Im Rahmen der Landwirtschaftlichen Woche Südhessen fand am 29. Januar der Hessische Gemüsebautag statt. Neben produktionstechnischen Vorträgen stand die regionale Vermarktung im Mittelpunkt der Veranstaltung.
„500 Kühe sind leichter zu managen als ein Hektar Erdbeeren“, stellte HBV-Präsident Friedhelm Schneider in seinem Grußwort fest. Er forderte genug Raum für die Gemüseanbauer im Hessischen Ried, denn dort liege der Absatzmarkt direkt vor der Haustür. Schneider kritisierte, dass das EU-Biosiegel keine Rücksicht auf die Regionalität der Produkte nehme, die vom Verbraucher immer stärker nachgefragt werde.
Chancen der regionalen Vermarktung
Eine Podiumsdiskussion mit Vertretern aus dem Lebensmitteleinzelhandel (LEH) und von Vermarktungsorganisationen zum Thema „Chancen der regionalen Vermarktung“, moderiert von Ulrich Groos, LLH Griesheim, begann mit den Statements der Teilnehmer.
Wolfgang Wenzel, EDEKA, betonte die eindeutige Differenzierung seines Unternehmens hinsichtlich lokaler Produkte. Daher pflege man auch den direkten Kontakt zu den Erzeugern. Und: Regional und Bio gehört seiner Ansicht nach zusammen.
Auch Hans Jürgen Kirsch von der Globus-Gruppe hob die Regionalität als Unternehmensziel hervor. Hierzu gehöre der bevorzugte Verkauf von in der Region erzeugten Nahrungsmitteln und der Vertragsanbau, der Planungssicherheit für die Märkte und die Erzeuger bringe. Kirsch definierte lokal als 10-km- und regional als 40-km-Umkreis. Unterstützt werde die Vermarktung durch Bauernmärkte vor Ort und entsprechende Präsentation in den Märkten.
Verbraucher haben Vertrauen in regional erzeugte Produkte
Rudolf Behr von der Norddeutschen Behr AG, die seit einiger Zeit auch in Hessen aktiv ist, erläuterte das regionale Vermarktungskonzept seines Unternehmens. „Für uns als nationaler Lieferant von Salaten und Gemüse bedeutet regionale Vermarktung eine Veränderung der über Jahre gewachsenen Produktionsverfahren und eine Erweiterung der Produktionspalette aufgrund geringerer Umsätze. Aber es lohnt sich, denn der regionale Anbau und dessen Vermarktung genießen beim Konsumenten ein hohes Vertrauen“, so Behr.
Wolfgang Lindner, Lindner Fruchtimport und Handelsgesellschaft, Frankfurt, wies auf die Vorteile der regionalen Ketten hin, denn diese seien durch kurze Transportwege umweltfreundlich und garantierten maximale Frische; zusätzlich würden die Familienbetriebe der Region gestärkt. Wichtig sei hierbei der Zugang zu den großen Verkaufsstätten durch Bündelung des Angebotes.
Keine Kompromisse bei der Qualität
Jochen Schloemer von der Gemüsering Stuttgart GmbH geht keine Kompromisse bei der Qualität ein. Zertifizierte Erzeuger, lückenlose Rückverfolgbarkeit und Kosteneffizienz gehören beim seit 16 Jahren in Südhessen tätigen Bündler zum Geschäftsmodell.
Auch Peter Grundhöfer, Geschäftsführer der gleichnamigen GmbH in Frankfurt, betonte die Bedeutung der Qualität, denn man dürfe die derzeit gut laufende Vermarktung regionaler Produkte nicht gefährden. Er warf die Frage nach der Definition von Regionalität auf: „Ist ein Bamberger Hörnchen bei uns noch regional?“
Regionale braucht auch die überregionale Vermarktung
Die genossenschaftliche OGA/OGV Nordbaden in Bruchsal, vertreten durch Hans Lehar, vermarktet über Versteigerungen, Telefonverkauf, den LEH und Industrie-Kontrakte. „Unsere Zielsetzung ist nicht die Gewinnmaximierung, sondern die Ausschüttung möglichst hoher Auszahlungspreise, so Lehar. Er betonte, dass eine regionale Vermarktung nur bei einer gleichzeitig funktionierenden überregionalen dauerhaft möglich ist. Denn wenn der Konkurrenzdruck zunehme und die regionale Versorgung gesichert sei, müssten auch Mengen nach draußen abfließen können.
Eduard Schendel von der OGZ in Griesheim zeigte, wie die Genossenschaft aus 25 Mitgliedern ihre im Ried und an der Bergstraße erzeugten Produkte in Hessen und Südwest-Deutschland absetzen. Auch er stellt einen Trend zur Nachfrage regionaler Produkte fest. Dabei seien hohe Flexibilität und Schlagkraft – beispielsweise bei der Verpackung – notwendig.
Zu viele Labels, zu hohe Kosten, Verbraucher informieren
In der sich anschließenden Diskussion wurde unter anderem kritisiert, dass es zu viele Labels und Hausmarken gebe, die das Komissionieren der Ware enorm aufwändig machten. Wolfgang Wenzel, EDEKA, erwiderte, dass man diese Mehrarbeit ruhig in Kauf nehmen sollte, um die sich bietenden Chancen zu nutzen.
Große Verunsicherung herrscht bezüglich der Mindestlöhne, die künftig auch in der Landwirtschaft gezahlt werden müssen. Während viele Erzeuger mit deutlichen Preissteigerungen rechnen, beziehungsweise um Marktanteile fürchten, geht Rudolf Behr nicht von nennenswerten Preiserhöhungen aus. Und Peter Grundhöfer machte klar: Das ist unsere Aufgabe, wir müssen entsprechende Preise aushandeln.
Klar wurde aber auch, dass dem Verbraucher immer wieder neu kommuniziert werden müsse, dass die hohen Standards und die gebotene Frische ihren Preis haben.
Flächenleistung um bis zu 245 Prozent gesteigert
Über die Chancen und Möglichkeiten einer GPS-gestützten mechanischen Unkrautbekämpfung berichtete im zweiten Teil der Veranstaltung Daniel Hege. Er hat im Rahmen seiner Masterarbeit an der TH Geisenheim und am Limburgerhof untersucht, wie sich solche Systeme auf Effizienz und Ökonomie eines Betriebes auswirken.
Er konnte zeigen, dass sich durch den GPS-Einsatz über die gesamte Saison hinweg die Flächenleistung um bis zu 245 Prozent steigern lässt – unter anderem durch höhere Fahrgeschwindigkeiten. Hinsichtlich der Verfahrenskosten geht Hege von einer Senkung um rund 60 Prozent aus, beispielsweise durch Verringerung des Arbeitszeitbedarfes und des Dieselverbrauchs.
Niedrigenergiegewächshäuser sollen praxisreif werden
Projektergebnisse der Zukunftsinitiative Niedrigenergiegewächshaus stellte Dr. Wolfgang Graf vom KTBL in Darmstadt vor. Demnach müssen Niedrigenergiegewächshäuser anders betrieben werden als herkömmliche, weil ein anderes Klima vor allem hinsichtlich des Lichtregimes herrscht. Mit dieser Technologie soll aber ein deutlich geringerer Energieeinsatz im Betrieb möglich sein. „Das kann zur Zukunftssicherung des Unter-Glas-Anbaus in Deutschland beitragen, ist Graf überzeugt.
KB – LW 6/2014