Den eigenen Betrieb für die Zukunft gut aufzustellen und gleichzeitig Arbeitswirtschaft und Tierwohl zu verbessern, das war das Ziel von Frank Hammen, Carmen Velte-Hammen und Marc Wiesner aus Wehrheim, die seit 2021 eine GbR betreiben. Im August vergangenen Jahres wurde ein neuer Milchviehstall fertiggestellt, der am Sonntag, dem 15. Juni von 10 bis 17 Uhr bei einem Hoftag auf dem Oranienhof der Öffentlichkeit vorgestellt wird.
Der 70 Meter lange und fast 40 Meter breite Stall wurde als Sechsreiher mit zwei außenliegenden Futtertischen ausgeführt. An die hintere Stirnseite angegliedert ist ein 300 m2 großer Laufhof, der mit einer Heuraufe und zwei Kuhbürsten ausgestattet ist. „Der Laufhof ist auf der Nordseite angesiedelt, sodass die Kühe auch im Sommer gerne rausgehen“, so Frank Hammen. Aktuell werden im neuen, etwa 200 Meter von der Hofstelle entfernt errichteten Stall 180 Kühe gehalten, konzipiert ist er für 199. Nach und nach werden Tiere zugekauft, bis die Kuhzahl erreicht ist. Frank Hammen, seiner Frau Carmen und dem ehemaligen Auszubildenden und heutigen GbR-Partner Marc Wiesner war es wichtig, das Tierwohl im Vergleich zum alten Stall deutlich zu steigern. „Verbraucher erwarten das heute und diesem Wunsch wollen wir gerne nachkommen.“ Der Betrieb ist auch Direktvermarkter, bereits seit 2018 gibt es einen Rohmilch-Verkaufsautomaten. Der neue Stall erfüllt die Vorgaben der Haltungsstufe 3 als Frischluftstall. „Wir haben ihn so ausgestattet, dass wir theoretisch auch Bio-Vorgaben erfüllen könnten, allerdings ist keine Umstellung geplant“, ergänzt Marc Wiesner. Der alte Stall direkt beim Wohnhaus wird weiterhin für die Trockensteher genutzt, die dort auch Weidezugang haben. Der Betrieb mit über 50 Prozent Dauergrünland hat seinen Ackerbau im vergangenen Jahr auf Feldfutterbau umstellt. Etwa 150 ha werden bewirtschaftet.
Gemolken wird im neuen Stall mit drei Lely Astronaut A5-Melkrobotern. „Es war uns wichtig, dass die Herde nicht in Gruppen unterteilt wird, sondern eine Einheit bleibt. So hat jedes Tier jederzeit Zugang zu allen Robotern. Fällt ein Gerät kurzzeitig aus, ist das kein größeres Problem“, so Wiesner. Das Einmelken am AMS lief reibungslos ab. Dazu habe auch beigetragen, dass 50 robotererfahrene Kühe aus einer Betriebsaufgabe stammen und die eigenen Tiere sukzessive umziehen konnten, so Hammen. Die Milchleistung liegt aktuell bei etwa 10 000 kg je Kuh und Jahr. Um Arbeitszeit einzusparen, wird das Futter per Roboter ans Fressgitter nachgeschoben. Die Gülle in den planbefestigten Laufgängen sowie im Laufhof wird ebenfalls automatisiert per Saugroboter gereinigt. Um den Tieren beim Liegen einen hohen Komfort zu ermöglichen, wurden Tief-Liegeboxen mit freiem Kopfraum und Nackenkette gewählt, die mit einer Matratze aus Pferdemist, Stroh, Kalk und Sägespänen gefüllt sind. Die Abtrennungen in der Kristen-BK-Box zwischen den Tieren bestehen aus einem flexibel in ein Gummilager gebettetes Holzbrett, das um 15 Grad zu beiden Seiten nachgibt. Für Kühe mit besonderen Bedürfnissen wie beispielsweise Klauenproblemen gibt es einen Strohbereich. Die routinemäßige Klauenpflege übernimmt Marc Wiesner, aber auch ein Klauenpfleger kommt regelmäßig in den Betrieb. Damit die Tiere eine hohe Wasseraufnahme erreichen, wurden zwölf Schnellablauf-Trogtränken und zusätzliche eine kleinere Tränke eingebaut, die leicht zu reinigen sind. Frisches Wasser steht den Tieren dadurch immer reichlich zur Verfügung.
Großes Luftvolumen im Stall
Belüftet wird der Stall an beiden Längsseiten mit Curtains, die sich je nach Wetterlage automatisch öffnen und schließen. Zudem gibt es einen fest verbauten Licht-Luft-First. „Zusätzliche Ventilatoren sind nicht nötig, das hat sich im Sommer vergangenen Jahres schon gezeigt“, sagt Wiesner. Die Luft im Stall ist auch deshalb angenehm, weil er viel Luftraum nach oben bietet. „An der höchsten Stelle sind es 11 Meter.“ Für einen einhöhligen Stall mit außenliegenden Futtertischen sei zudem eine gewisse Höhe notwendig, damit man mit dem Futtermischwagen durchfahren kann. Gefüttert wird per Selbstfahrer. Das Stalldach besteht aus Wellfaserzementplatten und ist so ausgelegt, dass es künftig mit Photovoltaik bestückt werden kann.
Viel Eigenleistung erbracht
Das Gebäude wurde insgesamt so geplant, dass es auch eine andere Nutzung zulässt. Die Boxen wurden beispielsweise gedübelt.„Das hatte auch den Vorteil, dass wir viel Eigenleistung einbringen konnten“, so Wiesner. Um noch mehr Helligkeit in das Gebäude zu bekommen, wurden an den Stirnseiten Doppelsteg-Lichtplatten eingebaut. Auch ein mit einem Dach abgedecktes Güllelager mit 4 200 m3 wurde errichtet sowie zwei Fahrsilos. Die Bauzeit des Stalles war mit gut einem Jahr relativ kurz, weil Güllelager, Fahrsilo und Stall von drei verschiedenen Firmen errichtet wurden. „Wir hatten einige Zeit lang drei Kräne gleichzeitig auf der Baustelle stehen“, erinnert sich Hammen. Der Stallbau wurde mit Mitteln der Europäischen Union sowie des Landes Hessen gefördert.
Beim Hoftag am Sonntag, dem 15. Juni von 10 bis 17 Uhr wird es neben den Ständen von am Bau beteiligten Firmen beziehungsweise Partnern ein Rahmenprogramm geben. Der hessische Landwirtschaftsminister Ingmar Jung und HBV-Präsident Karsten Schmal werden um 13 Uhr die künftige hessische Milchkönigin krönen (siehe Rubrik Termine). Für das leibliche Wohl ist gesorgt. Interessierte sind herzlich willkommen. Adresse: Langwiesenweg, 61273 Wehrheim.
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