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Taugt die Erbse als heimischer Eiweißlieferant?

Demonstrationsnetzwerk Erbse und Bohne startet

Seit diesem Jahr gibt es das Demonstrationsnetzwerk Erbse und Bohne, ein Projekt der Bundesanstalt für Ernährung und Landwirtschaft, das bis 2018 gefördert wird. Wie bereits bei Soja und Lupine möchte das Bundeslandwirtschaftsministerium auf diese Weise den Anbau von heimischen Eiweißpflanzen steigern. Bundesweit gibt es 75 Demonstrationsbetriebe, die sich am Anbau von Erbsen und Bohnen beteiligen. Das LW besuchte einen der sechs rheinland-pfälzischen Betriebe im Rahmen einer Feldbegehung.

Heimische Erbsen und Bohnen sollen zukünftig neben Soja einen Teil des Eiweißbedarfs decken, um den Import von GVO-Soja zu reduzieren. Das geht nur, wenn Anbau und Vermarktung sicherer werden. Foto: Setzepfand

Christian Kussel, der 31-jährige Betriebsleiter des Eichenhofs in Rommersheim bei Wörrstadt, ist nicht zufrieden mit seinen Erbsen in diesem Jahr. Seit sechs Jahren baut er die Sorte Alvesta an. Bisher schätzte er an dieser Kultur, dass er diese einfach nur aussät, einmal eine Herbizidspritzung durchführt und dann ernten konnte. „Dieser geringe Aufwand passt gut in den Betriebsablauf. Dieses Jahr ist das anders“, sagt er. Die Aussaat erfolgte mit den Zuckerrüben, als die Sommergerste im Boden war. Für die Spritzung des Herbizids Bandur war es zu nass, sodass Kussel etwas später eine Spritzung mit 2 l Stomp Aqua und Basagran vorgenommen hat. Es erfolgt keine N-Düngung, nur eine Grunddüngung über die Fruchtfolge.

Geringer Arbeitsaufwand für Erbsen – bisher

In all den vorherigen Jahren musste Kussel den Blattläusen keine Beachtung schenken, ganz anders dieses Jahr. Die Hälfte der 18 ha musste mit Pirimor gegen Blattläuse behandelt werden, und Botrytis zeigt sich nun auch. „Bei dem vielen Regen müssten die Bestände doch doppelt so hoch sein“, meint Kussel und schaut auf die kniehohen Erbsen, die dennoch gut mit Hülsen behangen sind. „In meinen Erbsen-Beständen ist die Blattlausbekämpfung eine der wichtigsten Maßnahmen“, sagt Alfons Holler, Erbsenvermehrer aus Kriegsfeld, der dort seit 25 Jahren vor allem Alvesta vermehrt. Die Blattläuse saugen die Blüten aus, sodass es schon gar keine Hülsen gebe. Die Botrytis sei nun nicht mehr gefährdend, die Hülsen sind voll ausgebildet.

„Teils haben Landwirte ein Fungizid gegen Botrytis gespritzt“, weiß der Berater des DLR Rheinhessen-Nahe-Hunsrück, Martin Nanz, nimmt den Spaten und schaut sich die Wurzeln an, um die Vitalität zu beurteilen. Es zeigen sich kaum Knöllchenbakterien und teils sind die Wurzeln braun. Es wird diskutiert, ob wegen des vielen Regens eine Bodenverdichtung vorliegt, wurde gepflügt, nein sagt Kussel. Wie sich im Labor des DLR RNH in Bad Kreuznach herausstellt, ist Phoma die Ursache für das schlechte Wurzelwachstum, siehe Kasten.

Das DemoNet Erbse und Bohne

Das Demonstrationsnetzwerk Erbse und Bohne hat zum Ziel, dass der Anbau dieser Kulturen ausgeweitet wird

Es nehmen konventionelle und ökologisch wirtschaftende Betriebe teil. Es soll die ganze Wertschöpfungskette vom Anbau, der Beratung zur Bündelung und Aufbereitung über die Qualitätsbewertung bis zur Vermarktung und Verfütterung optimiert werden. Es werden auch überregionale Wertschöpfungsketten für die Vermarktung im Mischfutter- und Lebensmittelbereich angestrebt. Die Beratung wird in Rheinland-Pfalz über das DLR RNH in Bad Kreuznach gebündelt, bundesweit ist die Zentrale am LLH in Kassel zuständig, Ulrich Quendt ist der Ansprechpartner, Tel. 0561/ 7299-307. Näheres hier. Derzeit laufen Sortenversuche an den DLR, die die Grundlage für die jährliche Sortenempfehlung darstellen. Ein Ziel ist es eine Internetseite mit allen notwendigen Informationen, ähnlich der Soja-Seite aufzubauen, um den Landwirten somit genügend Informationen an die Hand zu geben.

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Klaus Kussel, der Vater, und Christian Kussel arbeiten seit sieben Jahren zusammen in einer GbR und seit über zehn Jahren ohne Pflug. Der Vater kümmert sich um den zweiten Betrieb, die Metzgerei mit Direktvermarktung. Denn in den Ställen werden 450 Mastschweine gehalten. Einen Großteil vermarkten sie selbst in der Hofmetzgerei, der Rest geht an zwei Metzgereien in der Region. Eine Tonne Erbsen ersetze in der Kusselschen Schweinefütterung eine halbe Tonne Sojaschrot und eine halbe Tonne Gerste. Pro Tonne generiere der Betrieb rund 40 Euro Mehrwert durch die Eigenverwertung der Erbsen. Der Handelswert der Erbsen liegt derzeit bei rund 17,50 Euro/dt. „Als die Diskussion um gentechnisch verändertes Soja vor zehn Jahren aufkam, da fingen wir an, uns Gedanken zu machen. Mein Vater hat vor 15 Jahren bereits zwei Jahre lang Erbsen angebaut, doch es hat nicht funktioniert. Er hat entnervt aufgegeben. Nun hatte ich fünf Jahre Erfolg mit 5 t/ha und muss nun feststellen, dass es auch anders sein kann“, sagt Kussel.

Vermarktung ist derzeit ein Nadelöhr

Mit den Erbsen der letzten Jahre konnten 40 Prozent des Sojaeinsatzes im Betrieb ersetzt werden. Was nicht verfüttert werde, das lässt Kussel per Dolly-System von der RWZ, das bedeutet er leiht einen LKW-Anhänger, stellt diesen an den Feldrand und lässt ihn nach der Füllung von der RWZ abholen, das funktioniere gut. Die Vermarktung ist derzeit oft noch ein Problem. Ein Landwirt war von der Mosel gekommen und erzählte, dass er direkt an viehhaltende Betriebe liefere. Ein Mitarbeiter der Firma Seemann in Hahnheim, Johannes Walter aus Stetten, erklärte, dass Seemann in der Proland-Gruppe seit vergangenem Jahr Erbsen aufnimmt und insgesamt rund 900 t vermarktete.

2016 – ein Jahr mit neuen Erfahrungen

Außer den 18 ha Erbsen baut Kussel Junior auf dem 140 ha Ackerbaubetrieb Zuckerrüben, Winterweizen, Wintergerste, Sommergerste und bis ins vergangene Jahr auch Sonnenblumen an. „Ich musste dieses Jahr auch lernen, dass man nach Sonnenblumen drei Jahre warten sollte bis Erbsen angebaut werden, denn die Sonnenblumen kamen wieder durch“, sagt Kussel. Auch den Sojaanbau hat der Betrieb für zwei Jahre getestet und wieder eingestellt, weil es sich mit 2 t/ha nicht gerechnet hat.

„Soja muss getoastet und entölt werden, dazu gibt es hier in der Region keine Gelegenheit“, sagt Kussel. Und Christine Zillger vom Kompetenzzentrum Ökologischer Landbau in Bad Kreuznach bemerkt auf Anfrage, dass bis heute eine Sortenempfehlung für Soja schwierig sei, man eine Bewässerungsmöglichkeit haben sollte, da Soja zur Blüte im Juli viel Wasser benötige. Kussel sagt: „Wenn es mal Sorten gibt, die früher reif sind, dann können wir wieder darüber reden.“ Martin Nanz bemerkt abschließend zur Erbse, dass man bei dieser Kultur auch auf den Erbsenwickler und den Samenkäfer achten müsse. Während der Erbsenwickler für die Futterverwertung kein Problem darstelle, sei der Samenkäfer ein Schädling, der über das Saatgut verbreitet wird. Bei steigendem Anbau muss verstärkt auf eine ausreichende Fruchtfolge, auf die Blattläuse, den Erbsenwickler und den Samenkäfer geachtet werden.

Bisher werden von den 75 Demonstrationsbetrieben in Deutschland überwiegend die Sorten Alvesta, Respect, Astronaute und Rocket angebaut. Bei den Ackerbohnen sind es die Sorten Fanfare und Fuego. 60 Prozent der beteiligten Betriebe arbeiten konventionell, 40 Prozent ökologisch. Jeweils die Hälfte aller Betriebe baut Erbsen oder Bohnen an. Ein Drittel der Betriebe im Netzwerk sind Marktfruchtbetriebe, die Erbsen oder Bohnen überbetrieblich verkaufen, zwei Drittel verwerten, wie Kussel, die Erbsen oder Bohnen innerbetrieblich.

zep – LW 28/2016
Vom Hobby zum Beruf Spaß an der Arbeit ist für Familie Kussel entscheidend