Krankheitsprophylaxe und selektive Therapieansätze tragen maßgeblich dazu bei, Leistung und Wirtschaftlichkeit von Milchviehbetrieben bei gleichzeitiger Steigerung des Tierwohls auf hohem Niveau zu halten. Innovative Strategien dazu haben Experten im Rahmen einer Informationsveranstaltung der Nutztierakademie von Bayer in Kevelaer kürzlich vorgestellt, wie das Unternehmen in einer Pressemitteilung erläutert.
Dr. Franz Pirro, bei Bayer Health Care Deutschland zuständig für den Bereich Tiergesundheit Nutztiere, sagte: „Mit unseren selektiven Therapiestrategien lässt sich den Forderungen von Gesellschaft und Politik zum verantwortungsvollen Einsatz von Medikamenten und der Steigerung des Tierwohls nachkommen und dies bei gleichzeitiger Produktion gesunder Lebensmittel aus gesunden und leistungsfähigen Tierbeständen“. Strategisches Ziel müsse es sein, die Gefahr von Parasitenbefall, Fütterungsfehlern, hohem Keimdruck und Neuinfektionen zu verringern sowie die Übertragung von Krankheitserregern durch Schadnager zu vermeiden.
Neue Strategie der Parasitenbekämpfung
Bei Rindern sind Magen-Darm-Würmer sowie Lungenwürmer weit verbreitet und stellen die häufigste Weidekrankheit dar. Der Fachtierarzt für Rinderkrankheiten, Dr. Andreas Striezel, zeigte auf, dass der strategische Einsatz von Endoparasitiziden in Form einer sogenannten selektiven Entwurmung den Anthelminthika-Verbrauch je nach System um 50 bis 90 Prozent senken kann. Die selektive Bekämpfungsstrategie besteht dabei aus mehreren Komponenten, wie weidehygienischen Maßnahmen, Weidewechsel und der gezielten Behandlung nur einzelner Tiere oder Tiergruppen, die einen hohen Befall mit Parasiten zeigen. Diese Strategie kommt vor allem Jungtieren, die das erste Mal auf der Weide sind und ein besonderes Gefährdungspotenzial haben, zugute. Die zunächst akuten klinischen Symptome des Parasitenbefalls könnten langfristig zu schlechterer Fruchtbarkeit, erhöhter Anfälligkeit für Erkrankungen, Leistungseinbußen und damit verbundenen erheblichen wirtschaftlichen Verlusten führen.
Euter in der Trockenstehzeit gesund erhalten
Etwa 60 Prozent der Mastitiden in der Frühlaktation werden durch Infektionen der Milchdrüse in der Trockenstehzeit hervorgerufen, so Bayer Health Care in der Pressemitteilung. Trockenstellverfahren mit antibiotischen Trockenstellern sind ein wirkungsvolles Instrument, um mit umwelt- oder kuhassoziierten Mastitiserregern infizierte Euterviertel erfolgreich zu therapieren und zu schützen. Nach Ansicht des Tierarztes Ludger Reichling erfordert ein selektives Trockenstellen neben der genauen Evaluierung und Überwachung der spezifischen Herdenkennzahlen wie Tankmilchzellzahl und Leitkeimbestimmung auch die tierindividuelle Erhebung von Parametern wie Laktationshistorie und spezifische Euterviertelbefunde.
Besondere Bedeutung komme bezüglich der Gefahr von Neuinfektionen den ersten und letzten Wochen der Trockenstehzeit zu, da zu Beginn und zum Ende dieses Zeitraums der mechanische Zitzenverschluss durch den Keratinpfropf und die eutereigenen Abwehrmechanismen noch nicht oder nicht mehr ausreichend funktionieren und Mastitiserreger ungehemmt eindringen können. Um den mangelhaften Zitzenverschluss auszugleichen, sollte laut Ludger Reichling kein Trockenstellen ohne einen Zitzenversiegler erfolgen. Um der Forderung zum verantwortungsvollen Umgang mit Antibiotika nachzukommen, kann das „selektive Trockenstellen“ auf Ebene der Einzelkuh sowie die generelle Verwendung eines Zitzenversieglers auf Herdenebene ein wertvoller Beitrag sein. Für diesen Fall bietet Bayer Health Care nach eigenen Angaben ein Portfolio von Optionen an.
App hilft Leistungseinbußen zu vermeiden
Die Körperkonditionsbestimmung bei hochleistenden Milchkühen ist ein wichtiger Faktor zur Überwachung der Herdengesundheit und gibt frühzeitig Hinweise auf Fütterungsfehler und mögliche spätere Stoffwechselerkrankungen. Die Körperkondition (BCS) von Milchkühen sollte daher nicht nur über die gesamte Laktationsperiode hinweg einen angemessenen Verlauf zeigen, sondern Kühe sollten vor allem in optimaler Körperkondition trockengestellt werden, HF-Kühe beispielsweise mit einer BCS-Note von 3,5.
Bayer Health Care hat die App BCS Cowdition entwickelt, die die Körperkondition von Milchkühen schnell ermitteln lässt und die Überwachung der Herdengesundheit vereinfacht. Die Smartphone-Anwendung für Android und iOS stehe als kostenloser Download im Google Play Store und App Store zur Verfügung. Die Bedienung der Bayer- App BCS Cowdition ist selbsterklärend. Der Anwender muss die Kuh nur von hinten und von der Seite fotografieren, um in wenigen Schritten durch Auswählen vorgegebener Körperlinien die BCS-Note zwischen 1 und 5 in Viertel-Konditionsnoten zu bestimmen.
Schadnager bekämpfen
Ratten und Mäuse sind in landwirtschaftlichen Betrieben weit verbreitet. Das Ausmaß eines Befalls und die von ihm ausgehende Gefährdung für die Gesundheit des Bestandes werden oft unterschätzt, so Bayer Health Care. Wissenschaftliche Untersuchungen zeigten, dass Mäuse und Ratten Überträger und Reservoir gefährlicher Krankheitserreger sind. Einige davon, wie Salmonellen oder Campylobacter werden mit dem Kot über längere Zeit ausgeschieden. Der Erfolg einer Schadnagerbekämpfung hängt laut Volkmar Hedwig von Bayer Crop Science im Wesentlichen von der Verteilung und regelmäßigen Versorgung der Köderstellen ab. Auch die entlegenen und von Ratten bevorzugten Plätze des Betriebes müssen einbezogen werden.
Das Bekämpfungsverfahren Bay Tool (www.baytool.de) erleichtere dem Landwirt die Spurensuche und ermögliche eine lückenlose Dokumentation. Für die Bekämpfung von Schadnagern werden fast ausschließlich Blutgerinnungshemmer verwendet, die von Bayer als Pastenköder (Racumin Paste, Rodilon Paste und Racumin Schaum), Getreideköder oder Wachsblocks angeboten werden. Diese Mittel wirken verzögert, erst nach einigen Tagen, so Bayer Health Care. Dadurch verhindern sie, dass Ratten die schnell einsetzende Wirkung und Köderaufnahme miteinander assoziieren und den Köder meiden. Das Zusammenspiel aus der Bay Tool-Strategie und dem Wirkstoffportfolio von Bayer stelle eine effektive Schadnagerbekämpfung dar und reduziere die Gefahr für die Tiergesundheit in betroffenen und benachbarten Beständen.
LW – LW 14/2015