergewöhnlichste, die er je erlebt habe, so Vorsitzender Torsten Möller. Doch obwohl Corona das alles bestimmende Thema sei, mit all den Hiobsbotschaften über schwere Krankheitsverläufe, hohe Infektionsraten und Bekämpfungsstrategien, so habe er sich doch immer gut aufgehoben gefühlt im Werra-Meißner-Kreis mit der Weite der ländlichen Region und der Möglichkeit, Abstand zu halten.

Auf dem Bild v.l.n.r.: Der Vorstand des Kreisbauernverbandes Klaus Jopp, Torsten Möller, Frank Theune und Michaela Breun begrüßen den Landrat des Werra-Meißner-Kreises, Stefan G. Reuß, als Ehrengast und Redner. Foto: Stefanie Wittich

Durch die Panikkäufe im März seien plötzlich Regale im Supermarkt leer gewesen. Zum ersten Mal seit langem hätten Verbraucher gespürt, wie wichtig die regionale Versorgung mit Lebensmitteln sei. Die Einstufung der Landwirtschaft als systemrelevant sei ein weiteres wichtiges Signal für die Landwirte gewesen, von der Gesellschaft akzeptiert zu werden.

Doch nach den Aussagen von Renate Künast bekäme die Landwirtschaft nun wieder Gegenwind. „Die Landwirtschaft ist nicht pauschal schuldig, so wie manche Personen es gern in der Öffentlichkeit darstellen“, so Möller. Es seien Diskussionen nötig. „Die Landwirtschaft kann sich weiterentwickeln und sie entwickelt sich weiter. Wir machen bereits viel, setzen uns für die Insekten ein, praktizieren Gewässerschutz und vieles mehr.

Landwirtschaft verständlich erklären

All das machen wir gerne“, erklärt Möller, „allerdings benötigen wir jetzt ein Konzept für die Zukunft, um den Weg gemeinsam zu gehen.“

Geschäftsführer Uwe Roth betonte, dass die Landwirte im Werra-Meißner-Kreis durch Leistung überzeugen. Die Bevölkerung wisse das zu schätzen. „Wir sind nicht industrielle Landwirtschaft. Wir schaffen es, die Bevölkerung von der heimischen Landwirtschaft zu überzeugen und verständlich zu erklären.“ Wichtig sei auch, bei Gesprächen mit Politikern, Pfarrern und Lehrern schwierige Themen anzusprechen. Das schaffe Transparenz und Vertrauen. Diesem Motto getreu wird im KBV ein großer Schwerpunkt auf die Öffentlichkeitsarbeit gelegt, deren zahlreiche Projekte vorgestellt wurden. Roth dankte Landrat Stefan Reuß und Fachbereichsleiter Gerhard Müller-Lang für die Unterstützung im Einsatz gegen SuedLink; ein riesiges Projekt, das gemeinsam gestemmt wurde.

Als Redner war Landrat Stefan G. Reuß zu Gast beim KBV. Unter dem Thema „Der Werra-Meißner-Kreis – eine ländliche Region mit Zukunft“ stellte er vor, welche Themen zurzeit bewegen. Viele der Themen waren bis März noch wichtig, nach Corona wurden sie zur Nebensächlichkeit. Nicht nur Proteste rückten in den Hintergrund, auch politische Entscheidungen. Dies kritisierte Landrat Reuß sehr. Der Erörterungstermin für SuedLink stünde beispielsweise aus. Einen virtuellen Termin halte er nicht für sinnvoll, manche Diskussionen müssten öffentlich geführt werden. Er betonte aber auch, dass der ländliche Raum durch Corona einen anderen Stellenwert bekommen habe.

Im Tourismus gute Voraussetzungen geschafft

„Das Urlaubsverhalten zeigt, dass die Menschen derzeit lieber in Deutschland ihren Urlaub verbringen. Auch das Mittelgebirge liegt hoch im Kurs“, so Reuß. Vor allem die Premiumwanderwege seien sehr gut besucht. Doch nicht nur im Tourismus habe der Landkreis durch die langjährige Arbeit gute Voraussetzungen geschaffen. Seit 2014 treibe der Kreis den Breitbandausbau voran, der mittlerweile abgeschlossen sei und die Voraussetzung für verschiedene moderne Arbeitsformen wie Home-Office bilde. Uwe Roth betonte, dass vor allem auch der digitale Anschluss außenstehender Gehöfte eine wichtige Voraussetzung für die Entwicklung des ländlichen Raumes bilde.

„Wie gehen wir mit dem ländlichen Raum um?“, wollte Reuß von seinen Zuhörern wissen. „Wir bauen SuedLink und Photovoltaik-Freiflächen. Doch der Strom fließt in die Ballungszentren.“

Deshalb fordert Reuß eine wirkliche Wertschätzung des ländlichen Raumes. Außerdem müsse die Politik geeignete Rahmenbedingungen schaffen, wie es beispielsweise Bayern getan habe. Das Bundesland schaffte es, den Strukturwandel zu verlangsamen, indem Behörden und Hochschulen in ländliche Gebiete verlagert wurden, zum Beispiel zur Gemeinde Hof.

„Im Landkreis leben 100 000 Menschen. Wir Landwirte sind da und versorgen sie gern mit regionalen Lebensmitteln. Die Landwirtschaft hat viel Potenzial, um sich zu entwickeln“, ergänzte Torsten Möller. Im Werra-Meißner-Kreis gibt es die beiden Projekte „Land hat Zukunft“ und „Landaufschwung“. „Beide Projekte haben eine größere Wirkung erreicht, als wir angenommen hatten und funktionieren immer noch gut“, so der Landrat. Durch die beiden Projekte soll der demografische Wandel gemeinsam gestaltet und die Wertschöpfung der Region erhöht werden.

Fördermaßnahmen nur für Innovationen

„Wir müssen überlegen, wie wir leben wollen, um Zukunft zu gestalten“, betonte Reuß. Dies sagte er auch im Hinblick auf die geplanten Corona-Fördermaßnahmen. Förderungen dürfe es nur geben, wenn auch eine Innovation damit einherginge. „Corona hat gezeigt, dass unser Gesundheitssystem ein wichtiges Gut ist, das nicht unter Wettbewerb gestellt werden darf.“

Hilfsbereitschaft in der Krise anerkennenswert

In den letzten Wochen und Monaten habe er beobachtet, dass sich die Hilfsbereitschaft durch Corona stark erhöht habe, zahlreiche Initiativen wurden gegründet, ein großer Vorteil zur anonymen Großstadt. „Ich wünsche mir für die Zukunft, dass dieses Engangement auch nach der Krise bestehen bleibt“, zeigte sich Reuß stolz auf die Hilfsbereitschaft seiner Mitbürgerinnen und Mitbürger. Frank Theune aus Witzenhausen-Ellingerode wurde als Mitglied des engen Vorstandes einstimmig wiedergewählt. Er bedankte sich für die Arbeit der Geschäftsstelle und betonte, wie wichtig deren Leistung für die Landwirtschaft im Kreis sei.

Außerdem wurden Heinrich Achler aus Renda, Christian Stange aus Bischhausen, Carsten Hildebrand aus Berge, Herbert Wicke aus Jestädt, Karl-Heinrich Göpel aus Herleshausen und Ulrich Hartmann aus Kleinvach jeweils einstimmig wiedergewählt. Thomas Pfordt aus Thurnhosbach kandidierte nicht mehr. Für ihn wurde Fabian Asbrand aus Sontra-Breitau einstimmig in den Vorstand gewählt.

Wittich – LW 24/2020