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Spargel-Saison-Eröffnung unter erschwerten Umständen

Meinhardt befürchtet Verluste von 60 bis 70 Prozent

So früh wie nie wurde am Mittwoch vergangener Woche in diesem Jahr die hessische Spargelsaison in Weiterstadt eröffnet. Wie Rolf Meinhardt, Vorsitzender des Arbeitskreises Spargel Südhessen, gegenüber dem LW erklärte, sei der Spargel in diesem Jahr besonders geschmackvoll und butterzart, bedingt durch ein stetiges Wachstum. Obwohl sich die südhessischen Spargelanbauer über die lange Erntezeit freuen könnten, erwarten sie eine schwierige Saison mit vielen Herausforderungen.

Unter den strengen Augen von Rolf Meinhardt, Vorsitzender des Arbeitskreises Spargel Südhessen, sticht die neue Hessische Spargelkönigin Saskia I. den Spargel und eröffnet damit die Spargelsaison 2020 in Hessen. Foto: mgh

Meinhardt geht davon aus, dass in diesem Jahr nur 30 bis 40 Prozent der verfügbaren Menge an Spargel geerntet werden kann. Denn nur rund 20 Prozent der ausländischen Saisonarbeitskräfte konnten bisher aufgrund der Maßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus einreisen. „Das ist für viele Betriebe eine Katastrophe“, so Meinhardt. „Es tut uns in der Seele weh, wenn wir Flächen nicht ernten können und sie schon frühzeitig aus der Produktion nehmen müssen“.

Eine Million statt 200 000 Arbeitskräfte erforderlich

Er habe hochgerechnet, dass statt der 200 000 Arbeitskräfte, die sonst für die Spargel- und Erdbeerernte anreisen, in diesem Jahr ungefähr eine Million Arbeitskräfte benötigt würden, wenn man davon ausgehe, dass die meisten Erntehelfer in Teilzeit oder auf Minijob-Basis arbeiteten. Das sei eigentlich kaum machbar und auch nicht logisch. „Wir fühlen uns hier von der Bundesregierung allein gelassen, wurde doch kürzlich betont, dass die Landwirtschaft systemrelevant sei“, ergänzt er. (Die Einigung zwischen Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner und Innenminister Horst Seehofer zur Freigabe der kontrollierten Einreise von 40 000 Erntehelfern wurde einen Tag nach der Spargelsaisoneröffnung bekannt gegeben, Anm. der Redaktion).

Erntehelfer gesucht über bundesweite Plattform

Auch die hessische Landwirtschaftsministerin Priska Hinz ruft zur Unterstützung der heimischen Landwirtschaft auf. Dass die Saisonarbeitskräfte zurzeit nicht kommen könnten, sei eine zusätzliche Härte für die Bauern. Sie sorgten für Ernährungssicherheit, zusammen mit allen weiteren Menschen, die im Bereich Produktion, Logistik und Verkauf tätig seien. „Das hat unseren Respekt und unseren Dank verdient. Die Gründe der Bundesregierung sind mit Blick auf den Infektionsschutz der Erntehelfer nachvollziehbar“, so Hinz.Trotzdem wäre es aus ihrer Sicht richtig gewesen, wenn sich die Landwirte auf das Einreiseverbot hätten vorbereiten können. Hoffentlich dauere es nicht so lange. Gut sei, dass die Regelungen zur Arbeitnehmerüberlassung gelockert worden seien, damit Beschäftigte aus anderen Branchen in der Landwirtschaft aushelfen könnten. Über die Plattform www.bauersuchthilfe.de seien bereits 300 Menschen in Hessen an Landwirtschaftsbetriebe vermittelt worden.

Verkaufsbuden bieten frischen Spargel ganz nah

Die Verkaufsbuden der Spargelerzeuger werden nach Meinhardt voraussichtlich wie gewohnt geöffnet sein. Dafür werde die Versorgung des Großhandels mit Spargel geringer ausfallen, da die Gastronomie als Abnehmer wegfalle (rund 20 Prozent der Abnehmer). Die Buden böten eine gute Möglichkeit, in räumlicher Nähe frische Lebensmittel einzukaufen und dabei die Schutzmaßnahmen einzuhalten.

„Die Spargelbauern werden ihrerseits alles dafür tun, die notwendigen Hygienemaßnahmen einzuhalten“, so Meinhardt. Ein Kilogramm Spargel der ersten Klasse kostete vergangene Woche 16,90 Euro. Aufgrund der schwierigen Erntebedingungen werde der Preis 2020 voraussichtlich nicht so schnell sinken wie in den vergangenen Jahren.

Neue Hessische Spargelkönigin Saskia I.

Die neue hessische Spargelkönigin Saskia I. hätte sich für den Start in ihre Amtszeit andere Bedingungen gewünscht. Sie rief die Verbraucher dazu auf, bis zum 24. Juni so viel Spargel wie möglich zu essen und die Spargelbauern zu unterstützen. „Gerade in diesen schwierigen Zeiten tröstet der Genuss von Spargel vielleicht ein wenig über die Sorgen hinweg“, so Saskia I.

Spargelerzeuger nutzen Geprüfte Qualität – Hessen

Wie die Marketinggesellschaft Gutes aus Hessen verlautbarte, habe sich der größte Teil der südhessischen Spargelerzeuger dem Qualitäts- und Herkunftszeichen „Geprüfte Qualität – Hessen“ angeschlossen und stelle damit sicher, dass der unter diesem Siegel vermarktete Spargel von hessischen Feldern stamme. Es garantiere dem Verbraucher zusätzlich, dass der Betrieb jährlich Kontrollen unterzogen wird und die Produkte über dem gesetzlichen Standard liegende Qualitätsanforderungen erfüllen müssen.

mgh – LW 15/2020