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Naturkalk ist so vielfältig wie die Natur

So sind die Grundstoffe für den Düngekalk entstanden

Jahrmillionen erdgeschichtlicher Entwicklung haben das vielfältige Oberflächenbild Südwestdeutschlands geschaffen. Dabei sind geologische Lagerstätten verschiedener Rohstoffe entstanden. Eines der bedeutendsten Vorkommen ist dabei der Kalkstein. Neben vielen weiteren Produkten wird Düngekalk für die Landwirtschaft gewonnen. Als natürliches Produkt gibt es Unterschiede in der Zusammensetzung.

Der Kalk als Rohstoff für die Dünger wird meist in Steinbrüchen gewonnen. Die Ausgangsgesteine von Muschel- und Jurakalk sind unterschiedlich zusammengesetzt. Foto: Voit

Die ältesten Gesteine, die in Baden-Württemberg beziehungsweise Hessen vorkommen, findet man im Schwarzwald und im Odenwald im sogenannten kristallinen Grundgebirge als Granite und Gneise. Im übrigen Land ist das Grundgebirge unter auflagernden Sedimentgesteinen des Deckgebirges verborgen. Über dem Grundgebirge lagert häufig der Buntsandstein, ein vor etwa 250 Mio. Jahren abgelagerter Sandstein, der die ältesten Schichten der sogenannten „Germanischen Trias“ (Sandstein, Muschelkalk, Keuper) bildet. Der rötlich gefärbte Buntsandstein wird aufgrund seiner leichten Spaltbarkeit oft als Baumaterial verwendet. Nach dem Buntsandstein wurde vor zirka 240 Mio. Jahren der Muschelkalk abgelagert.

So entstehen Muschel- und Jurakalk

Der Muschelkalk ist in Baden-Württemberg zusammen mit den Jurakalken das bedeutendste Ausgangsgestein für Düngekalke sowie hauptsächlich für viele Rohstoffe für die Bauindustrie (Schotter, Bausteine, Zement, Beton). Steinbrüche in denen Muschelkalk abgebaut wird findet man entlang des Neckars vom Quellgebiet bei Schwenningen bis zum Eintritt in den Buntsandstein des Odenwaldes bei Mosbach sowie im Nordosten des Landes in Hohenlohe. Weitere Vorkommen befinden sich an der Obermosel.

Muschelkalk hat oft eine graublaue Färbung und enthält neben reinem Calciumcarbonat noch tonige Bestandteile. Seinen Namen hat er von den fossilen Schalenresten von Muscheln und Armfüßern. Bei hohem Tonanteil ändern sich neben der Zusammensetzung auch die physikalischen Eigenschaften und man spricht in diesem Fall von „Mergel“. In den Muschelkalk-Steinbrüchen gibt es häufig Schichten aus dolomitischem Gestein, also mit höheren Anteilen an Magnesiumcarbonat. Die Dolomitbänke des oberen oder Hauptmuschelkalkes bilden oft die obere Grenze zur zeitlich nachfolgenden geologischen Formation, dem Keuper. Die Keuperzeit dauerte etwa 30 Mio. Jahre und steuert tonige Ablagerungen, verschiedene Sandsteinschichten und Gipsvorkommen zur Entstehung vieler Landschaften in Baden-Württemberg und in Franken bei.

Nach der Keuperzeit beginnt mit dem Jura vor knapp 200 Mio. Jahren wieder eine Periode mit Ablagerungen marinen Ursprungs, dem Jura. Hier sind in warmen, flacheren Meereszonen kalkhaltige Skelette und Schalen vieler verschiedener Arten auf den Meeresboden gesunken, die mit der Zeit zu Kalkstein verpresst wurden. Man unterscheidet in der Jurazeit (vor 200 bis 145 Mio. Jahre) wiederum drei Hauptschichten die man als schwarzer, brauner und weißer Jura bezeichnen kann. Andere geläufige Begriffe sind Lias, Dogger und Malm.

Der Jura ist reich an Fossilien, Leitfossil ist der Ammonit, der geradezu zum Symbol des Jurakalksteins wurde. Das Juragebirge, die „Alb“ zieht sich vom Schweizer Jura im Südwesten quer über Baden-Württemberg bis nach Franken und in die Oberpfalz. Als „Inselvorkommen“ wird auch nahe des Tuniberg in Baden Kalkstein gewonnen. Als Rohstoff findet man im schwarzen Jura Ölschiefer, im braunen Jura Eisenerze, die bis ins frühe 20 Jahrhundert wirtschaftlich abgebaut wurden. Hauptrohstoff ist aber entsprechend der Entstehungsgeschichte der Kalkstein, der vor allem im weißen Jura mächtige Wände bildet und in vielen Steinbrüchen abgebaut wird. Erdgeschichtlich jüngere Kalksteine, wie etwa die an Ärmelkanal und Ostseeküste vorkommende Kreide, sind im Südwesten nicht zu finden.

Naturkalk als Düngemittel mit oder ohne Magnesium

Die Natur beeinflusst die Zusammensetzung des Kalksteines durch die Entstehungsgeschichte. Während in Muschelkalken fast immer Magnesium in Form von Magnesiumcarbonat vorkommt, sind die Jurakalke in der Regel frei von Magnesium. Sie bestehen fast ausschließlich aus Kalk (bis zu 96 Prozent CaCO3). Diese Lagerstätten dienen zur Produktion vieler Ausgangsstoffe für Chemie, Kosmetik, Farben- und Glasindustrie sowie für Baustoffe und in Form von sogenannten „Zuckersteinen“ für die Zuckerherstellung. Düngekalk wird wegen seiner Wirkung auf sehr vielen Böden empfohlen, auch wenn im Untergrund Kalkstein ansteht. Nicht immer ist dieser Stein das Ausgangsmaterial der Bodenbildung beispielsweise er ist bei manchen Tonböden verwittert, weitgehend aufgelöst und in den Untergrund verlagert. Diese Böden bestehen dann hauptsächlich aus dem unlöslichen Rest, dem sogenannten Residualton. Wenn Düngemittel, also Kalkdünger aus Muschelkalk oder Juragestein hergestellt werden, muss der Kalkstein gesetzlichen Anforderungen entsprechen.

Ausbringung von Kalkdüngern in Düngeverordnung geregelt

Die Düngemittelverordnung regelt bei Kalkdüngern in der Anlage 1 Nr.1 Abschnitt 1.4 die Kalktypen, die Mindestgehalte an typbestimmenden Bestandteilen, die Angaben zur Nähstoffbewertung (als CaO oder CaCO3), die wesentliche Zusammensetzung und Art der Herstellung sowie als weitere Erfordernisse Siebdurchgang, Reaktivität und ergänzt die einzelnen Kalktypen durch Hinweise wie zum Beispiel Kennzeichnungsvorgaben. In einem anderen Abschnitt sind Grenzwerte für Schadstoffe sowie deren Kennzeichnungspflicht definiert.

Die am meisten eingesetzten Kalktypen stammen aus der Gruppe der Kalke aus „natürlichen Lagerstätten“, dazu gehören kohlensaure Kalke sowie Branntkalke und Mischkalke. Eine zweite Gruppe bilden die Kalke aus der Eisen- bzw. Stahlproduktion mit den Kalktypen (Hüttenkalk) und Konverterkalk. Eine fast unüberschaubare Vielfalt an Produkten ist der dritten Gruppe „Kalkdünger aus…“ zuzuordnen. Diese Gruppe wird landläufig noch als Rückstandskalke bezeichnet. Für die Praxis bedeutende Produkte aus dieser Gruppe sind Carbokalk (Kalkdünger aus der Herstellung von Zucker) und Schwarzkalk (Kalkdünger aus der Herstellung von Kalkstickstoff).

Die Qualität unterscheidet sich je nach Kalktyp

Die Kalkform (Ca-Verbindung) hat wesentlichen Einfluss auf die Qualität von Düngekalk. Die verschiedenen Kalkdünger-Typen haben nicht nur unterschiedliche chemische Bindungsformen (CaO, CaCO3, CaSiO3) sondern auch bei einer gleichen Bindungsform können noch qualitative Unterschiede auftreten. Die gebrannten Kalke (Branntkalk mit CaO oder CaO/MgO) weisen die höchste Reaktivität und Wirkung auf. Zugleich haben sie auch einen deutlich höheren Neutralisationswert als die übrigen Kalkformen. Bei den carbonatischen Kalken, also den kohlensauren Naturkalken (CaCO3/MgCO3) gibt es – bei gleichen Korngrößen – unterschiedliche Neutralisationswerte und Reaktivitäten. Diese werden durch die natürlich entstandenen Gehalte und die Zusammensetzung bewirkt. Die Mindestgehalte betragen bei den kohlensauren Kalken mindestens 75 Prozent CaCO3, bei Branntkalk mindestens 60 Prozent CaO, bei den Kalken aus der Eisen- und Stahlproduktion mindestens 40 Prozent CaO und bei den „Rückstandkalken“ mindestens 30 Prozent CaO. Der Siebdurchgang beziehungsweise die Korngrößen-Zusammensetzung hat für die Wirkung von Düngekalk eine wesentliche Bedeutung.

Im Zusammenspiel mit der Herkunft und der Struktur des Kalkes beeinflusst die Korngrößen-Zusammensetzung insbesondere die Wirkungsgeschwindigkeit und somit die Reaktivität. Je feiner die Vermahlung und die Zusammensetzung der Korngrößen, umso schneller kann der Kalk (innerhalb eines Düngekalktyps) wirken. Die gesetzliche Obergrenze der Korngrößen mit 97 Prozent <3,15 mm und 70 Prozent <1,0 mm bei kohlensauren Kalken wird bei qualitativ hochwertiger Ware in der Regel deutlich unterschritten. Für andere Kalktypen gelten weitere Grenzen beim Siebdurchgang.

Die Reaktivität von Düngekalk kennzeichnet die Wirkungsgeschwindigkeit. Mit einer definierten Labormethode (Sauerbeck/Rietz-Methode) wird gemessen, wieviel Kalk sich innerhalb von 10 Minuten in einer Salzsäurelösung bei einem konstant pH-Wert von 2,0 gelöst hat. Somit gibt die Angabe der Reaktivität weniger einen praxisbezogenen als mehr einen theoretischen Wert wieder. Da mittlerweile in der EU drei Methoden zur Ermittlung der Reaktivität vorkommen, ist auch auf die verwendete Methode zu achten. Zum Vergleich unterschiedlicher Kalkdünger unverzichtbar ist der Neutralisationswert (NW). Er kennzeichnet das Potential, wieviel Säure neutralisiert werden kann, wenn der Kalk vollständig gelöst wird. Der NW wird mittels einer definierten Labormethode ermittelt und entspricht quasi dem Gehalt an CaO/MgO. Die Angabe des Neutralisationswertes erfolgt immer in Prozent CaO. Der Neutralisationswert ist immer ein Bestandteil des Warenbegleitscheines, der dem Käufer des Kalkdüngers auszuhändigen ist.

Zugelassene Kalke für den Ökolandbau

Naturkalke „aus natürlichen Lagerstätten“ sind für den ökologischen Landbau zugelassen. Der Landhandel und die Genossenschaften bieten dem Landwirt dazu eine große Auswahl an Düngekalk mit und ohne Magnesium oder auch als Mischprodukte mit verschiedenen Haupt- und Spurennährstoffen. Die Naturkalke sind in erdfeuchter Form erhältlich und staubarm mit dem Großflächenstreuer ausbringbar. Aufgrund der weiten Verbreitung des Steines in Südwestdeutschland sind die Entfernungen vom Produzenten zum Landwirt nicht sehr weit, was die Frachtkosten günstig beeinflusst und unnötige Fahrten verhindert. Naturkalke sind durch ihre einzigartige Entstehung, hochwertige Qualität und die vielfältig positiven Eigenschaften auf Boden und Pflanze die meistgekauften Kalkdünger im Südwesten.

Alexander Voit, DüKa Düngekalkgesellschaft mbH,Landesarbeitskreis Düngung – LW 30/2024