2017 | Zur Sache | LW HEUTE

Ringen um die Meinungsführerschaft

Die Grüne Woche bietet als weltgrößte Messe für Ernährung und Landwirtschaft mit entsprechender medialer Aufmerksamkeit jedes Jahr Anlass für agrarpolitische Zuspitzungen, aber auch für Aktionismus und das Ringen um Meinungsführerschaft. Das beginnt mit der bereits seit Jahren stattfindenden Kundgebung „Wir haben es satt“, die sich gegen vermeintliche Agrarfabriken richtet, und es geht weiter mit den Konzepten, die von verschiedenen Organisationen über die künftige Landwirtschaft veröffentlicht werden. Deutlich wird dabei, wie breit die Mitsprache bei landwirtschaftlichen Themen geworden ist, und dass auch Ressortzuständigkeiten keine Rolle mehr spielen. So veranstaltete das Bundesumweltministerium kurz vor Beginn der Grünen Woche einen Kongress unter dem Motto „Landwirtschaft mit Zukunft – ökologisch und gerecht“, auf dem Ministerin Hendricks eine Abkehr von der bisherigen Zwei-Säulen-Struktur und eine Umschichtung von bis zu 15 Prozent von der Ersten in die Zweite Säule in der noch laufenden Förderperiode forderte.

Konzepte stellten auch der Deutsche Bauernverband und die Deutsche Landwirtschafts-Gesellschaft vor. In seinem Positionspapier bekräftigte der DBV die Bereitschaft der Landwirtschaft zur ständigen Weiterentwicklung und Verbesserung. Die DLG glaubt derweil, dass mehr Selbstkritik nötig ist, und findet, dass die Landwirtschaft neue Wege gehen müsse. Der Unterschied der Herangehensweise rührt von der unterschiedlichen Struktur – hier die berufsständische Vertretung, dort der Fachtagungs- und Messeveranstalter.

Unterdessen stellte Bundeslandwirtschaftsminister Schmidt das lang ­angekündigte staatliche Tierschutzlabel vor. Angesichts der noch nicht fixierten Kriterien und der frühestens für das nächste Jahr anberaumten erstmaligen Vermarktung von Produkten unter diesem Label erschien die Vorstellung mit fallendem Vorhang etwas verfrüht. Wegen der zu Ende gehenden Legislaturperiode fühlte sich Minister Schmidt offensichtlich in Zugzwang. Das Gleiche gilt für die Vorstellung der Verfahren zur Geschlechtserkennung von Küken in der Legehennen-Zucht. Auch hier ist das Verfahren noch nicht praxisreif.

Cornelius Mohr – LW 4/2017