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Nicht immer ist eine Behandlung notwendig

Auf den Kartoffelkäfer und Blattläuse im Bestand achten

Insekten, insbesondere der Kartoffelkäfer und Blattläuse, können sowohl im konventionellen als auch im ökologischen Anbau erhebliche Ertragsausfälle verursachen. Aus diesem Grund ist eine genaue Ansprache der Schädlinge sowie deren Lebensweise unerlässlich. Speziell der richtige Behandlungszeitpunkt sowie die konsequente Einhaltung einer Anti-Resistenz-Strategie zum Erhalt verschiedener Wirkstoffgruppen ist dabei entscheidend.

Adulter Kartoffelkäfer beim Blattfraß. Foto: Berger

Der 7 bis 15 mm große Kartoffelkäfer ist gelb, wobei sein Halsschild schwarze Flecken aufweist und sich auf den Flügeldecken zehn dunkle Längsstreifen befinden. Die Käfer verlassen kurz nach dem Auflaufen der Kartoffel ihr Winterquartier und vollziehen einen zirka zweiwöchigen Reifungsfraß an den Blättern, bevor die Weibchen ihre gelben Eier (ca. 300 pro Weibchen) in Eipaketen an die Blattunterseiten der Kartoffelpflanzen legen. Aus den Eiern schlüpfen nach weiteren zehn bis 14 Tagen die rötlichen Larven. Diese haben an den Seiten und am Kopf schwarze Punkte.

Lebensweise und Schadbild des Kartoffelkäfers

Die Larven wachsen schnell heran und kriechen bereits nach zwei bis vier-wöchigem Fraß für die Verpuppung in die Erde. Die neue Käfergeneration erscheint dann rund drei Wochen nach der Verpuppung. Pro Jahr treten ein bis zwei Käfergenerationen auf. Der Befall beginnt oft am Feldrand von Schlägen, die an Vorjahresflächen angrenzen.

Bei geringem Befall sind Rand- und Lochfraß zu beobachten. Diese verursachen noch keinen wirtschaftlichen Schaden. Ein Blattverlust von mehr als 10 Prozent kann allerdings bereits zu größeren wirtschaftlichen Einbußen führen. Vor allem die Larven können bei verstärkter Vermehrung einen Skelettier- und Kahlfraß verursachen. Je nach Zeitpunkt des Kahlfraßes sind dabei Ertragsverluste von 35 bis 60 Prozent möglich.

Zur Ermittlung der Bekämpfungsschwelle von 15 Larven pro Pflanze (Eigelege mit einbeziehen), sollten mindestens fünf Pflanzen an fünf verschiedenen Stellen pro Schlag kontrolliert werden.

Blattläuse übertragen Viren

Ein besonders großes Problem kann ein früher Befall mit Blattläusen darstellen. Von den etwa 850 in Mitteleuropa beheimateten Blattlausarten spielen im Kartoffelanbau zum Beispiel die Grüne Pfirsichblattlaus (Myzus persicae), die Kreuzdornlaus (Aphis nasturtii), die Faulbaumlaus (Aphis frangulae), die Grüngefleckte Kartoffellaus (Aulacorthum solani) und die Grüngestreifte Kartoffelblattlaus (Macrosiphum euphorbiae) eine wirtschaftliche Rolle. Sie sind neben den Saugschäden auch Überträger (Vektoren) von Viren.

Mit ertragsrelevanten Saugschäden durch Blattläuse ist im LW-Gebiet nur selten zu rechnen. In den letzten Jahren traten allerdings witterungsbedingt (warm und trocken) vermehrt Saugschäden auf. Eine deutlich größere Problematik stellen Blattläuse allerdings als Vektoren von Krankheiten dar. Im Kartoffelanbau spielen dabei vor allem das Blattrollvirus sowie die Y-, A-, M- und S-Viren eine Rolle. Je nach Infektionsbeginn, je früher desto höher die zu erwartenden Ertragsverluste, können dabei Ertragsverluste bis zu 90 Prozent entstehen.

Die Grüne Pfirsichblattlaus gilt dabei als wirtschaftlich bedeutendste Blattlausart im Kartoffelanbau, da sie sehr viel zwischen den Pflanzen wandert und sich so leichter mit Viren belädt und diese stärker verbreitet. Außerdem können die Blattläuse der Grünen Pfirsichblattlaus in einem milden Winter neben Eiern auch als adulte Tiere (anholozyklisch) überleben und dann bereits virusbeladen (mit dem Blattrollvirus) in die Kartoffeln starten, wo sie schon sehr früh Primärinfektionen setzen können. Müssen sich die Blattläuse hingegen nach einem kalten Winter erst aus Eiern entwickeln, sind diese virusfrei. Sie müssen sich erst an virushaltigen Pflanzen mit den Viren beladen, bevor sie die Kartoffeln infizieren können. Unter diesen Voraussetzungen ist mit einem späten Befallsbeginn und deutlich niedrigeren Ertragsausfall an Kartoffeln zu rechnen.

In Pflanzkartoffelbeständen dürfen aufgrund der möglichen Virusübertragung keine Blattläuse toleriert werden. In Speise- und Wirtschaftskartoffeln kann ein gewisser Besatz geduldet werden, konkrete Schwellenwerte existieren derzeit aber nicht.

Bekämpfung des Kartoffelkäfers

In den vergangenen Jahren kam es vor allem aufgrund zu später Behandlungen sowie zu hoher Temperaturen verbunden mit Trockenheit und sehr geringer Luftfeuchtigkeit wärend der Behandlungen des Öfteren zu Minderwirkungen in der Praxis, sodass ein­malige Behandlungen nicht zum erwünschten Erfolg geführt haben.

Neben dem richtigen Behandlungszeitpunkt ist darüber hinaus der Integrierte Pflanzenschutz im Kartoffelanbau die Grundlage für die Einhaltung einer konsequenten Anti-Resistenz-Strategie, damit langfristig ein optimaler Bekämpfungserfolg gegen den Kartoffelkäfer erzielt werden kann. Folgende Maßnahmen sollten daher besondere Beachtung finden:

Je nach Situation sind in der Regel zwischen null und drei Insektizid-Anwendungen gegen den Kartoffelkäfer erforderlich (2023 konventionell teilweise 4 mal, Öko 4 bis 6 mal). Dabei sollte maximal eine Spritzanwendung einer Wirkstoffgruppe erfolgen und danach gewechselt werden. Spezifische Mittel, wie beispielsweise SpinTor, Coragen und NeemAzal-TS sind dabei zu bevorzugen. Beim gemeinsamen Auftreten von Kartoffelkäfer und Blattläusen sollte Mospilan SG zum Einsatz kommen. Wenn nur mit einer Anwendung je Jahr gerechnet wird, sollte der Wirkmechanismus zwischen den Jahren gewechselt werden.

Bei der Wahl eines Insektizides muss unter Umständen beachtet werden, dass einzelne Vertriebspartner den Einsatz bestimmter Mittel ablehnen. Vor allem betrifft dies auf B1 und B2-Präparate der Pyrethroide zu.

Kartoffelläuse bekämpfen

Genau wie bei dem Kartoffelkäfer ist auch bei Kartoffelläusen neben dem richtigen Behandlungszeitpunkt der Integrierte Pflanzenschutz die Grundlage für die Einhaltung einer konsequenten Anti-Resistenz-Strategie im Kartoffelanbau. Beim wöchentlichen Blattlausmonitoring ist auch verstärkt auf das Vorhandensein von Nützlingen wie Beispielsweise dem Marienkäfer, (Adulte und Larven), der Florfliege und der Schwebfliege (jeweils Larven) zu achten. Diese natürlichen Gegenspieler können Blattlauspopulationen erheblich reduzieren und dabei selbst große Populationen aufbauen.

Durch Insektizid-Anwendungen werden allerdings auch die Nützlinge getroffen. Durch das anschließende Fehlen der Nützlinge können sich Blattlauspopulationen so schneller wiederaufbauen, was weitere Insektizid-Anwendungen nötig machen könnte. Daher sind die Nützlinge immer mit in die Entscheidungsfindung einzubeziehen.

Sollte trotzdem eine Bekämpfung erforderlich werden, stehen zur Blattlausbekämpfung das Neonicotinoid Mospilan SG/Danjiri (B4) 250 g/ha, die Pyrethroide, Kaiso Sorbie (B4) 150 g/ha, Jaguar/Tarak (B4) 75 ml/ha, Karate Zeon (B4) 75 ml/ha, letztmalig Lamdex forte sowie Hunter WG (Ende Aufbrauchfrist: 30. Juni 2024), Shock Down (B2) 150 ml/ha, Sumicidin Alpha EC (B2) 300 ml/ha und das Pyridincarboxamid Teppeki/Afinto (B2) 160 g/ha maximal bis BBCH 51 (Knospen der 1. Blütenanlage sichtbar) zur Verfügung. Bei Teppeki/Afinto ist darauf zu achten, dass diese nicht in Tankmischung mit ölhaltigen beziehungsweise auf ölbasierten Mitteln oder Zusatzstoffen gefahren werden dürfen. Bei Tankmischungen von B4-Insektiziden mit Azol-Fungiziden (Belanty, Dagonis, Narita, Revus Top) ist außerdem die Änderung der Bienengefährdung zu beachten.

Bei der Grünen Pfirsichblattlaus ist eine Resistenz gegenüber Pyrethroiden schon sehr weit verbreitet. Mit weiteren Spritzanwendungen in Kartoffeln wird sich diese noch weiter ausbreiten.

Andreas Berger, Dienstleistungs­zentrum Ländlicher Raum – LW 20/2024
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