Der Verein „Rotes Höhenvieh alter Zuchtrichtung“ traf sich Ende März zur Jahreshauptversammlung in Steinlah im Harz. Dabei spielten vor allem inhaltliche Zuchtorientierungen eine wesentliche Rolle in den Erörterungen der Züchter des Bundesvereins, der sich vor drei Jahren in Frankenberg-Rengershausen in Nordhessen gegründet hatte und dort seinen Geschäftssitz hat.
In der Aussprache unter den Züchtern wurden insbesondere die neueren Entwicklungen in der Rotviehzucht thematisiert. Vorsitzender Clemens Jeuken aus Kevelaer am Niederrhein berichtete über die Abstamung der Zuchtbullen Isengard und Tarzan, die seitens der Fleischrinderherdbücher hohe Bewertungen erfahren haben und das Zuchtziel des Vereins verkörpern. Sperma der beiden Bullen stehe zur Verfügung.
Eingesetzte Bullen auf Gendefekt getestet
Dabei kam Jeuken auf den aktuell in der Rotviehzucht diskutierten DEB-Gendefekt zu sprechen, einer bei Kälbern meist tödlich verlaufenden Hauterkrankung, die durch Vererbung seitens der Elterntiere verbreitet werden kann. Dabei erkranken nicht alle positiv getesteten Tiere, diese können den Gendefekt aber an folgende Generationen vererben.
Die im Verein eingesetzten Bullen wurden im Institut für molekulare Diagnostik in Göttingen untersucht und erwiesen sich als frei vom Gendefekt, so dass im Bereich der Tiere, die durch den Verein vertreten werden, kein Grund zur Sorge bestehe, wurde erläutert. Der stellvertretende Vorsitzende, Uwe Hesse aus Frankenberg-Rengershausen, berichtete über die Untersuchungsergebnisse des Instituts für Zoo- und Wildtierforschung in Berlin, die erst Mitte vergangenen Jahres international veröffentlicht wurden. Der leitende Wissenschaftler der Einrichtung, Dr. Arne Ludwig, hatte ausgewählte Kühe auf ihre Abstammung mittels mitochondrialer DNS untersucht, um so Rückschlüsse auf die Entwicklung der Rasse ziehen zu können. Dafür hatte der Verein Rotes Höhenvieh alter Zuchtrichtung Blutproben von den wenigen noch lebenden Tieren zur Verfügung gestellt, welche in rein weiblicher Abstammung auf Kühe zurück zu führen sind, die in den 1950er Jahren noch gelebt hatten, als das Rote Höhenvieh in den Mittelgebirgen verbreitet war. Die nun vorliegenden Ergebnisse bestätigen die bereits vorher verbreitete Vermutung, dass das Rote Höhenvieh eine sehr alte Rinderrasse ist, deren Erbgut grundlegend zu vielen anderen Rinderrassen steht.
Damit steht die Rasse dicht am Ursprung der Haustierwerdung von Rindern überhaupt und demnach relativ nah beim ausgestorbenen Auerochsen. Die Vorfahren des Roten Höhenviehs stammen aus dem heutigen Italien und kamen wahrscheinlich schon früh in die Mittelgebirgsregionen nördlich der Alpen, möglicherweise schon in vorrömischer Zeit.
Besonderheiten der Erhaltungszucht erläutert
Züchter Wolfgang Beuse, der über Jahrzehnte nicht nur Akzente gesetzt hat, was die Erhaltungszucht und die Typerhaltung beim Roten Höhenviehs betrifft, teilte mit, dass nach der Aufnahme der Finkengilden des Harzes und der verbundenen Kulturgeschichte nun auch das Brauchtum um das Rote Höhenvieh zur Aufnahme in die nationale Liste des immateriellen Kulturerbes vorgesehen sei.
Besonderheit der Erhaltungszucht im Harz sei das Zusammenspiel von der Zucht des Roten Höhenviehs und menschlicher Kultur. Das betrifft die parallele Erhaltungszucht des Harzer Fuchses als alte Hütehundrasse, die sich insbesondere durch ihr geringeres Stockmaß vom Westerwälder Kuhhund unterscheidet-, die „Gerechtsame“ als Sozialsystem des Harzes und die Tracht der Rinderhirten, die das verbriefte Recht hatten, ihre roten Harzrinder in den Wäldern zu hüten.
Nachfrage nach Zuchttieren des Roten Höhenviehs
In der Aussprache stellten die Mitglieder fest, dass derzeit eine ungewöhnlich große Nachfrage nach Zuchttieren des Roten Höhenviehs besteht. Durch die höheren Fördergelder, die seit 2015 in einigen Bundesländern für die Haltung und Zucht des Roten Höhenviehs, aber auch – je nach Bundesland – für einige andere regional beheimatete bedrohte Haustierrassen ausgezahlt werden, haben sich mehr Interessierte als in den Vorjahren teils von den bisher gehaltenen Rindern getrennt und für die Erhaltungszucht des Roten Höhenviehs entschieden, sodass die große Nachfrage gegenwärtig nicht zu erfüllen ist.
Schließlich stellte Vereinsmitglied Lars Degen die neuen Aufkleber vor, auf denen das Logo des Vereins abgedruckt ist. Dieses Logo ist nun beim Vereinsvorsitzenden gegen eine geringe Schutzgebühr erhältlich. Der Jahreshauptversammlung folgte die Besichtigung der Herden von Gustav Reupke und Josef Spahn sowie der Besuch der Zuchtgruppen der Neumitglieder Daniel Morick und Ulrich Kremling, die erst begonnen haben, ihre Herden- und eigenen Bestände nach den Richtlinien der Erhaltungszucht unter den Maßstäben des Vereins aufzubauen. Der Verein freut sich, auch junge Mitglieder gewonnen zu haben, die eine zukunftsorientierte Erhaltungszucht der robusten Höhenviehrasse betreiben. Interessierte erhalten nähere Infos beim Vorsitzenden Clemens Jeuken unter 02832/5053207 sowie auf www.rotes-hoehenvieh-az.de.
Gerd Faust – LW 16/2015