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Ökologischer Landbau traf sich im Osten

Messerundgang auf den Öko-Feldtagen bei Leipzig

Wie das veranstaltende Forschungsinstitut für biologischen Landbau, FiBL, mitteilt, haben sich über 9 000 Besucher am 18. und 19. Juni an den Öko-Feldtagen auf dem Wassergut Canitz in Sachsen über die neuesten Ent­wicklungen im ökologischen Landbau informiert. Das LW hat einen Messerundgang unternommen.

Auf den Öko-Feldtagen am Wassergut Canitz bei Leipzig standen zahlreiche Forumsveranstaltungen auf dem Programm. Foto: Becker

Interessant zu sehen war gleich beim Betreten des Geländes, dass mittlerweile die großen Pflanzenzüchtungsunternehmen die Öko-Feldtage mit umfangreichen Messeständen besuchen – die Fahnen von RAGT, Hauptsaaten, Saaten-Union oder KWS waren auf der Ausstellungsfläche un­übersehbar. Einige Vertreter der Öko-Branche sahen das durch aus mit gemischten Gefühlen, denn diese Konzerne stehen in Konkurrenz zu den eigentlichen, meist kleinen Züchterhäusern, die ausschließlich Öko-Saatgut erzeugen. Andererseits war zu hören, dass der Bedarf an Saatgut für Bio-Betriebe derzeit nicht alleine durch die Öko-Züchter gedeckt werden könne.

Biosaatgut-Erzeuger treiben keine Nachbaugebühren ein

Zu Beginn daher ein Besuch bei reinen Biosaatgut-Erzeugern, die ihre Sorten unter dem Dach der BioSaat GmbH, einer Vermehrungsorganisation der Ökozüchter, vertreiben. Am gemeinsamen Stand von Dottenfelderhof, Cultivari Getreidezüchtungsforschung Darzau und Getreidezüchtung Peter Kunz wurde ein breites Angebot an Öko-Sorten und auch die dahinterstehende Züchtungsphilosophie präsentiert. „Wir bieten rein ökologisch gezüchtete Sorten an. Kreuzung, Selektion und Vermehrung finden ausnahmslos unter den Bedingungen und nach Kriterien des ökologischen Landbaus statt“, so Mitja Seyffert von der Dottenfelder Bio-Saat GmbH.

Ein weiterer Punkt ist den Öko-Züchtern wichtig: Sie sind zwar auch auf Nachbaugebühren angewiesen, treiben diese aber nicht ein, sondern setzen hierbei auf Freiwilligkeit. „Wir wollen Kooperation und nicht Konfrontation“. Bei BioSaat vertritt man die Ansicht: Die eigene Ernte als Saatgut zu verwenden ist ökologisch sinnvoll, stärkt die Souveränität der Landwirtschaft und ist ein wichtiger Baustein für den Hofkreislauf. Öko-Saatgut soll nachbaufähig bleiben.

Stefan Klause erläuterte in den Demoparzellen anhand des Winterweizens Brandex: „Züchtungen für BioBetriebe müssen gesund sein, auch hinsichtlich Stein- und Flugbrand. Neben der Gesundheit ist natürlich zuletzt der Ertrag Züchtungsziel; Öko-Sorten sind oft Low-Input-Typen und dann auch für trockene, extensive Standort optimiert.“

Sortenmischungen bei Winterweizen

Heterogene Weizenpopulationen zeigte Dr. Odette Weedon, Uni Kassel, Fachbereich Ökologische Agrarwissenschaften, Witzenhausen. „Diese Mischungen verschiedener Stämme oder Sorten können stabile Qualitäten und hohe Flächenerträge erzielen. Sie sind durch ihre genetische Heterogenität robust, weisen eine hohe Ertragssicherheit auf und können auch nachgebaut werden.“ Im Nachbau finde über die Jahre eine Selektion statt, die zu einer Anpassung an die Standortverhältnisse des Betriebes führen könne.

Dr. Weedon ist Teil des Bakwert-Teams (=Bewertung und Akzeptanz heterogener Weizenpopulationen in ökologischen Wertschöpfungsketten). Das Forschungsprojekt untersucht gemeinsam mit Praxispartnern aus der Landwirtschaft, dem Müller- und Bäckereihandwerk heterogene Weizenpopulationen in ökologischen Wertschöpfungsketten. Für BAKWERT hat sich ein transdisziplinäres Team aus den Freien Bäckern e.V., den Fachgebieten Ökologischer Pflanzenschutz und Betriebswirtschaft der Universität Kassel sowie des Kompentenzzentrums Ökologischer Landbau Baden-Württemberg zusammengeschlossen.

Viele Züchterhäuser bieten konventionell und öko an

Die „Deutsche Saatgut“ hat Mais, Soja, Zwischenfruchtmischungen, Zwischenfrüchte, Getreide, Gräsermischungen, Gräser und Sonnenblumen im Sortiment – für konventionellen und Öko-Anbau. Sofia Koukouwetsos, Sales Support Saarland und Rheinland-Pfalz, freute sich über viele Nachfragen der Besucher vor allem nach Mais- und Soja-Sorten. Die Nachfrage nach heimischen Sojabohnen wachse und die Anbaufläche ebenfalls. „Sojaanbau ist nicht nur wirtschaftlich interessant, sondern bietet vielen Betrieben eine neue Alternative zur Auflockerung der Fruchtfolge“, hieß es am Messestand. Unter den 17 Soja-Sorten des Unternehmes sind sieben für den Öko-Anbau geeignet.

Auch das Züchtungsunternehmen RAGT präsentierte seine Öko-Sorten auf den Feldtagen. Christian Rommelmann, Produktmanager Getreide und Soja, meinte, dass einige Öko-Landwirte die Stände der konventionellen Züchterhäuser eher meiden, obwohl auch sie interessante Sorten für den Öko-Anbau zu bieten hätten. Beispielsweise die Öko-Winterweizen RGT Dello und RGT Zunder. RGT Dello ist laut Züchter der erster zugelassene Öko-Futterweizen mit überragendem Kornertrag; durch die hohe Kornzahl/Ähre sei er außerdem kompensationsstark. Die neue B-Winterweizensorte RGT Zunder wurde speziell für den ökologischen Landbau und Lagen, in denen es auf sehr gute Resistenzen ankommt, zugelassen.

Kartoffelkäfer mechanisch absammeln

Der Beetle Collector der Firma Gallinger Maschinenbau sammelt Kartoffelkäfer und deren Larven mechanisch von den Pflanzen ab. Dabei werden die Insekten durch Gummi-Paddel, die an einer Rotierenden Achse befestigt sind von den Stauden geschlagen, ohne dass die Pflanzen verletzt werden. Die Käferlanden in einer Wanne und können dann entsorgt beziehungsweise verfüttert werden.

Geschäftsführer Michael Gallinger führte verschiedene Geräte mit der gleichen Technik vor, allerdings in verschiedensten Größen – von handgeschoben (26,5 kg, Antrieb der Paddel-Welle per Akkuschrauber) bis Frontanbau (4-reihig, 990 kg). „Untersuchungen des FiBL haben je nach Sorte Wirkungsgrade von bis zu 98 Prozent zeigen können“, so Gallinger.

Unkrautentfernung mit dem Laser

Eine weitere umweltgerechte Pflanzenschutzanwendung stellt der autonome Laser-Jät-Roboter Caterra dar, der mittels eines Laserstrahls Unkraut zuverlässig durch Verbrennen entfernen kann. Damit können auch Schadpflanzen, die in unmittelbarer Nähe der Nutzpflanze wachsen, ohne den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln erfasst werden, was mit mechanischen Methoden kaum möglich ist.

Der Roboter ist vollautonom und

navigiert mit GPS- und Kamera-Technologie präzise und effizient auf dem Feld. Die Caterra AG sitzt in Glattpark in der Schweiz.

Überflieger in der Landtechnik: Drohnen

Über den umweltschonenden Einsatz von Drohnen in der Landwirtschaft informierte Martin Schieck von der Universität Leipzig. Einsatzgebiete der leistungsstarken Geräte mit einer Nutzlast von bis zu 40 kg sind neben der Fernerkundung von Vegetationsdaten die Ausbringung von Nützlingen oder die Aussaat von Zwischenfrüchten, beispielsweise in stehende Bestände. „Die Anwendung von Pflanzenschutzmitteln ist in Deutschland bisher nur in Ausnahmefällen zugelassen, etwa in Steillagen des Weinanbaus.“

Angesichts der enormen Vorteile dieser Technik, wie das Arbeiten bei nichtbefahrbaren Böden oder die Einsparung von fossilen Kraftstoffen, sieht Schieck aber große Potenziale für die künftigen Einsatzmöglichkeiten der Fluggeräte. Im Rahmen des Verbundprojekts „Experimentierfeld zur datengetriebenen Vernetzung und Digitalisierung in der Landwirtschaft“ (express) arbeitet der Wissenschaftler an der Weiterentwicklung der Technik für landwirtschaftliche Einsätze.

Bodenbearbeitung statt Herbizide

Andreas Schultz von Väderstad stellte die Carrier 925-1225, eine robuste, gezogene Scheibenegge, vor. „Der Bodenbearbeitung und vor allem dem Stop-

pelsturz kommt wegen der schwindenden chemischen Pflanzenschutzmöglichkeiten eine immer größere Bedeutung zu“, stellte er fest. Hier näherten sich ökologische und konventionelle Betriebe immer weiter an.

Die Carrier sei eine Scheibenegge, die für eine Primärbodenbearbeitung bei hohen Geschwindigkeiten und zur Saatbettbereitung mit geringen Dieselkosten konzipiert wurde. Dank der breiten Palette an Vorwerkzeugen könne sie ultraflach, aber auch zur tieferen Einarbeitung genutzt werden.

Fruchtfolgen am Wassergut Canitz

Schwerpunkt der Öko-Feldtage war das Wassermanagement. Das Wassergut Canitz, 30 Kilometer vor den Toren Leipzigs, sorgt als Tochterunternehmen der Leipziger Wasserwerke mit seiner nachhaltigen Bewirtschaftung der Betriebsflächen für beste Grundwasservorräte. In zwei Großwasserwerken wird ein beachtlicher Teil des Trinkwassers für die gesamte Region gefördert. Vor über 100 Jahren kaufte die Stadt Leipzig 800 Hektar Land vor den Toren der Stadt im Muldetal, um sauberes Trinkwasser für die Stadt zu gewinnen. Seit 25 Jahren bewirtschaftet die Wassergut Canitz GmbH die Flächen nach Bio-Standard und hat die Fruchtfolgen speziell darauf abgestimmt.

Paul Schlegel, Bioland Landesverband Ost, stellte die Fruchtfolgen vor. „Es werden hier jährlich zwischen 25 und 35 Prozent Luzerne oder Kleegras angebaut, danach sind zwei Jahre gute Getreideerträge möglich“, so Schlegel.

Es wird mit vier beregnungsfähigen Fruchtfolgen gearbeitet. Beispiel: Luzerne (zweijährig) Dinkel Winterweizen (Stalldung o. Luzernesilage + Zwischenfrucht) Kartoffeln Winterweizen (Stalldung o. Luzernesilage + Zwischenfrucht) Zwiebeln Winterweizen. Als Zwischenfrüchte werden in der Regel Phacelia und Ölrettich angebaut.

KB – LW 26/2025