Aus der Region | LW HEUTE

Schwere Überschwemmungen in Nordhessen nach Unwetter

Auch die Landwirtschaft hat es schwer getroffen

Nach den starken Regenfällen am vergangenen Freitag in Nordhessen zeigt sich in vielen Gemeinden ein Bild der Verwüstung. Besonders groß sind die Schäden rund um die Stadt Trendelburg. Dort hat es neben zahlreichen Wohnhäusern auch eine Straußenfarm, einen Fischzuchtbetrieb und einen Bioland-Hof getroffen.

Der Fischzuchtbetrieb der Familie Dworak hat schwere Schäden davongetragen. Ein Transportfahrzeug für den Lebendtransport der Fische wurde vom Wasser erfasst und beschädigt. Foto: Fischzucht Dworak

Jörg Kramm, stellvertretender Vorsitzender des Regionalbauernverbandes Kurhessen (RBV Kurhessen), sagte, die Art der Schäden rund um die Stadt Trendelburg erinnerten an die Katastrophe im Ahrtal 2021. Der Starkregen sei in Nordhessen nur sehr lokal aufgetreten. Strom und Telefone sind in vielen betroffenen Ortsteilen ausgefallen und die Zufahrt ist nur schwer bis gar nicht möglich. Straßen wurden aufgerissen, Autos wurden weggeschwemmt. Kramm weiß von drei besonders schwer betroffenen landwirtschaftlichen Betrieben in Trendelburg. Getroffen hat es eine Straußenfarm, die Fischzucht in direkter Nachbarschaft und einen Bioland-Betrieb nahe dem Tierpark Sababurg.

Der Bioland-Hof liegt in einer Senke. Das Wasser, das aus der Gemeinde Gottsbüren nach dem Starkregen hangabwärts geflossen ist, hat sich nach Kramms Beschreibung in dieser Senke gesammelt. Es kann nur weiterfließen, wenn die Senke vollgelaufen ist. Und so stand nahezu der gesamte Betrieb bis zu 2 m tief unter Wasser. Die Maschinen und Geräte der betroffenen Familie sind voller Schlamm und durchnässt. Auch das Wohnhaus ist nicht mehr bewohnbar. „Zum Glück hat die Familie eine gute Elementarschadens- und Kaskoversicherung“, sagt Kramm am Telefon. Was diese letztendlich auszahlen und wie hoch die Schäden zu beziffern sind, ist bisher noch vollkommen unklar.

Die Fische sind weg und die Ernten gefährdet

Auch den Fischzuchtbetrieb Dworak hat es schwer getroffen. Die Teiche des Betriebs wurden überschwemmt. Die Fische sind nicht mehr in den Teichen, vermutlich sind sie von den Wassermassen erfasst und weggeschwemmt worden. In den sozialen Medien beschreibt der Betrieb die Schäden. Auf den Bildern sind kaputte Teichbecken, Schlamm und Treibgut sowie Beschädigungen an den Gebäuden zu sehen.

In direkter Nachbarschaft zu der Fischzucht befindet sich eine Straußenfarm. Sie hat es ebenfalls schwer getroffen. Auf deren Website sind Bilder der Überschwemmung zu sehen. Die Außenanlage der Strauße stand wohl nahezu komplett unter Wasser.

Kramm erzählt, er wisse von vermissten Schafen. Auch ein Traktor sei von den Wassermassen erfasst und fortgespült worden. Und auch die Ernte sieht Kramm in Gefahr. Was in Schwad auf den Feldern gelegen hat, ist weggeschwemmt worden. Die Flächen seien vermutlich für längere Zeit nicht befahrbar und die Qualität der Ernte werde, wenn noch geerntet werden könne, leiden, sagt er. Wie es mit den vom Unwetter betroffenen landwirtschaftlichen Betrieben in Nordhessen weitergeht, ist noch nicht absehbar. Entscheidend sei der Versicherungsschutz. Das gesamte Ausmaß und die finanizellen Schäden lassen sich laut Kramm derzeit noch nicht beziffern. Bisher sei nicht klar, inwieweit eine finanzielle Unterstützung durch das Land Hessen oder die Landkreise gegeben ist. Ob es eine Unterstützung speziell für betroffene Landwirte durch das hessische Landwirtschaftsministerium geben wird, sei jedoch noch unklar. Der RBV Kurhessen steht laut Kramm mit dem Hessischen Bauernverband in Verbindung und informiert seine Mitglieder, wenn mehr dazu bekannt ist.

Große Solidarität in den Dörfern

Die Bewohner der Ortsteile der Stadt Trendelburg sind weiterhin mit den Aufräumarbeiten beschäftigt. Kramm berichtet, dass viele Landwirte mit ihren Traktoren bei den Arbeiten unterstützen. Ziel sei es zunächst, die Dörfer wieder erreichbar zu machen und die Straßen freizuräumen, soweit dies möglich ist.

Der Hessische Rundfunk (HR) berichtete am Samstag von 170 Liter Regen pro m2 in 24 Stunden in Trendelburg-Gottsbüren. Im August seien es sonst durchschnittlich 69 Liter pro m2 im gesamten Monat. Dort sind die Schäden wohl am größten. Zahlreiche Wohnhäuser seien unterspült worden und nicht mehr bewohnbar. Am Montag hatte der hessische Innenminister Roman Poseck den Ort Gottsbüren besucht, um sich ein Bild von den Schäden zu machen. Die Hoffnung auf finanzielle Unterstützung der Anwohner blieb dabei jedoch offen. Er sagte dem HR, dass der Landkreis Kassel bereits ein Verfahren eröffnet hat, um Mittel nach der Elementarschadensrichtlinie des Landes Hessen zur Verfügung zu stellen. In welchem Umfang Mittel bereitgestellt werden können, ist bislang noch nicht bekannt.

AS – LW 32/2024