Während das Jahr zu Ende geht, bleibt die agrarpolitische Marschrichtung in Deutschland unbestimmt. Die SPD ist so sehr mit sich selbst und ihren Abstiegsängsten beschäftigt, dass ihr Eintritt in eine Regierung und die Bildung einer großen Koalition, zumindest nach dem herkömmlichen Muster, gar nicht sicher ist. Mit der bisherigen GroKo ist die Landwirtschaft nicht schlecht gefahren, und bei einer Neuauflage könnte man eher von einer praxisorientierten Politik ausgehen. Das wäre mit einer Jamaika-Regierung, in der womöglich die Grünen das Agrarressort besetzt hätten – sie hatten es bei den Verhandlungen für sich reklamiert – nicht unbedingt der Fall gewesen.
Auch mit dem bisherigen Agrarminister ist die Landwirtschaft alles in allem gut klargekommen. Der Wille Christian Schmidts, konstruktiv mit der Landwirtschaft zusammenzuarbeiten, war da, die Außendarstellung und das Agieren waren dagegen nicht immer geschickt. Mit seinem Grünbuch hatte er sich drei Jahre Zeit gelassen, was ihn nicht als Macher erscheinen ließ. Und auf der Grünen Woche im Januar stellte er ein unfertiges Tierwohllabel und ein noch nicht praktikables Verfahren zur Erkennung männlicher Küken vor. Dass er als geschäftsführender Minister eine so umstrittene Entscheidung wie die weitere Zulassung von Glyphosat veranlasste, fällt aus dem Rahmen seines bisherigen Tuns. Sein Argument, die Kommission hätte sowieso für eine Verlängerung entschieden, wirft die Frage auf, warum er dann das Risiko einer solchen (künstlichen) Aufregung eingeht, die dazu führen könnte, dass national weitgehende Anwendungs-Einschränkungen gemacht werden.
Während auf Bundesebene weiter Unklarheit herrscht, haben sich die agrarpolitischen Landschaften in diesem Jahr verändert. Mit den neuen Regierungen in Schleswig-Holstein (schwarz-grün-gelb, vormals rot-grün, SSW), NRW (schwarz-gelb, vormals rot-grün) und Niedersachsen (rot-schwarz, vormals rot-grün) ist in diesen Ländern eine ideologiefernere Politik zu erwarten, die auch bei der Abstimmung der nationalen Politik wichtig ist. Mit Blick auf die begonnene Diskussion um die Fortführung der gemeinsamen Agrarpolitik ist das positiv.
Cornelius Mohr – LW 51/2017