Die Vertreterversammlung des Kreisbauernverbandes Pirmasens-Zweibrücken nutzte der Vorsitzende Uwe Bißbort dazu, die Politiker der Verbandsgemeinde und des Kreises aufzufordern, dem zu beobachteten Flächenfraß und dem deutlichen Anstieg der Pachtpreise durch Photovoltaik-Freiflächenanlagen entgegenzuwirken. Alle Beteiligten sollten sich zu konstruktiven Gesprächen zusammensetzen. Als mögliche Gegenmaßnahme führte der Windsberger eine Obergrenze für die Gemarkung an.
„Letzte Woche hat unser Bundeskanzler Olaf Scholz unter anderem gefordert, dass täglich die Fläche von 40 Fußballfeldern mit Photovoltaik zugelegt werden muss, um die Energiewende zu schaffen“, erinnerte Bißbort die „Zum Hannes“ in Niederhausen versammelten Landwirte. Zur Verdeutlichung machte er folgende Rechnung auf: 40 Fußballfelder entsprechen 28,4 Hektar. Mal 365 Tage macht 10 366 Hektar im Jahr. „Jeder, der die Grundschule erfolgreich abgeschlossen hat, weiß, wohin das führt“, so der Bauernvorsitzende.
Nicht vorschnell Verträge abschließen
Jürgen Vogelgesang, Vizepräsident des Bauern- und Winzerverbandes Rheinland-Pfalz Süd und Vorsitzender des Kreisbauernverbandes Kaiserslautern, pflichtete Bißbort bei: „Wir sitzen alle im selben Boot. Die Landwirte vor Ort und die Kommunalpolitiker müssen zuallererst miteinander reden.“ Fast alle Gemeinden seien klamm. Dies sei aber kein Grund, vorschnell an der Landwirtschaft vorbei Pachtverträge abzuschließen – zumal oft keine fixen Anlagenplanungen vorliegen.
Erst Industrie- und Gewerbeflächen nutzen
„Die Vorschläge zur Doppelnutzung, sprich Agri-Photovoltaik, zeigen, wie bekloppt diskutiert wird. Solarzellen auf Stelzen in 3,50 Meter Höhe und Getreide- und Maisanbau schließen sich aus“, äußerte Eberhard Hartelt, Präsident des Bauern- und Winzerverbandes. Man sollte die vorhandenen Potenziale ausschöpfen. In Grünstadt habe Amazon eine 1 000 Quadratmeter große Fläche für Autos versiegelt. Über ihnen könnte man Solarstrom erzeugen. Und eventuell E-Autos direkt laden. Auch stillgelegte Deponien eigneten sich zur Erzeugung von Ökostrom.
Hartelt kritisierte auch die Vorschläge der EU-Kommission zur Reduktion des Einsatzes von Pflanzenschutzmitteln. Um das eigentliche Ziel, die Biodiversität zu erhalten und zu fördern, seien generelle Verbote und pauschale Reduktionsziele der falsche Weg und unverantwortlich. Nicht wenige Betriebe seien dadurch in ihrer Existenz bedroht. „Die Steigerung unseres Widerstands wird kommen. Wir wollen unser Pulver nicht zu früh verschießen“, kündigte der Verbandspräsident an.
Die Bauern sollten sich nicht ständig als Opfer bemitleiden. „Raus aus dem Isolationsstatus!“ forderte der Göllheimer seine Berufskollegen auf. Schilder hochzuhalten mit dem Slogan „Wir machen euch satt!“ sei vernünftig, reiche aber in der heutigen Gesellschaft nicht aus, um die Wertschätzung für den Berufsstand deutlich zu verbessern. Das Thema Nahrungssicherheit interessiere eine Bevölkerung im Überfluss kaum. Es zeige nur die große Diskrepanz der Denkweise zwischen Landwirtschaft und dem Rest der Bevölkerung. Die Beteiligung an der Umsetzung von Umwelt- und Klimazielen biete eine gute öffentlichkeitswirksame Plattform für die Landwirte.
Die Bauern der Zukunft sind auch Energiewirte
Die Frage sei nicht, ob der Bauernverband sich daran beteiligen soll, sondern wie: „Wir brauchen auf möglichst viele Mitglieder, die mitmachen.“ Der Umweltbeauftragte des Deutschen Bauernverbandes: „Wir müssen uns als Zukunftsbauern präsentieren.“ Damit ist gemeint, dass die Bauern der Zukunft nicht nur Lebensmittel erzeugen, sondern auch als Energiewirte arbeiten und Einkommen mit dem Schutz der Artenvielfalt erzielen.
Artur Dressler – LW 12/2023