Landwirtschaftsminister Dr. Volker Wissing informierte sich am Montag bei einem Besuch des Hessisch-Pfälzischen Zuckerrübenverbandes in Worms über die heimische Rüben- und Zuckerproduktion. Der Verband erwartet im aktuellen Rübenjahr mit durchschnittlich 78 t/ha die bisher zweitgrößte Ernte in der Region.
Trotz der zweimonatigen Trockenheit in diesem Sommer lassen die Zahlen aus der ersten Hälfte der Rübenkampagne eine sehr gute Zuckerrübenernte erwarten. Grundlage für den Ertragsfortschritt der vergangenen Jahre ist auch das Projekt „Zukunft Zuckerrübe“.
Forschung trägt zur Sicherung des Rübenanbaus bei
Beim Verband stand dann auch die Projektarbeit im Zentrum des Interesses: Minister Wissing konnte sich vor Ort über die Arbeit der jungen Forscher informieren, die in Posterstationen ihre Arbeitsschwerpunkte zu Klimawandel, Nachhaltigkeit und Rübenzystennematoden vorstellten. Der Minister ließ sich sehr interessiert die einzelnen Projekte erklären, so auch, weshalb die Nematoden zehn Jahre im Boden überdauern, um auf die nächste Rübenkultur zu warten.
Das innovative und interdisziplinäre Forschungsprojekt werde von der Landesregierung gefördert und habe wesentlich zur Sicherung des Zuckerrübenanbaus in Rheinland-Pfalz und Südhessen beigetragen, betonte der Verbandsvorsitzende Walter Manz.
„Wir betreiben Forschung in der Praxis“, erläuterte der Verbandsgeschäftsführer Dr. Christian Lang die Besonderheit des Gemeinschaftsprojektes, bei dem auch die Offizialberatung eng mit eingebunden ist. Dies gewährleiste eine direkte, erfolgreiche Umsetzung in der Fläche. „Die enorme Ertragsentwicklung in den vergangenen Jahren ist ein Erfolg des Projekts“, erklärte Lang. „Bei uns werden über 80 Prozent nematodentolerante Sorten angebaut. Keine andere Region in Deutschland hat den Umschwung auf diese Sorten so schnell gewagt wie wir, weil wir uns auf unsere Forschungsergebnisse stützen konnten.“ Der Verbandsgeschäftsführer machte aber auch deutlich, dass solche Projekte nicht ohne staatliche Unterstützung laufen können.
Minister Wissing zeigte sich beeindruckt von dem funktionierenden Wissenstransfer und bekannte sich klar zur Zuckerrübe, die seiner Meinung nach zu Rheinland-Pfalz gehört. „Wir müssen uns darüber im Klaren sein, dass wir die Herausforderungen der Zukunft, wie den Klimawandel nur erfolgreich meistern können, wenn wir unseren technologischen Vorsprung kontinuierlich weiter ausbauen“, zeigte sich Wissing überzeugt. „Dazu leisten Sie mit Ihrem Projekt einen großen Beitrag, und das unterstütze ich ausdrücklich.“ Die Landwirtschaft werde in den nächsten Jahren höhere Anforderungen an die Forschung stellen.
Wertschöpfung bleibt in der Branche
Auf dem Weg zum Südzuckerwerk Offstein legte die Besuchergruppe einen Zwischenstopp auf einem Rübenacker in Biedesheim ein, um die Rübenverladung mit der Verlademaus in Augenschein zu nehmen. Der Rübentransport ist effizient organisiert, der Verband und Südzucker haben gemeinsam mit den Transportgruppen bereits frühzeitig Reformen umgesetzt. Dabei verbleibt die Wertschöpfung aus diesen Bereichen in der Landwirtschaft, da die Lade- und Transportgruppen bäuerlich organisiert sind. Die Rübenkampagne dauert rund 100 Tage, vom 15. September bis kurz vor Weihnachten. Volker Schütthelm, Leiter der Rübenabteilung in Offstein, erläuterte das Konzept. Die Rüben werden mit LKW, die jährlich neu gemietet werden, ins Werk gefahren. „Dadurch haben wir immer die modernste Technik im Einsatz, die sparsam ist und wenig Lärm verursachen und Schadstoffe ausstoßen“, sagte er. Das erhöhe auch die Akzeptanz in der Bevölkerung. 800 bis 900 LKW passieren täglich das Werkstor in Offstein und laden dort die Rüben ab.
In der Zuckerfabrik Offstein stellte Südzucker-Vorstand Dr. Thomas Kirchberg das Unternehmen mit seinen verschiedenen Geschäftsfeldern vor und erläuterte, wie sich das Unternehmen auf den freien Zuckermarkt nach Auslaufen der Quoten im nächsten Jahr vorbereitet. „Der Weltmarkt wird für uns künftig wichtiger. Das Preisniveau auf dem Weltmarkt ist sehr attraktiv, es liegt bei 540 €/t. In der EU beträgt der Zuckerpreis heute bei rund 440 €/t. Wir gehen davon aus, dass die Defizitsituation auf dem Weltmarkt noch ein paar Jahre anhält“, so Kirchberg. Allerdings beschäftige Südzucker, dass in einigen EU-Mitgliedstaaten mit gekoppelten Prämien die Zuckerrübenerzeugung gefördert werde und es so zu Verzerrungen im Wettbewerb innerhalb der EU komme. Dennoch sieht Kirchberg das Unternehmen für die Zukunft gut aufgestellt und blickt zuversichtlich in die Zukunft nach der Reform der Zuckermarktordnung 2017.
Minister Wissing lobte die Vorarbeit der Zuckerwirtschaft: „Sie haben sich sehr gut auf den Wegfall der Quote vorbereitet“, sagte er. „Was ich hier sehe, ist die optimale Verzahnung von Forschung, Entwicklung und Anbau bis hin zur Weiterverarbeitung und Vermarktung.“ Ziel sei eine umweltschonende, nachhaltige Landwirtschaft. Und dafür müsse ein rationaler, wissenschaftlicher Ansatz gefunden und Entscheidungen forschungs- und faktenbasiert getroffen werden.
ibs – LW 43/2016