Sobald die kalte Jahreszeit vorüber ist und die Temperaturen ansteigen, stehen die Rapsschädlinge in den Startlöchern. Erste Stängelrüssler fliegen bereits bei einer Lufttemperatur um die 10 °C. An sonnigen und windstillen Tagen bei Temperaturen um etwa 18 °C fliegt der Großteil der großen Rapsstängelrüssler in die Rapsflächen ein.
Auch der gefleckte Kohltriebrüssler schädigt den Raps. Er beginnt zeitlich im Vergleich zum großen Rapsstängelrüssler etwas später mit dem Reifungsfraß und der Eiablage. Die Larven des großen Rapsstängelrüsslers sind mehrheitlich im Haupttrieb zu finden, während die Kohltriebrüssler-Larven vorwiegend die Seitentriebe schädigen. Somit kann der große Rapsstängelrüssler potenziell einen größeren Schaden anrichten als der gefleckte Kohltriebrüssler.
Kontrolle der Rüssler mit Gelbschalen
Zur Kontrolle der Rüssleraktivität werden ab Vegetationsbeginn Gelbschalen in etwa 10 bis 20 m Entfernung vom Feldrand in den Schlägen aufgestellt (zwei bis vier Schalen je Fläche). Die Schalen sollten bis zur Hälfte mit Wasser gefüllt und mit einigen Tropfen eines Spülmittels versehen werden, sodass die Oberflächenspannung gebrochen wird. Sie sollten an einem Stab flexibel angebracht werden, sodass sie durch Anpassungen an die Bestandshöhe „mitwachsen“ können. Der Bekämpfungsrichtwert beim großen Rapsstängelrüssler liegt bei fünf bis zehn Käfern und beim gefleckten Kohltriebrüssler bei 10 Käfern je Gelbschale innerhalb von drei Tagen. Das ungeschulte Auge kann oft nicht so einfach zwischen großem Rapsstängelrüssler und geflecktem Kohltriebrüssler unterscheiden. Rüsselkäfer allgemein können jedoch gut (anhand des Rüssels) erkannt werden.
Wer nicht zwischen den beiden genannten Arten unterscheiden kann, sollte pragmatisch vorgehen: Wenn sich innerhalb von drei Tagen fünf bis zehn Rüsselkäfer (egal ob Rapsstängel- oder Kohlschotenrüssler) in der Schale befinden, sollte über eine Insektizid-Maßnahme entschieden werden. Wird die Bekämpfung gegen Stängelschädlinge verpasst, kann durch den Larvenfraß ein Schaden verursacht werden, der bis 30 Prozent Ertragsausfall bedeuten kann.
Bekämpfungstermin nicht verpassen
Der tatsächliche Ertragsverlust durch Rüsslerfraß hängt jedoch stark von der nachfolgenden Witterung ab. Versuche aus unterschiedlichen Bundesländern haben gezeigt, dass Raps bei nachfolgend günstiger Witterung grundsätzlich einen gesetzten Schaden ohne Ertragsausfall kompensieren kann. Im Vorhinein kann jedoch nicht abgeschätzt werden, wie sich der Vegetationsverlauf entwickeln wird, sodass eine Bekämpfung nach Bekämpfungsrichtwerten sinnvoll ist. Es sollte das Ziel sein, die Käfer des Hauptzufluges vor der Eiablage zu erfassen. Ein weiterer bedeutsamer Schädling im Frühjahr ist der Rapsglanzkäfer. Er frisst später im Verlauf der Vegetation die Knospen an und schädigt damit erst im Knospenstadium.
Strategie zur Bekämpfung der Rapsschädlinge
Seit einiger Zeit wirken die sogenannten Typ-II-Pyrethroide (wie Karate Zeon, Decis, Bulldock) bundesweit kaum noch gegen Rapsglanzkäfer. In einigen Regionen Deutschlands fallen auch Minderwirkungen dieser Mittel bei der Bekämpfung anderer Rapsschädlinge wie Erdfloh oder Kohlschotenrüssler auf. Der Grund ist die Ausbildung von Resistenzen durch die langjährige Verwendung dieser Wirkstoffgruppe und die damit einhergehende Selektion auf unempfindliche Schädlinge. Resistenzbildungen kann man nur mit Hilfe einer konsequenten Strategie entgegenwirken, die auf Wirkstoffgruppenwechsel basiert. Um eine Strategie mit Wirkstoffgruppenwechsel aufbauen zu können, muss auch eine Auswahl von Wirkstoffen zu Verfügung stehen, die zu unterschiedlichen Wirkstoffgruppen gehören (Tabelle 1). Diese müssen im Sinne eines wirksamen Resistenzmanagements zum richtigen Zeitpunkt eingesetzt werden.
Bekämpfung der Rüsselkäfer
Wie schon erwähnt, orientiert sich die erste Bekämpfung im zeitigen Frühjahr an den Fangzahlen des großen Rapsstängel- beziehungsweise des gefleckten Kohltriebrüsslers. Wenn gleichzeitig viele Rapsglanzkäfer in den Schalen vorhanden sind (mehr als 50 je Gelbschale), sollte ein Typ I-Pyrethroid (z.B. Trebon 30 EC) eingesetzt werden, um einer weiteren Selektion auf resistente Käfer entgegen zu wirken. Ziel dieser ersten Bekämpfung ist es, die Rüssler auszuschalten. Der Rapsglanzkäfer schädigt vor dem Knospenstadium noch nicht, einer weiteren Resistenzbildung auf Typ-II-Pyrethroide sollte jedoch entgegengewirkt werden. Wenn der Rapsglanzkäfer zu diesem Zeitpunkt noch nicht auftritt, was jedoch immer seltener wird, können alternativ auch Typ-II-Pyrethroide, wie Decis flüssig, Fury 10 EW, Karate Zeon oder Nexide eingesetzt werden. Die Typ-I-Pyrethroide unterscheiden sich im chemischen Aufbau von den bisherigen Pyrethroiden insofern, dass sie vom Schädling langsamer abgebaut werden und deshalb höhere Wirkungsgrade erreichen als Typ-II-Pyrethroide.
Der Wirkmechanismus der Gruppen Typ I und Typ II unterscheidet sich jedoch nicht. In absehbarer Zeit sind daher auch Resistenzen gegenüber Typ-I-Pyrethroiden zu erwarten, da die Wirkung in Labortests seit einiger Zeit abfällt. Bislang ist mit dieser Wirkstoffgruppe jedoch noch eine gute Wirksamkeit im Feld gegeben. Pyrethroide sind reine Kontaktmittel und wirken bei sehr günstigen Witterungsverhältnissen maximal acht bis zehn Tage. Bei wärmeren Temperaturen und einem starken Wachstum wirken die Pyrethroide jedoch nur sechs bis acht Tage oder weniger. Blattneuzuwachs ist nicht geschützt. Bei einem verzettelten Rüsslerflug, das heißt wenn der Zuflug witterungsbedingt in verschiedenen Schüben abläuft, sollte über eine Folgebehandlung nachgedacht werden. Hilfestellungen hierzu geben die regionalen Pflanzenbauberater.
Den ganzen Beitrag können Sie sich hier im PDF-Format herunterladen.Dr. Dominik Dicke, Rp Gießen, Pflanzenschutzdienst Hessen – LW 7/2018