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Pflanzenschutz im Obstbau wird schwieriger

47. Pfälzer Obstbautag spricht Herausforderungen an

Der Obstbau muss sich in den nächsten Jahren einigen Herausforderungen stellen: Im Pflanzenschutz stehen nicht mehr alle Wirkstoffe zur Verfügung und viele Zulassungen sind aufgrund von Umwelttoxizität oder mangelnder Anwendungssicherheit gefährdet. Zudem gilt es, den Pflanzenschutzmitteleintrag in Oberflächengewässer zu vermindern. Auf dem Pfälzer Obstbau- und Pflanzenschutztag wurden diese Fragestellungen thematisiert und Lösungswege aufgezeigt.

Nicht nur im Weinbau werden die Tunnelsprühgeräte eingesetzt, mit den Spindelbäumen und dem mechanischen Schnitt gibt es auch erste Anwendungen im Obstbau. Foto: Setzepfand

„Es ist wichtig, Dinge offen und ehrlich anzusprechen“, sagte Dr. Norbert Laun, Abteilungsleiter Gartenbau beim DLR in Neustadt, am vergangenen Montag bei der Begrüßung der Obstbauern, die zum Obstbau- und Pflanzenschutztag nach Neustadt gekommen waren. Laun spielte damit vor allem auf die Zulassungssituation im Pflanzenschutz und auf die Belastung des Oberflächenwassers mit Pflanzenschutzmittelrückständen an: „Das wird in Zukunft ein wichtiger Parameter für die Zulassung von Pflanzenschutzmitteln sein“, erklärte er und mahnte, vermeidbare Einträge auf ein Minimum zu reduzieren.

Beeinflusst die eingeschränkte Mittelverfügbarkeit die Pflanzenschutzstrategien im Obstbau für 2016? Dieser Frage ging Uwe Harzer vom DLR Rheinpfalz nach. „Eigentlich gibt es momentan noch keine Beeinträchtigungen, aber wir brauchen einige Notfallzulassungen“, brachte der Berater die Situation für die Saison 2016 auf den Punkt. Doch die Entwicklung bei den Zulassungen von wichtigen Wirkstoffen ist alles andere als entspannt. Bekämpfungslücken, die in den nächsten Jahren wirksam werden, sind schon jetzt erkennbar.

Risikobewertung der Wirkstoffe

Harzer machte deutlich, dass nach EU-Pflanzenschutz-Verordnung ein Mittel nur zugelassen wird, wenn es unter Berücksichtigung des neuesten Stands von Wissenschaft und Technik keine unannehmbaren Auswirkungen auf die Gesundheit von Menschen und auf die Umwelt hat. „Das bedeutet, dass neue Forschungsergebnisse Zulassungsprüfungen auslösen können“, erklärte der Pflanzenschutzberater. Neue Entwicklungen werden in die Risikobewertung von Pflanzenschutzmitteln einbezogen, wie die Auswirkungen auf bisher übersehene Artengruppen wie Amphibien oder Bodenarthropoden. Auch zusätzliche Expositionspfade wie Staubabdrift oder ein Run-off werden mit einbezogen. Beim Run-off werden Wirkstoffanteile von Blattoberflächen und vom Boden gelöst und mit dem Wasser von der Fläche abgeschwemmt.

Eine neue Leitlinie bei der Risikobewertung befasst sich zudem mit der Bewertung der Exposition von Anwendern, Arbeitern, Anwohnern und Umstehenden. Von diesen Risikobewertungen sind nach Aussage von Harzer einige Wirkstoffe betroffen, die nun einer intensiven Prüfung unterzogen werden.

Vor diesem Hintergrund ging Harzer auf die künftigen Fungizidstrategien im Kernobst ein. „An der Strategie zur Bekämpfung von Schorf, Mehltau, Kelchfäulen und Lagerkrankheiten am Kernobst ändert sich im Moment noch nichts“, sagte er. Auch eine Insektizidstrategie beim Apfel scheint in diesem Frühjahr mit den bewährten Mitteln noch gesichert. Eine Entscheidung zum weiteren Einsatz von Calypso gegen den Apfelwickler erwartet Harzer in Kürze, wenn die neue Wirkstoffeinstufung vorliegt. Der darin enthaltene Wirkstoff Thiacloprid steht in Verdacht, reproduktionstoxisch zu sein. „Wenn sich das bestätigt, wird der Wirkstoff sofort verboten“, so Harzer. Seine Empfehlung für die Bekämpfung des Apfelwicklers lautet deshalb, die Insektizide strikt nach Beratungsempfehlungen einzusetzen, um eine Resistenz zu vermeiden. „Denn wenn es zu Resistenzen kommt, haben wir ein ernstes Problem“, so Harzer. Für 2016 sind von der Fachgruppe Obstbau zahlreiche Anträge auf Notfallzulassungen gestellt worden, unter anderem zur Bekämpfung von Birnenblattsauger, Pflaumenwickler, Kirschfruchtfliege und Feuerbrand. Uwe Harzer zeigte sich zuversichtlich, dass die Notfallzulassungen genehmigt werden.

Mit dem Thema Einträge von Pflanzenschutzmitteln in Oberflächengewässer befasste sich Dr. Bernd Altmayer vom DLR Rheinpfalz in seinem Vortrag. Er erläuterte, dass die Anforderungen, Auflagen und Bestimmungen zum Gewässerschutz vor dem Hintergrund der EU-Wasserrahmenrichtlinie noch einmal eine ganz besondere Bedeutung erlangen. Denn hierin sind genaue Zielvorgaben für den Zustand der Gewässer geregelt.

Verunreinigte Feldwege als Eintragsquelle

„Deutschland hat viele Auflagen nicht erreicht“, sagte Altmayer. Ein Großteil der Gewässer in schlechtem chemischem oder ökologischem Zustand befindet sich in den Regionen Rheinhessen und der Vorderpfalz mit einem hohen Anteil an Sonderkulturen. „Die Ursache sind Pflanzenschutzmittel“, machte Altmayer deutlich. Als die beiden wichtigsten Ursachen für Pflanzenschutzmittel-Einträge nannte er die Spritzenreinigung auf befestigten Flächen mit Kanalanschluss und mit Pflanzenschutzmitteln verunreinigte Feldwege. „Es wird unterschätzt, welche massiven Einträge über Feldwege in Gewässer gelangen“, sagte Altmeyer und appellierte an die Obstanbauer, Verunreinigungen von Feldwegen zu vermeiden und auf keinen Fall Wegränder mit Glyphosat zu spritzen. Die Wirkstoffe werden bei geringen Niederschlagsmengen mobilisiert.

Spritzen zukünftig nur noch auf dem Feld reinigen

Auch bei der Reinigung von Spritzgeräten auf befestigten Flächen ist Vorsicht geboten, weil Restmengen so über die Kanalisation ungefiltert in die Gewässer gelangen. „Die Funde in den Kläranlagen passen genau zu den empfohlenen Spritzzeitpunkten im Weinbau“, verdeutlichte Altmayer die Situation. Um solche Einträge in Kläranlagen zu vermeiden, müsse die gute fachliche Praxis bei der Reinigung von Spritzgeräten angewendet werden:

„Die Außenreinigung ist grundsätzlich auf der Behandlungsfläche durchzuführen, auch wenn es umständlich ist und Zeit kostet“, erklärte Altmayer. Neuere Geräte würden bereits über Frischwassertanks verfügen, und teilweise auch über eine Ausrüstung für eine Außenreinigung auf dem Feld.

Als Alternative für dieses Vorgehen zur Reinigung stellte Altmayer einen Reinigungsplatz mit Sammeltank für Abwasser und Entsorgungsmöglichkeit vor. Am DLR wird gerade so ein Reinigungsplatz gebaut. „Es sind aber eventuell hohe Investitionen erforderlich“, sagte der Wasserexperte und räumte ein, dass so eine Lösung eher auf Genossenschaftsebene oder mit mehreren Erzeugern gemeinsam gebaut werden sollte. „Außerdem gibt es in Deutschland noch keine einheitlichen baulichen Vorgaben“, sagte er. Anders in Frankreich, wo es nach Aussage Altmayers etliche Reinigungsplätze gibt. Altmayer stellte auch einige technische und biotechnische Lösungen zur Entsorgung von Pflanzenschutzmittel-Abwasser vor, die aber noch in der Erprobung sind. In Neustadt am DLR soll ein so genanntes „Biobett“ nach dem Phytobac-System getestet werden.

ibs – LW 9/2016