Einer anhaltend steigenden Nachfrage nach Haferprodukten steht seit Jahren eine rückläufige Hafererzeugung entgegen. Der Selbstversorgungsgrad Deutschlands betrug im Wirtschaftsjahr 2020/21 für alle Nutzungsrichtungen nur 71 Prozent. Diese steigende Nachfrage und erfolgreiche Züchterbemühungen können dem Haferanbau nun neuen Schwung verleihen. Über die Landessortenversuche berichtet Cecilia Hüppe vom Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen.
Traditionell wird in Hessen Hafer vorrangig zur Futtergewinnung erzeugt. Dass daneben weitere Vermarktungspotenziale gegeben sind, zeigen die aktuellen Versorgungsdaten für Hafer. Aktuell ist knapp die Hälfte der Inlandsverwendung laut Bundesministerium für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) auf Nahrungszwecke zurückzuführen. Nach BLE (2021) ist der Haferverbrauch dabei seit den 1990er Jahren kontinuierlich gestiegen. Gerade zum Wirtschaftsjahr 2020/21 zeigte sich ein deutlicher Aufwärtssprung zur Nahrungsverwendung: der Verbrauch je Kopf in Deutschland liegt aktuell mit 4,1 kg Hafer (Mehlwert) auf einem Höchststand (BLE 2021).
Hohe Nachfrage aus dem Nahrungsmittelbereich
Hierdurch spiegelt sich die gesteigerte Nachfrage nach Haferprodukten wieder, was auch in der Vielfalt der Produktpallette in den Ladenregalen wiederzufinden ist. Neben Haferflocken und Müslis finden eine Vielzahl von weiteren Haferprodukten wie Porridge-Mischungen oder Milchersatzprodukte auf Haferbasis immer mehr Anklang beim Verbraucher. Die Hafererzeugung hingegen entwickelte sich die vergangenen Jahre rückläufig, sodass der Selbstversorgungsgrad im Wirtschaftsjahr 2020/21 nur 71 Prozent betrug (für alle Nutzungsrichtungen). Nach Angaben des Verbands der Getreide-, Mühlen- und Stärkewirtschaft (VGMS) ist der Qualitätshaferbedarf der Mühlen seit 2008 daher um etwa 70 Prozent gestiegen. Folglich kann der gestiegene Bedarf – vor allem der deutschen Hafermühlen – nicht mehr aus deutschen Anbau gedeckt werden. Es muss also kontinuierlich mehr Hafer importiert werden, um diese Lücke zu füllen. Und die Einfuhr hat sich in den vergangenen zehn Jahren auf 672 000 t verdoppelt. Hierbei stammt der größte Anteil aus Skandinavien oder osteuropäische EU-Staaten.
Winterweizen und Winterraps liefen Hafer den Rang ab
Gründe für den Rückgang der heimischen Produktion lagen in der ökonomischen Unterlegenheit zu Winterweizen und Winterraps. Auch verfügt der Hafer über eine geringere Ertragsstabilität, gerade wenn Saatzeit und Wasserversorgung nicht optimal passen. Dennoch konnte von 1995 bis 2009 ein Zuchtfortschritt von rund 0,53 dt/ha und Jahr festgestellt werden. Ebenfalls wurden züchterischen Verbesserungen der Qualitätsparameter von Spelzenanteil, Sortierung und Entspelzbarkeit erzielt, sodass auch für die heimische Qualitätshaferproduktion verbesserte Ausgangsbedingungen gegeben sind. Erfreulicherweise nimmt der Haferanbau nun wieder Fahrt auf. Die Anbaufläche in Deutschland erweiterte sich 2021 um 12,5 Prozent. Hessenweit blieb die Anbaufläche jedoch auf einem ähnlichen Niveau, sodass 9 300 ha für den Haferanbau genutzt wurden. Damit ist der Hafer in der Fläche die zweitwichtigste Sommergetreidekultur nach der Sommergerste. Auch das durchschnittliche Ertragsniveau in Hessen lag mit 47,6 dt/ha auf ähnlichen Niveau im Vergleich zum Vorjahr, sodass eine Gesamterntemenge von knapp 44 000 t produziert wurde.