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Produktionsressource Wasser ist Voraussetzung für Standort

Beregnungstag 2013 in Südhessen

Auf einem Bewässerungsinformationstag in Bürstadt, veranstaltet vom Wasser-, Boden- und Landschaftspflegeverband Hessen, der Hochschule Geisenheim, des Landesbetriebes Hessisches Landeslabor und des Landesbetriebes Landwirtschaft Hessen, wurden Möglichkeiten des wirtschaftlichen Einsatzes moderner Beregnungstechnik thematisiert. Neben Vorträgen wurden auf einer Praxisfläche die bodenkundlichen Kennwerte erläutert.

Walter Zerr, Landesbetrieb Hessisches Landeslabor, erläuterte das Boden­pro­fil und Besonderheiten des Standorts. Foto: Ernst-August Hildebrandt
Jürgen Kleber, Hochschule Geisenheim, erläuterte eine neue Studie. Foto: Ernst-August Hildebrandt
Dr. Sebastian Weinheimer vom DLR. Foto: Ernst-August Hildebrandt
Dr. Frank Riesbeck, Humboldt-Universität zu Berlin. Foto: Ernst-August Hildebrandt

Michael Stein vom LLH und Reiner Lameli, WBL, erläuterten die Bedeutung der Beregnung im Hessischen Ried für den Anbau von Sonderkulturen. Dabei sei eine Konkurrenz zwischen den Wasserverbräuchen für Landwirtschaft, Industrie und Gesellschaft vorhanden, die durch sparsamen und pflanzengerechten Verbrauch entschärft werde. Im Hessischen Ried müssten 96 Prozent der Flächen künstlich beregnet werden.

Zur Bewässerungswürdigkeit in Deutschland nahm Privatdozent Dr. Frank Riesbeck von der Humboldt-Universität Berlin Stellung. Bei globaler Betrachtung werde Trinkwasser weltweit immer knapper, da der Wasserverbrauch bis 2025 wegen des Be­­völkerungswachstums in Entwicklungsländern um 50 Pro­zent und in den entwickelten Ländern um 18 Prozent zunehmen werde. Die Klimafolgen in Mitteleuropa würden zu mehr Extremen der Niederschlagsverteilung und Intensitäten führen.

In Szenarien und Hochrechnungen für die deutsche Elbregion in der Zeitspanne von 2046 bis 2055 würde der Wasserhaushalt durch geringere Niederschläge, höhere Verdunstung und geringere Grundwasserneubildung stark beein­trächtigt. Im Durchschnitt sei mit einem Ertragsabfall von 11 bis 15 Prozent bei Getreide und von 16 bis 17 Prozent bei Raps zu rechnen. Die Silomaiserträge würden sich hingegen kaum verändern, das diese Kultur als C-4-Pflanze besser mit trockenen Bedingungen umgehen könne. Auch wird von einer Beeinflussung der Qualitäten ausgegangen. Allerdings sei festzustellen, dass Anträge auf Er­laubnis zur Entnahme von Grund- oder Oberflächenwasser für Zwecke der landwirtschaftlichen Bewässerung von den Genehmigungs- und Fachverwaltungen teils kritisch bewertet werden, da intensivere Land­bewirtschaftung mit ungünstigeren Nährstoffbilanzen und einer Übernutzung der Wasserressour­cen erwartet werde. Dabei sei die Genehmigungspraxis in den Bundesländern sehr unterschiedlich. Letztlich gebe es allerdings allgemein anerkannte Merkmale zur Feststellung der Bewässerungsbedürftigkeit von Kulturpflanzen. Dabei gilt, dass die Bewässerungsbedürftigkeit steigt, je geringer die Nutzbare Feldkapazität (nFK) im effektiv durchwurzelten Bodenraum während der Vegetationsperiode ist.

Riesbeck stellte den saisonalen Wasserbedarf verschiedener Pflanzenarten vor, der in seiner Darstellung von 350 bis 550 mm bei Zwiebeln über Getreide (450 bis 650), Kartoffeln und Zuckerrüben (500 bis 750) bis zu 800 bis 1 600 mm bei Luzerne reicht. Die Wirtschaftlichkeit der Bewässerung hänge neben dem erzielbaren Mehrertrag auch von den erzielbaren gleichmäßigeren und besseren Qualitäten und damit der Marktfähigkeit ab. Vor etwa 20 Jahren sei man von einer Rangfolge der Kulturen ausgegangen, die von Gemüse und Obst angeführt wurden. Danach reihten sich Frühkartoffeln, Zuckerrüben, Speise- und Industriekartoffeln, Leguminosen, Ackerfutter, Intensivweiden und Getreide bei der Bewässerungswürdigkeit ein. Heute zeige sich eine zunehmende Beregnungswürdigkeit bei NaWaRo-Pflanzen für die Biogaserzeugung und Verbrennung. So würden in Mecklenburg-Vorpommern auf leichten Sandböden zunehmend Silomaisflächen beregnet, um sichere Erträge mit hohen Qualitäten für die Biogaserzeugung zu erzielen.

Für die Bewässerung spräche der Ausgleich einer negativen klimatischen Wasserbilanz während der Vegetationsperiode mit höheren Erträgen und guter Qua­lität. Die damit verbundene Ausschöpfung der Bodennährstoffvorräte vermindere auch die Auswaschungsgefahr. Schließlich seien durch moderne Steuerungs­verfahren Möglichkeiten zur Optimierung des notwendigen Wassereinsatzes gegeben.

Beregnungstechniken erläutert

Zu den Beregnungstechniken, deren Einsatzmöglichkeiten und Wirtschaftlichkeit sprach Dr. Se­bastian Weinheimer vom Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum Rheinpfalz. Zur Energie- und Nutzungseffizienz von Bewäs­serungssystemen seien Syste­me mit Tropfbewässerung im Vergleich zu Rohrbewässerungen und Beregnungsmaschinen am genausten bei der Wasserverteilung und am günstigsten beim Energiebedarf. So liege die Wassereffizienz bei der Tropfbewässerung bei einem Faktor von 0,9, die Rohrbewässerung erreiche 0,6 bis 0,7 und die Beregnungsmaschinen erreichten Wassereffizienzen von 0,6. Der Energiebedarf pro ha und Jahr betrage im Vergleich der Systeme 160, 810 und 1 000 kWh. Während die Verteilgenauigkeit bei der Tropfbewässerung durch druckkompensierte Systeme auf nahe 100 Prozent gesteigert werden kann, fallen die Rohrberegnungen und Maschinenregner erheblich ab (um 50 bis 60 Prozent). Weinheimer fordert, dass der Regnerabstand in Leitungsrichtung nicht größer als der Wurfradius des Regners beträgt und der Regnerverband nach dem Regnertyp (jeder Regnertyp hat einen idealen Verband) ausgerichtet wird. Es sei darauf zu achten, dass im Verband immer Regner mit gleicher Düse verwendet werden und bei langen Schlägen große Rohrdurchmesser zu Einsatz kommen. Neben einem optimalen Druckbereich sei peinlichst darauf zu achten, dass alle Regner senkrecht ausgerichtet sind. Er verdeutlicht dies bei verschiedenen Beregnungsverfahren, Wasserdrücken, Leitungsdurchmessern und unterschiedlichen Rohrmaterialien. Dabei stellt er fest, dass Wind während des Beregnungsvorgangs das größte Problem darstellt und zu erheblichen Abweichungen führen kann, bereits bei nur geringen Windgeschwindigkeiten. Zudem seien auch die Temperatur und die Regenverdaulichkeit des Bodens von Bedeutung.

Beregnungsmaschinen aus Kostensicht vorn

Hinsichtlich der Kosten seien allerdings die Beregnungsmaschinen allen anderen Systemen überlegen. Zudem seien hier jährliche Flächenleistungen bis zu 90 ha möglich, wobei im günstigsten Fall Gesamtkosten von etwa 180 Euro/ha (davon 110. Euro für jährliche Festkosten) entstehen würden. In der Regel würden diese Maschinen weniger als 300 Euro/ha verursachen. Stationäre Rohrberegnungen und Tropfbewässerungsanlagen erforderten wesentlich höheren Festkosten und höhere Aufwendungen für Lohn und Schlepperkosten bei der Umsetzung der Anlagen. Zudem beschränkt sich ihr Einsatz in der Regel auf kleinere Flächen bis fünf ha/Jahr. Dabei könnten die Bewässerungskosten von etwa 630 Euro/ha (Tropfbewässerung ohne Druckkompensierung) bis 1 360 Euro/ha (Tropfbewässerung mit Druckkompensierung) schwanken. Stationäre Rohrberegnungsanlagen erreichen im Kostenvergleich von Weinheimer Aufwendungen zwischen 750 Euro und 1 050 Euro/ha.

Jürgen Kleber von der Hochschule Geisenheim ging auf die sachgerechte Bewässerungssteuerung ein. Durch Optimierung der Bewässerungssteuerung und Bewässerungstechnik werde eine Steigerung der Effizienz in der Ressourcennutzung und gleichzeitig die Sicherung guter Qualitäten und hoher Erträge erreicht. Neben gärtnerischen Erfahrungen und Bodenfeuchtemessungen werde zur Bewässerungssteuerung vermehrt auf die klimatische Wasserbilanz zugegriffen, die verbrauchte Wassermengen in Relation zu Referenzverdunstungen setzt und so den Wasserverbrauch der Kultur bestimmen könne. Die klimatische Wasserbilanz werde nach dem Geisenheimer Steuerungsmodell in vier Schritten durch die Ermittlung des Bodenwasservorrats, durch Festlegen der Einzelgaben, eine Tagesbilanz und die Gesamtbilanz bestimmt. Die notwendige Datengrundlage könne für verschiedene Regionen aus Internetinformationen wie www.am.rlp.de/ (Gemüsebau/Bewässerungsservice) oder eigene Erhebungen bezogen werden.

Für die Berechnung der Verdunstung bieten sich Wetterstationen an, die zwischen 2 000 und 5 000 angeboten werden. Zu beziehen seien diese auch über Internethinweise wie www.agrowetter.de bei für bis zu 16 Kultu­ren bei Eingabe verschiedener Parameter Beregnungsempfehlungen bei einem Jahresbeitrag von 67,71 Euro gegeben werden. Durch die klimatische Wasserbilanz ist nach Kleber eine Beregnungssteuerung großflächiger Anlagen möglich, indem zunächst eine ausreichende Vorwegberegnung stattgefunden haben sollte und dann die Einzelgabenhöhen entsprechend der bodenphysikalischen Eigenschaften bestimmt werden. Diese müssen dann an die sich ändernde Durchwurzelungstiefe angepasst und mit dem täglichen Wasserbedarf der Kultur bilanziert werden. Die Beregnung sei dann durchzuführen, wenn die vorgegebene Einzelgabenhöhe erreicht ist.

Bei der Tropfbewässerung für kleinräumigere Anlagen sei eine Steuerung über die Bodenfeuchtemessung möglich. Dabei müsse die Messung in der Hauptwurzelzone erfolgen. Idealer Standort für den Sensor sei direkt an einer Tropfstelle, wobei der Sensor zum besseren Bodenschluss einzuschlämmen sei. Die Kosten für eine automatisierte Steuerung betragen so etwa 200 bis 300 €Euro.

Projekt des BMELV zur Bewässerung erläutert

Im Bundesprojekt „Effizienzsteigerung in der Bewässerung“ das vom Bundeslandwirtschaftsministerium und von der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung gefördert, durch die Hochschule Geisenheim koordiniert und durch die Landwirtschaftskammer Niedersachsen und den Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen durchgeführt wird, sollen die Projektergebnisse im kommenden Jahr im Rahmen von Hoftagen und Feldbesichtigungen auf den teilnehmenden Betrieben vorgestellt werden. In Zukunft sei eine Bewässerungssteuerung auch durch Pflanzensignale zum Wasserstatus vorstellbar. Die Wissenschaft untersuche dazu die Häufigkeit von Ultraschallemissionen in Pflanzen in Abhängigkeit zur Wasserversorgung.

Mit sogenannten Dendrometermessungen könne auch die Veränderung des Triebdurchmessers (zum Beispiel bei Spargel) in Abhängigkeit der Wasserversorgung der Pflanze ermittelt werden, wie auch durch Wasserpotenzialmessungen die Saugspannung der Pflanze abhängig zur Was­serversorgung bestimmt werden könne. Schließlich seien auch Modelle zur Bestimmung der Bewässerungsbedürftigkeit und Steuerung denkbar, die durch Bestandstemperaturen über Wärmebildkameras oder Satellitenbilder erfolgen. Die Forschungsaktivitäten an der Hochschule Geisenheim führten zu erfolgversprechenden Erkenntnissen. Kleber erwartet für die Zukunft, dass der gesamte Betriebsproduktionsprozess einschließlich Wasserhaushalt in Datenbanken und Schlagkarteien abgebildet wird. Dabei könnten Felder beispielsweise mit Hilfe des Programms „Google Earth“ angelegt werden, der Wasserversorgungszustand der Pflanzen in einer Schlagkartei angezeigt und die Bewässerung automatisch oder über Internet und Smartphone überwacht und gestartet werden. Eine Koppelung von Bewässerung und anderen Maßnahmen wäre ebenfalls möglich.

Im praktischen Teil informierte Walter Zerr vom Landesbetrieb Hessisches Landeslabor (LHL) an einem Bodenprofil über die physikalischen und chemischen Besonderheiten sowie über die wertbestimmenden Eigenschaften des Standorts. Eckhard Hambach von der Firma Hambach stellte Sensoren zur Feuchtebestimmung und Steuerungsmodule vor, Bettina Arteld von der Hochschule Geisenheim informierte über die Aktivitäten der Hochschule in Bezug auf die neuen Steuerungsverfahren auf dem Gebiet des Bewässerungsmanagements, Ralph Schleyer vom LLH ging auf das Vor­haben der Demonstrationsbetriebe zur Effizienzsteigerung der Bewässerungstechnik und des Bewässe­rungsmanagementes im Freilandgemüsebau ein und Claudia Schlei­cher vom LLH erläuterte die Grundberatung zur Wasser-Rahmen-Richtlinie. Frank Baresch informierte über die Aufgaben der Hessenwasser GmbH und Vertreter der Firmen „Netafim“, „amiad“, „Naandanjain“ und „grünundgut“ informierten über ihre Bewässerungssysteme.

Dr. Hildebrandt, LLH – LW 30/2013