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„Unsere Bauern brauchen rasche Hilfe“

Bouffier in Runkel – HBV thematisiert Ferkelerzeugung

„Hessen wird keine Politik betreiben, die am Ende dazu führt, dass die Betriebe aufgeben müssen.“ Dies sagte der Hessische Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) in Bezug auf die Ferkelerzeugung am Mittwoch vergangener Woche auf dem Betrieb von Roland und Heiko Schmidt in Runkel-Schadeck.

Heiko Schmidt schilderte dem Ministerpräsidenten die Sorgen und Nöte der Landwirte zum Beispiel beim Stallbau und bei der Wertschätzung in der Bevölkerung. Foto: Mohr

Es nütze nichts, wenn man Standards setze, die niemand mehr erfüllen könne. Damit sei weder den Tieren noch den Verbrauchern geholfen, da sich die Produktion ins Ausland verlagere, so der Ministerpräsident. Der vierte Weg bei der Ferkelkastration, die Lokalanästhesie, erscheine ihm vernünftig zu sein, sagte Bouffier. Er schränkte jedoch ein, dass er das Für und Wider der Verfahren nicht vollständig überblicke. Der Ministerpräsident bot an, sich zum Thema Ferkelerzeugung nochmals mit dem Berufsstand zusammenzusetzen.

Praxisgerechte Lösungen für die Sauenhalter

Zuvor hatten ihn Marco Hepp, der in Hünfelden-Dauborn 450 Sauen hält, sowie der Präsident des Hessischen Bauernverbandes, Karsten Schmal, sehr eindringlich darum gebeten, sich für eine praxisgerechte Lösung in Anbetracht des anstehenden Verbots der betäubungslosen Ferkelkastration einzusetzen. Schmal kritisierte zudem ein weiteres Mal das Vorpreschen Hessens als Reaktion auf das Kastenstandurteil, obwohl es noch keine bundeseinheitliche neue Regelung gebe. Mit dem von der Landesregierung herausgegebenen Erlass habe das Land große Verunsicherung in den sauenhaltenden Betrieben und bei den Veterinärämtern ausgelöst.

Bouffier hatte sich bei dem Betriebsbesuch, der vom CDU-Landtagsabgeordneten Andreas Hofmeister und dem Kreisbauernverband Limburg-Weilburg unter Leitung des Vorsitzenden Armin Müller organisiert wurde, für schnelle Hilfen für die Bauern aufgrund der Dürreschäden ausgesprochen. Er machte klar, dass dazu belastbare Zahlen vorliegen und die Hilfen EU-rechtskonform sein müssten. Er hoffe, dass bis Ende August darüber Klarheit herrsche. „Unsere Bauern brauchen jetzt rasche Hilfen. Wir haben schon einiges auf den Weg gebracht.“ Er spielte damit auch auf die Nutzung der ÖVF-Flächen zur Futtergewinnung an. „Zusätzlich streben wir an, bis zu 50 Prozent der Ertragsausfälle auszugleichen bei Betrieben, die einen deutlichen Ertragsrückgang nachweisen können.“ Hilfen seien gerechtfertigt, weil dadurch die regionale Produktion erhalten bleibe, sagte der Ministerpräsident. Besonders betroffen seien die Viehalter. Die Hessische Landesregierung habe bereits zugesagt, die steuerlichen Vorauszahlungen der Landwirte wegen der aktuellen Lage abzusenken oder sogar ganz zu stornieren. Die Finanzämter würden schnell entscheiden und dabei im Rahmen der Ermessensspielräume die besondere Situation berücksichtigen.

Erste Säule nicht an neue Bedingungen knüpfen

Mit Blick auf das Auf und Ab der Märkte und das Ertragsrisiko plädierte Bouffier dafür, die Risiken mit Mehrgefahrenversicherungen zu entschärfen. Allerdings müssten diese attraktiver werden.

Außerdem sprach er sich für den Erhalt der Ersten Säule der Gemeinsamen Agrarpolitik aus, weil diese auch zur Einkommensstabilisierung beitrage. „Ich möchte die erste Säule stabil halten und nicht an 25 neue Bedingungen knüpfen, die die Zahlungen weniger planbar machen“, sagte der Ministerpräsident und spielte damit auf die sogenannte Konditionierung der Zahlungen an, mit der sie an neue Bedingungen geknüpft werden sollen.

Ein weiteres Thema war die Umsetzung der Düngeverordnung. HBV-Präsident Schmal machte deutlich, dass die Viehhalter zum Teil gezwungen sind, erhebliche Summen in neue Güllelagerstätten zu investieren. Dies könnten sich die Betriebe nicht leisten. „Zudem werfen die Investitionen keinen Ertrag ab“, so Schmal.

Betriebsleiter Heiko Schmidt erläuterte dem Ministerpräsidenten, wie schwer es heutzutage ist, in den Betrieb zu investieren. Bis die Baugenehmigung erteilt und alle Gutachten beigebracht seien, vergingen zwei bis drei Jahre. Die Finanzplanung und die Verabredungen mit den Baufirmen würden dabei zum Teil hinfällig. Außerdem beklagte er das zunehmende Unverständnis und Misstrauen der Bevölkerung gegenüber der Landwirtschaft. Der Ministerpräsident zeigte Verständnis für die Sorgen und verwies auf die fundamentalen Veränderungen in der Gesellschaft, auf die man sehr differenziert eingehen müsse.

CM – LW 33/2018