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Dem BigBag gehört die Zukunft

Vermehrung im Ried durch Beregnung gesichert

Am 14 Juni traf sich der Saatbauverband West zu seiner Pflanzenbaurundfahrt am Bensheimerhof in Riedstadt. Dort wurde deutlich, dass es im Hessischen Ried und in Rheinhessen in diesem Frühjahr – anders als in vielen anderen Regionen – deutlich zu wenig geregnet hatte. Dank der Beregnungsmöglichkeiten der besichtigten Vermehrungsbetriebe und Versuchsflächen präsentierten sich die Schläge dennoch in guter Verfassung.

Hans Kellner (stehend links) führte über die Vermehrungsflächen des Bensheimerhofs. Foto: Becker
Thomas Bickhardt zeigte am Bodenprofil , warum die Beregnungsmöglichkeit im Hessischen Ried so entscheidend für die Ertragsabsicherung ist. Foto: Becker

Die Inhaberin des Bensheimerhofes, Dr. Karin Kraft, stellte zur Begrüßung ihren Betrieb vor, der von Ackerbauer Sascha Komm geführt wird. Auf den 336 ha Eigentumsfläche werden Weizen, Durum, Winter- und Sommergerste, Erbsen, Raps, Mais sowie Zuckerrüben angebaut. Ein Schwerpunkt der Aktivitäten liegt in der Vermehrung, die auf 275 ha erfolgt. Die durchschnittliche Schlaggröße beträgt 6,44 ha.

Seit Jahresbeginn sind nur 125 mm Niederschlag gefallen

Der Betrieb liegt auf knapp 90 m über NN bei einer Jahresmitteltemperatur von 9,8 °C. Im Jahresdurchschnitt fallen nur 550 mm Niederschlag, allerdings können 90 Prozent der Flächen beregnet werden, was wegen der leichten Böden mit 50 bis 75 Bodenpunkten zur Ertrags- und Qualitätsabsicherung auch notwendig ist. „Seit Jahresbeginn sind bisher nur 125 mm Niederschlag gefallen, und wir haben daher einen Großteil der Flächen schon einmal mit 35 mm beregnet“, erläuterte Dr. Kraft diesbezüglich. Der Betrieb verfügt über professionelle Saatguttechnik mit Reinigung (5 t Getreide pro Stunde), Beizanlage (10 t pro Stunde) und Saugdruckgebläse für eine saubere und schnelle Sortenumstellung; auch hier geht der Trend zur Ware in BigBags. Am Bensheimerhof werden 13 Weizensorten angebaut und 19 Sorten aufbereitet. Die Lagerkapazität liegt bei knapp 1400 Tonnen. Der im Jahr 782 erstmals erwähnte Betrieb steht mit all seinen Gebäuden, die größtenteils aus der Mitte des 19. Jahrhunderts stammen, unter Denkmalschutz. „Das ist für die Wirtschaftlichkeit der Anlagen schon eine große Belastung“, so Karin Kraft. Zum Glück habe man nahe der Betriebsstätte eine neue Halle genehmigt bekommen, die seit letztem Jahr in Betrieb sei.

LLH-Versuche zur Trockentoleranz im Weizen

Die Rundfahrt mit Schleppern und Anhängern führte zunächst zu den Landessortenversuchen (LSV) des Landesbetriebes Landwirtschaft Hessen (LLH), die sich auf benachbarten Flächen des Betriebes von Werner Wald befinden. An einem Bodenprofil erläuterte LLH-Berater Thomas Bickhardt die Besonderheiten des Standortes: Auf den kalkhaltigen Hochflutlehmen hat der Ackerbau eine lange Tradition, wäre aber ohne wasserbauliche Maßnahmen wie Grundwasserabsenkung und Vorflutregulierung nur schwer möglich. Der Sand im Unterboden wird in etwa 80 cm Tiefe von einer Rheinweißschicht durchzogen, die relativ undurchlässig für den Wasseraufstieg ist. Diese Rheinweißschicht zeigt als ausgefällter Kalk die Obergrenze des ehemaligen Grundwasserschwankungsbereichs an. Der Standort wurde am 24. Mai mit 45 l/m2 beregnet. Eine Fragestellung am Versuchsstandort ist das Wasseraneignungsvermögen von Winterweizensorten, die mit und ohne Beregnung am Trockenstandort geprüft werden. Eine wichtige Kultur im Ried ist wegen des geringeren Wasserbedarfes die Braugerste, aber auch diese musste im Mai beregnet werden, „die wäre uns sonst verreckt“, machte Bickhardt die Situation deutlich. Allgemein sei eine einmalige Fungizidbehandlung Anfang Mai ausreichend, diese habe vor allem im letzten, feuchteren Jahr die aufkommende Ramularia in der Wintergerste reguliert und damit zu einem deutlichen Mehrertrag geführt, so Bickhardt. Im Winterweizen stünden frühe Sorten wegen der speziellen trockenen Standorteigenschaften im Vordergrund. Zur Beregnung bemerkte Bickhardt, dass lediglich 6 bis 9 Prozent der Wasserentnahme im Ried auf die Landwirtschaft zurückzuführen seien, der Löwenanteil werde von Industrie und Privathaushalten genutzt.

Kaum Gräserdruck in den Vermehrungsflächen

Im Anschluss wurden die Vermehrungsflächen des Bensheimerhofs durch Hans Kellner, der den Betrieb ackerbaulich berät, vorgestellt. Die Flächen wurden bisher einmal beregnet und die vorgestellten Winterweizensorten wie Benchmark und Boss einmal mit einem Fungizid behandelt; im letzten Jahr sei wegen des hohen Druckes eine Spritzfolge notwendig gewesen. Der aktuell festzustellende Mehltau sei nicht bekämpfungswürdig.  Eine Grunddüngung erfolge wegen des Einsatzes von Kompost nicht. Der Gräserdruck sei 2017 eher gering und die Anwendung von Wachstumsreglern nur in reduziertem Umfang notwendig. Obwohl seit 15 Jahren pfluglos gearbeitet werde, seien beispielsweise Trespen kein Problem, allerdings müsse die Feld­randhygiene konsequent betrieben werden. Dem Problem der fehlenden Beizmöglichkeit gegen Gelbverzwergung werde mit einem Insektizideinsatz im Herbst begegnet. „Benchmark, aber auch die E-Weizensorte Julie, passen gut auf trockene Standorte“, so Kellner; bei Julie sei allerdings der gesicherte Absatz entscheidend für die Sortenwahl. Die Mähdrescher dürften nach seiner Einschätzung bereits in ein bis zwei Wochen laufen.

Sackware wird zum Nischenprodukt

Nach der Feldrundfahrt wurde das RWZ-Agrarzentrum in Worms angesteuert. Dieses ist laut Saatgut-Geschäftsleiter Josef Planken ein entscheidendes Kernstück der RWZ-Saatgutstrategie für Hessen, Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg und das Saarland. Die neue Saatgutaufbereitungsanlage hat eine Verarbeitungskapazität von 25 bis 30 t/Stunde und eine Lagerkapazität von über 3000 t. Die direkt anschließende alte Siloanlage mit 1200 t Kapazität wird weiterhin für Gerste und Leguminosen genutzt. Die bisherige Jahresproduktion von 4000 t soll in den nächsten Jahren allmählich verdoppelt werden. Die neue Anlage verfügt über eine Annahmegosse mit einer Leistung von 80 t/Stunde, eine Siloanlage mit 1800 t Lagerkapazität und eine Lagerhalle für die Sackverpackung und Palettierung sowie die BigBag-Absackung – auch für One-Loop-BigBags. Planken betonte die enormen logistischen Vorteile von BigBags, sowohl für den Handel als auch für den Landwirt. „Unsere zweischichtigen One-Loop-BigBags sind wasserfest und können daher überall bedenkenlos abgestellt werden; außerdem können sie leicht mit dem Frontlader wieder aufgenommen werden, da nur eine Schlaufe den gesamten BigBag trägt.“ Den Anteil der Sackware sieht er in den nächsten Jahren deutlich auf dem Rückzug.

Anforderungen an die Aufbereiter steigen ständig

Der in der Anlage anfallende Staub wird getrennt nach gebeizt und ungebeizt – komplett aufgefangen und an einen Entsorger abgegeben. „Das kostet uns etwa 700 Euro pro 200 Liter, auch das sind Kosten, die sich natürlich auf den Preis auswirken“, machte Planken klar. In der von Annette Seifert-Rufe, Vorsitzende des Saatbauverbandes, geleiteten Aussprache wurde deutlich, dass sowohl kleinere private Aufbereiter als auch die großen Saatgutzentren künftig die Versorgung sicherstellen werden, wobei sich die kleineren Anbieter stärker spezialisieren dürften. Die Beizung werde immer mehr ein Geschäft für absolute Profis, denn die Anforderungen an das Endprodukt als auch an die Verfahren werden immer höher. Abschließend berichtete Gabriele Käufler vom LLH über die Vermehrungsflächen in Hessen. Diese seien insgesamt leicht gestiegen. Größte Weizensorte mit 7000 ha sei Reform, gefolgt von der Sorte Benchmark, bei der die schwächere Winterhärte zu beachten sei. Käufler betonte: „Wechseln Sie die Sorten nicht zu schnell, denn man muss die angebauten Typen erst einmal kennenlernen, um sie erfolgreich zu führen.“

KB – LW 25/2017
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