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Wahrzeichen der „Bäuerlichen“ in Limburg verschwunden

Folge des Wandels in der regionalen Agrarwirtschaft

Viele Jahre war der Turm der Raiffeisen-Zentrale an der Ecke Schaumburger Straße/Weserstraße das Wahrzeichen im Industriegebiet zwischen dem Güterbahnhof und der Diezer Straße. Nachdem die Raiffeisen-Genossenschaft vor vier Jahren ihr neues, hochmodernes Agrartechnik-Zentrum im Diezer Gewerbegebiet nahe Blumenrod eröffnet hatte, wurde die alte Immobilie nicht mehr benötigt und wurde in diesen Tagen dem Erdboden gleichgemacht.

Die Immobilie der Bäuerlichen Hauptgenossenschaft und späteren Raiffeisenzentrale, einst das Stein gewordene Aushängeschild einer florierenden Agrarwirtschaft in der Region, hat nach einem halben Jahrhundert ausgedient. Der 30 Meter hohe Turm war das Wahrzeichen der bäuerlichen Zentrale in Limburg. Bei den Abbrucharbeiten wurden die Silozellen sichtbar. Foto: Fluck

Damit gehört ein Stück Limburger Landwirtschaftsgeschichte der Vergangenheit an. Längst vorbei sind die Jahre, in denen Bauern aus der Region auf ihren Traktoren mit hochbeladenen Anhängern durch die Innenstadt tuckerten, um bei der „Bäuerlichen“ ihre Ernte abzuliefern. „In früheren Jahrzehnten, als es in jedem unserer Dörfer noch mehrere bäuerliche Betriebe gab, war es üblich, dass sich Landwirte zwecks Lagerung und Vermarktung ihres Getreides in örtlichen Genossenschaften zusammenschlossen“, weiß Ralf Kölb. Der 78-Jährige ist im Futtermittelhandel seines Vaters und Großvaters im Bornweg, am Eingang zur Limburger Altstadt aufgewachsen.

Die kleinen Genossenschaften waren autonom und nur ihren Mitgliedern verpflichtet. Mit dem Höfesterben im ländlichen Raum wuchs die Erkenntnis, dass nur größere Einheiten dem Druck des Marktes gerecht werden konnten.

Landwirtschafts-Zentrale außerhalb der Innenstadt

Es schlug die Stunde der Bäuerlichen Hauptgenossenschaft (BHG), der Vorgängerin der heutigen Raiffeisen Waren-Zentrale (RWZ). Mitte der Sechzigerjahre entstand außerhalb der aufstrebenden Innenstadt, auf einem 8 000 m² großen Grundstück, eine sehr fortschrittliche Zentrale für Landwirte. Vor dem 30 Meter hohen Turm, mit einem Fassungsvermögen von 3 000 Tonnen, lieferten die Bauern ihre Ernte für eine überregionale Vermarktung ab.

Gerste, Weizen, Raps und weitere Erzeugnisse wurden in einzelnen Silozellen gelagert, die in diesen Tagen von der Abbruchzange im Turm freigelegt wurden. Daneben bestand dort ein Agrar- und Maschinenhandel mit Reparaturbetrieb.

Doch im Verlauf der Jahrzehnte wurde die lange An- und Abfahrt zu dem Anwesen in der Schaumburger Straße für die Landwirte aus der Region immer schwieriger. Der zunehmende Verkehr, der Straßenbau und das drohende Verbot für die Nutzung der beiden Bundesstraßen 49 und 54 durch landwirtschaftliche Fahrzeuge, gefährdeten den Standort.

Der höheren Schlagkrafat der Mähdrescher geschuldet kam es 2007 bereits zum Umbau des Agrarstandorts beziehungsweise des Marktes in Limburg. Zwei Jahre später folgte der Standort in Zollhaus, 2010 in Werschau, ein Jahr später in Miehlen und letztlich 2012 in Ahlbach. Daneben expandierten die privaten Unternehmen für Agrar-Landhandel Rompel in Lindenholzhausen und Burggraf in Dehrn.

Ein Höhepunkt der weiteren Entwicklung der Genossenschaft war 2016 die Eröffnung der für 3,4 Mio. Euro neu errichteten Raiffeisen Waren-Zentrale Rhein-Main im Diezer Gewerbegebiet. Im Vergleich zur bisherigen Betriebsstelle der RWZ-Technik in Limburg, die zwei Jahre später geschlossen wurde, können in der neuen Werkstatt bis zu sechs Großmaschinen gleichzeitig repariert und konnten moderne Arbeitsbedingungen geschaffen werden.

Auf rund 15 000 m² finden die Kunden dort neben der großzügigen Werkstatt und einem umfangreichen Ersatzteillager ein großes Angebot an Traktoren verschiedener Marken. Es arbeiten dort etwa 20 Beschäftigte, die neben Agrartechnik und Landhandel ebenso für Garten- und Winterdienstgeräte, für den Gartenbau, Pflanzenschutz, Futtermittel und Heimtierbedarf zuständig sind.

flu – LW 50/2020