Der Hessische Bauernverband hatte letzte Woche zur Erntepressekonferenz nach Bad Homburg geladen. Erste Ergebnisse bei Getreidedrusch lassen auf gute Wintergerstenerträge schließen, aber für alle später geerntete Früchte werden deutliche Einbußen erwartet.
Der Präsident des Hessischen Bauernverbandes (HBV), Karsten Schmal, stellte auf dem Kronenhof in Bad Homburg überregionalen Medienvertretern eine erste Bilanz zur Getreideernte in Hessen vor. „Die Ernte hat bedingt durch die Trockenheit und Hitze in diesem Jahr in Südhessen schon Ende Juni begonnen. Die bereits geerntete Wintergerste konnte die Feuchtigkeit aus der kalten Jahreszeit nutzen und weist hohe Erträge auf. Bei uns im Betrieb am Edersee haben wir rekordverdächtige 9,3 Tonnen geerntet.“
Auf guten Böden wurden laut Bauernverband Spitzenerträge von bis zu 110 dt pro Hektar erreicht. Meist liege der Wintergersten-Durchschnitt bei guten 80 bis 90 dt/ha. „Die sehr trockenen Körner haben das Dreschen zwar erschwert, aber auch die Qualität ist insgesamt gut“, so Schmal.
Erwartungen bei Winterweizen gedämpft
Die Ernte des Winterweizens habe jetzt begonnen, die Erwartungen seien jedoch gedämpft. „Durch die Hitze ist der Weizen ungewöhnlich schnell abgereift – die Halme blieben teils grün, während die Körner schon trocken waren. Die nötigen Niederschläge kamen zu spät,“ führte der HBV-Präsident aus. Viele Betriebe rechneten daher mit unterdurchschnittlichen bis maximal durchschnittlichen Erträgen. Beim Winterraps sieht es ähnlich aus: Auch hier führten Hitze und Trockenheit zu einer schnellen Abreife, die Ernte steht kurz bevor.
Bei den Sommerungen seien die Erträge noch schwer abzuschätzen. Allerdings müsse aufgrund der Trockenheit je nach weiterem Witterungsverlauf mit Minderträgen gerechnet werden. Zuckerrüben, die nicht beregnet werden können, zeigten schon teils schlafende Bestände. Und auch der Mais rolle schon die Blätter ein. Die Niederschläge der letzten Tage seien aber noch rechtzeitig gekommen, so dass sich die Pflanzen wieder erholten.
Als besorgniserregend bezeichnete Schmal die weitere Ausbreitung der Schilf-Glasflügelzikade. Sie bedroht zahlreiche Kulturen, darunter Kartoffeln, Zuckerrüben, Rote Beete und Zwiebeln. Die von ihr übertragenen Krankheiten könnten erhebliche Ertrags- und Qualitätsverluste verursachen, im schlimmsten Fall bis hin zum Totalausfall.
Leider sei trotz eher geringerer Ernteerwartungen das Getreide-Preisniveau weiterhin unbefriedigend. „Unsere Kosten für Diesel, Saatgut, Pflanzenschutz und Dünger sind weiterhin hoch. Ich werde für meinen Betrieb die Gerste nicht für 15,50 Euro verkaufen. Dann geht sie eben im Betrieb ins Futter“, so Schmal. Diese Möglichkeit habe aber nicht jeder. In diesem Zusammenhang kritisierte er auch die geplante Kürzung das GAP-Budgets um über 20 Prozent.
Bei Sonderkulturen wie Spargel oder Erdbeeren weise Deutschland eine deutliche Unterversorgung mit heimischer Ware auf. Zwar habe die neue Bundesregierung angekündigt, diesen Bereich stärken zu wollen, jedoch werde die geplante Erhöhung des Mindestlohnes das Gegenteil bewirken. „Im europäischen Ausland liegt der Mindestlohn deutlich darunter. Wenn die Spargel- und Erdbeeranbauer bald 14,60 Euro zahlen müssen, werden sie nicht mehr wettbewerbsfähig sein, und in der Folge wird es keinen deutschen Anbau mehr geben“, warnte der HBV-Präsident.
„Beim Weizen und bei Sommerungen bleibt die Lage angespannt. Die extremen Wetterlagen und neue Schädlinge machen deutlich, dass hohe Ernten nicht selbstverständlich sind,“ sagte Schmal und betonte: Die Landwirtschaft braucht verlässliche politische Rahmenbedingungen, um zukunftsorientiert planen und investieren zu können.
Teilweise deutliche Mindererträge im Grünland
Stefan Wagner, Vorsitzender des Kreisbauernverbandes (KBV) Hochtaunus und Gastgeber der Veranstaltung, ergänzte, dass vor allem im Taunus die Erträge lokal sehr unterschiedlich ausfallen. „Vor allem bei der Futterversorgung könnte es knapper werden, denn sowohl beim Futtergetreide, vor allem aber im Grünland sind doch einige Mindererträge festzustellen beziehungsweise noch zu erwarten.“
Martin Trapp, KBV-Vorstandsmitglied aus Oberursel, merkte an, dass sein Kartoffelanbau merklich unter der Trockenheit zu leiden hat. „Drei Wochen ohne regen sind OK, aber dann wird es problematisch. Die Erträge sind schwankend, was zu meiner Kindheit noch nicht der Fall war, denn es hat damals auch über den Sommer immer wieder nach Hitzeperioden geregnet.“ Auch bei Kartoffel seien die Preise relativ schwach, aber durch seine Direktvermarktung im Ballungsraum könne er noch damit leben. Andererseits hätte die Landwirtschaft in dieser Region ständig mit Flächenverlusten durch Baumaßnahmen zu kämpfen.
KB – LW 30/2025