Das Jagdjahr 2007/08 war mit seinen enormen Streckenergebnisse in der Diskussion. Beim Schwarzwild wurde eine Rekordstrecke von circa 78 000 Stücken erzielt. Die Zahlen für das abgelaufene Jagdjahr 2009/10 liegen mit Blick auf die Schwarzwildstrecke erheblich niedriger und haben sich mit circa 42 000 Stücken fast halbiert.
Ein rückläufiges Streckenergebnis bedeutet allerdings nicht zugleich, dass das Problem zu hoher Bestände gelöst ist. Ein starkes Auf und Ab bei den Schwarzwildbeständen konnte schon in den letzten Jahren beobachtet werden. Die Jäger sind also nach wie vor aufgefordert, das Schwarzwild stark zu bejagen. Eine Hilfe ist dabei, dass die Trichinenschaugebühren für Stücke unter 20 kg (aufgebrochen mit Schwarte, Haupt und Läufen) in Hessen nicht mehr erhoben wird.
Aktuelles zum Jagdrecht
Zurzeit sorgen die Gesetzbebungstätigkeiten zum Jagdrecht in den einzelnen Bundesländern für Aufsehen. Die Bundesländer Rheinland-Pfalz und Saarland machen als Vorreiter mit ihren Vorstellungen zur Novellierung ihrer Landesjagdgesetze von sich Reden. An herausstechenden Vorschlägen zur Änderung des Jagdrechts seien genannt: die Absenkung der Mindestpachtzeit auf fünf Jahre, das Infragestellen des Jagdschutzes, der stärkere Schutz von Hunden und Katzen (zu Lasten des Wildes), Schonzeiten für Füchse, Verbot der Fallenjagd, Stärkung des Natur- und Tierschutzes gegenüber dem Jagdrecht (Priorität) und weitere. Die genannten ursprünglichen Vorstellungen der federführenden Landesministerien wurden in Teilen bereits relativiert. Derartige Änderungen sind in Hessen bisher nicht gefordert. Es bleibt abzuwarten, wie sich die Gesetze in den nächsten Monaten und Jahren ändern.
Ersatzpflichtiger Wildschaden?
Der Verband der Jagdgenossenschaften und Eigenjagdbesitzer in Hessen (VJEH) vertritt dabei die Interessen der Jagdrechtsinhaber auf Landes- und über die Bundesorganisation, der er angeschlossen ist, auch auf Bundesebene. Der VJEH führte auch in diesem Frühjahr traditionell zwei Wildschadenseminare in Alsfeld-Eudorf und Friedrichsdorf und ein Jagdrechtseminar in Friedrichsdorf durch. Im Seminar wurden die Fragen behandelt, was ersatzpflichtiger Wildschaden ist, unter welchen Voraussetzungen und von wem dieser Wildschaden zu ersetzen ist, wem die Ansprüche zustehen, in welcher Höhe die Ansprüche entstehen, wie die Ansprüche durchgesetzt werden können, wie der Schaden zu ermitteln ist und vieles mehr.
Ziel ist ausgeglichenes Ergebnis
Dabei stellte zunächst Rechtsanwalt Björn Schöbel die rechtlichen Rahmenbedingungen vor, bevor Dr. Volker Wolfram aus Guxhagen den Teilnehmern die konkrete Berechnung von Wildschäden zunächst theoretisch und anschließend praktisch nahe brachte. Dr. Wolfram, selbst vereidigter Sachverständiger, Landwirt, Eigenjagdbesitzer und Jäger machte deutlich, dass sowohl bei der Verhinderung als auch bei der Regulierung der Wildschäden zwischen sämtlichen Beteiligten ein ausgeglichenes Ergebnis angestrebt werden muss. Bei der Prävention müssen Jagdgenossen, Landwirte und Jäger Hand in Hand arbeiten, um Erfolge erzielen zu können.
Jeder leistet seinen Beitrag
So kann jeder Teil seinen Beitrag leisten: Die Jagdgenossenschaft kann Flächen zur Verfügung stellen, die als Wildäcker dienen und die vom Jäger un-terhalten werden. Landwirte können durch das Ermöglichen und die Hilfe beim Aufbau von Wildzäunen ihren Teil dazu beitragen, das Schwarzwild aus den Schlägen herauszuhalten. Wolfram erklärte den Teilnehmern, die sich mit dem Wildschadensersatzverfahren befassten Bediensteten der Gemeinden, Jagdgenossenschaftsvorständen, Landwirten und Jägern zusammensetzte, dass Aufgabe des Wildschadenschätzers ist, Sachlichkeit und Objektivität in die oft erhitzte Diskussion zwischen Ersatzverpflichteten und Ersatzberechtigten zu bringen. Hierzu sei es notwendig, den Schaden genau zu begutachten und nicht in „Feldherrenmanier“ von exponierter Position das Auge über die Schadfläche schweifen zu lassen und dann zu einer Schätzung zu kommen.
Vorgehen beim Schätzen
Es ist bei der Schätzung unbedingt notwendig, die Schadfläche genau zu inspizieren, zu vermessen und gegebenenfalls sogar die einzelnen geschädigten Maispflanzen zu zählen, zu wiegen und dadurch den genauen Schaden zu ermitteln. Gerade bei Schäden in Maisflächen täuschten die langen am Boden liegenden Maispflanzen einen sehr hohen Schaden vor, wo tatsächlich nur verhältnismäßig wenige Pflanzen geschädigt wurden.
Eine objektive, für alle Beteiligten nachvollziehbare Schadensermittlung helfe in vielen Fällen, schwelende Streitigkeiten zu schlichten. Gelingt dies nicht, hat der Landwirt den Wildschaden bei der Gemeinde anzumelden. Vielfach folgt dort, wo die Fronten verhärtet sind, nach Durchführung des so genannten Vorverfahrens das gerichtliche Verfahren – teilweise über mehrere Instanzen.
Wildschadensersatzverfahren
Rechtsanwalt Schöbel, Geschäftsführer des VJEH, brachte Grundsätze des formellen Wildschadensersatzverfahrens näher. Er wies insbesondere darauf hin, dass der Landwirt, will er seinen Schadensersatzanspruch nicht verlieren, den Schaden innerhalb einer bestimmten Frist bei der Gemeinde schriftlich anzumelden hat. Hierbei hat der Landwirt bestimmte Formalien einzuhalten. „Auch wenn die Einhaltung der Wochenfrist bei der Entstehung und jeder Erweiterung eines Wildschadens beim Landwirt einen erheblichen Verwaltungsaufwand bedeutet, ist ihm dringend anzuraten, den Schaden anzumelden, wenn vorab keine schriftlich dokumentierte Einigung mit dem Ersatzverpflichteten erzielt werden konnte. Versäumt der Landwirt diese Frist, verliert er seinen Schadensersatzanspruch auch dann, wenn vollkommen klar ist, dass ein an sich ersatzpflichtiger Wildschaden vorliegt“ erklärte Schöbel. Nach der Behandlung der rechtlichen Aspekte sowie dem Vortrag Dr. Wolframs zur Wildschadensermittlung hatten die Teilnehmer die Möglichkeit, das Erlernte bei der Schätzung von Wildschäden auf Schadflächen vor Ort umzusetzen. Hierfür wurden am Ende der Seminare Schadflächen von den Teilnehmern geschätzt – teilweise mit erstaunlichen Ergebnissen. Gerade bei der Schätzung von Schäden im Grünland wurde deutlich, dass neben dem Ertragsausfall insbesondere die Wiederherrichtung der Flächen (Glätten der Oberfläche, Wiederherstellung der Grasnarbe) für den geschädigten Landwirt einen erheblichen Arbeitsaufwand und damit gleichzeitig eine nicht zu vernachlässigende Schadposition bedeuten.
Interessen der Bewirtschaftung
Die Jagdvorstände sind bei der Vertretung ihrer Jagdgenossenschaften ebenso wie die Eigenjagdbesitzer einer immer komplexer werdenden Rechtsmaterie ausgesetzt. Dies beginnt bei der Weiterentwicklung der Jagdbezirksgrenzen oder zumindest der Gestaltung der Jagdbögen, um den Jägern ein attraktives Angebot unterbreiten zu können. Es geht weiter mit der Organisation der Jagdgenossenschaft und dem „Unter-einen-Hut-Bringen“ verschiedenster Interessen und der Bewirtschaftung des Jagdbezirkes – sei es durch Verpachtung (Themen sind hier insbesondere die Jagdverpachtung selbst, die Jagdpachtvertragsgestaltung und die Abwicklung des Jagdpachtvertrages) oder durch Eigenbewirtschaftung durch die Jagdgenossenschaft. Diesen Themen widmete sich das in Friedrichsdorf vom VJEH durchgeführte Jagdrechtsseminar, das sich vornehmlich an Jagdvorsteher aber auch an alle anderen mit dem Jagdrecht Befassten richtete. Es referierte vor Jagdgenossen (-schaftsvorständen), Landwirten, Jägern, Gemeindevertretern und anderen Interessierten Rechtsanwalt Björn Schöbel. RA Björn Schöbel, VJEH
Wild- und Jagdrechtseminare
Alsfeld/Friedrichsdorf: Der Verband der Jagdgenossenschaften und Eigenjagdbesitzer in Hessen (VJEH) bietet im September Wild- und Jagdrechtseminare an. Die nächsten planmäßigen Wildschadens- und Jagdrechtsseminare sind für den Herbst 2010 wie folgt geplant:
Interessierte wenden sich an den VJEH unter der Telefonnummer 06172/7106-137 oder per E-Mail an c.loew.hbv@agrinet.de. Infos zu den Kosten und zum Ablauf der Seminare unter www.agrinet.de/vjeh /„Seminar“.