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Zukunft des Waldes – Mischkulturen, kaum Exoten

Große Resonanz für den ersten Frankfurter Waldkongress

„Die große Resonanz beweist, dass wir mit dem Thema sehr nah dran sind an dem, was die Forstwirte, Forscher, Naturschutzverbände und die Politik gerade sehr bewegt: die Zukunft unserer Wälder“, so Rosemarie Heilig, Umweltdezernentin der Stadt Frankfurt. Gemeinsam mit dem Kompetenzzentrum Kulturlandschaft (KULT) der Hochschule Geisenheim veranstaltete das Umweltdezernat der Stadt Frankfurt Ende November 2019 das zweite Geisenheimer Landschaftsforum, zugleich angekündigt als erster Frankfurter Waldkongress.

Es gibt keine fertigen Lösungen, sondern nur eine standortgerechte Baumartenwahl. Exoten zu verfluchen, ist falsch, nur auf diese zu setzen, ebenso. Foto: Stadt Frankfurt am Main, Barbara Walzer
Das Interesse an der Zukunft unserer Wälder ist groß. Ein Patentrezept gibt es nicht. Foto: Stadt Frankfurt am Main, Barbara Walzer

Rund 200 Personen nahmen am ersten Frankfurter Waldkongress teil. Bewusst habe man bei den Vorträgen den Fokus auf eine ausgewogene Mischung aus der Forstpraxis und der aktuellen wissenschaftlichen Diskussion gelegt. Die lebhafte Debatte zum Ende des Kongresses bewies eindrücklich, wie breit das Meinungsspektrum zurzeit ist.

„Fertige Lösungen kann niemand anbieten“, sagte Prof. Dr. Eckhard Jedicke von der Hochschule Geisenheim, der den Kongress auch moderierte. Klar sei aber, dass die Zeit der Monokulturen und reiner Wirtschaftswälder abgelaufen sei. Aber auch unsere heimischen Baumarten bekommen zunehmend Probleme mit den heißen und trockenen Klimabedingungen.

Es muss wieder mehr regionale Forstbaumschulen geben

„Die Zukunft gehört Mischkulturen, der Naturverjüngung und möglicherweise unter gewissen Voraussetzungen auch Baumarten aus dem mediterranen Raum“, fasste Jedicke zusammen. Frankfurts Umweltdezernentin brachte einen weiteren Punkt in die Diskussion: „Noch viel stärker als bisher müssen wir aber auch auf standortgerechten Nachwuchs bauen. Wir müssen – was Frankfurt betrifft – den Nachwuchs selbst ziehen, am besten in einer eigenen Baumschule. Dann können wir sicher sein, dass der Nachwuchs mit den Bedingungen hier klarkommt.“ Aufgrund der steigenden Temperaturen komplett auf Exoten zu setzen und den Wald umzubauen, sei keine Lösung. Diese Erkenntnis nehme sie aus dem Waldkongress mit.

Stadtwald Frankfurt besonders stark geschädigt

Die Situation ist alarmierend: Die Zahl abgestorbener Bäume ist in Hessen seit 1985 – dem Höhepunkt des damaligen Waldsterbens durch sauren Regen – um den Faktor 7 gestiegen, sagt Stefan Nowak, Leiter der Abteilung Waldentwicklung und Umwelt beim Landesbetrieb HessenForst. Nur drei Prozent der Bäume im Frankfurter Stadtwald sind nicht geschädigt. Problem ist vor allem die Trockenheit im Sommer: Gestiegene Mitteltemperaturen bewirken eine längere Vegetationsperiode und steigende Verdunstung durch die Vegetation. Damit wirken die Niederschlagsdefizite noch gravierender – viele Bäume vertrocknen.

Die Leistungen der Wälder bewerten

„Nötig ist eine neue Zieldefinition für die Entwicklung und Multifunktionalität der Waldökosysteme“, folgert Jedicke. Diese kann nicht die Forstwirtschaft allein geben, sondern sie muss in einem gesamtgesellschaftlichen Prozess entwickelt werden. Verschiedene Referierende machten deutlich, dass die Ökosystemleistungen der Wälder umfassend bewertet werden müssten – so erfüllen Wälder, gerade Stadtwälder wie der Frankfurter, viele Aufgaben als Lebensraum, als Erholungs- und Freizeitraum und natürlich als CO2-Speicher.

Mehr Vielfalt durch Dauerwälder mit mehr Arten – in höherer genetischer Vielfalt als bisher – in unterschiedlichen Baumaltern ist ein konsensfähiges Ziel. Mehr als bisher muss dabei die hohe Speicherfunktion für CO2 des Waldökosystems und vor allem des Bodens beachtet werden – sie darf nicht im Interesse einer großen Holz­ernte aufs Spiel gesetzt werden.

„Uns war besonders wichtig, dass alle Teilnehmenden gut informiert und mit neuen Impulsen aus dem Kongress kommen“, sind sich Heilig und Jedicke einig. „Wir werden den Dialog zwischen Praxis und Wissenschaft fortsetzen, denn nur ein breiter und offener Diskurs kann bei der komplexen Thematik zu innovativen Lösungen führen.“ Das Kompetenzzentrum Kulturlandschaft plant für das Jahr 2020 eine weitere Tagung zu den waldbaulichen Konsequenzen gemeinsam mit den Landesforsten Rheinland-Pfalz.

hsgm – LW 4/2020