2019 | Zur Sache | LW HEUTE

Weidetierhalter tragen die Last

Der Wolf wird sich über kurz oder lang mit ganzen Rudeln im Land etablieren. Damit wird auch die Diskussion darüber, wie man künftig mit ihm umgehen soll, an Heftigkeit zunehmen. Denn es gibt auf der einen Seite viele Menschen, für die der Wolf eine Bereicherung und seine Rückkehr ein Symbol für Wildnis und Naturschutz ist und deshalb für ein gutes Gefühl sorgt. Für die Weidetierhalter auf der anderen Seite ist er eine Schreckensvorstellung. Morgens vor gerissenen Tieren zu stehen, die versprengte Herde wieder einzufangen und zu beruhigen, sich um die Sicherung der Beweise und die Benachrichtigung der Behörden und anschließend um eine Entschädigung zu kümmern – diese einschneidenden Erlebnisse werden für die Betriebe mit der zunehmenden Zahl der Wölfe zur Realität. Denn auch wenn die Schutzstandards immer höher werden, sie sind nur ein Wettlauf mit der Intelligenz des Wolfes und werden an die Grenzen eines leistbaren Aufwandes stoßen.

Die höhere Förderung des Landes Hessen für die Schutzmaßnahmen bei der Weidetierhaltung wird das Problem deshalb nicht lösen, auch wenn das Ministerium wie immer ausdrücklich darauf hinweist, dass Wolfsrisse auf mangelnden Herdenschutz zurückzuführen sind. Die Förderung bietet der Politik vielmehr eine Ausrede: „Wir tun ja was für die Tierhalter.“

Und auch die Anhängerschaft des Wolfes kann sich zurücklehnen, schließlich wird mit ihrem Steuergeld ja der Herdenschutz unterstützt. Ansonsten müssen sie keinen großen Beitrag leisten oder Anstrengungen unternehmen, das tun allein die Weidetierhalter.

Wenn es ernst wird, wird sich zeigen, ob die Förderung und auch die Entschädigung für Wolfsrisse ausreichen, die Betriebe, insbesondere die Schafhalter, bei der Stange zu halten. Der Hinweis des Ministeriums, dass ja ohnehin tausende Lämmer bei der Geburt oder durch Krankheit umkommen und dass zwölf Wolfsrisse in diesem Jahr dabei sinngemäß nicht ins Gewicht fallen, ist ein infamer Vergleich und angesichts der Sorgen der Tierhalter völlig unangemessen. Diesen Spruch hätte sich das Ministerium sparen können.

Cornelius Mohr – LW 25/2019