Die Rapsaussaatbedingungen im vergangenen Spätsommer waren vielerorts gut. Niederschläge vor und nach der Aussaat sorgten für gleichmäßig auflaufende Bestände. Völlig anders als im Vorjahreszeitraum. Die Bestandsentwicklung im Herbst war meist stark, was eine hohe Stickstoffaufnahme vor Winter bedeutet. Die überwiegende Mehrheit der Rapsflächen wurde bereits im Vorauflauf beziehungsweise frühem Nachauflauf behandelt mit guten Bekämpfungserfolgen. Sollte dennoch im Frühjahr Handlungsbedarf bestehen, muss ein Herbizideinsatz wohl abgewogen werden.
Leider ist die Auswahl an zugelassenen Rapsherbiziden im Frühjahr nicht gerade üppig und die Wirkungsspektren sind häufig begrenzt. Zudem schmählern stark entwickelte Unkräuter den Maßnahmenerfolg. Mit dem Wirkstoff Propyzamid in den Produkten Kerb Flo, Cohort und Groove besteht die Möglichkeit einer effektiven Ungrasbekämpfung während der Wintermonate bis zum Ende der Vegetationsruhe. Voraussetzungen für die Anwendung sind neben einer Tagestemperatur über 0 °C, ein ausreichend feuchter Boden, der schneefrei und befahrbar ist.
Propyzamid-Anwendung bis Ende Februar
Da Propyzamid über den Boden wirkt, wird in großgewachsenen Rapsbeständen die Wirkung nicht vermindert, weil Niederschläge nach der Applikation den Wirkstoff von den Rapsblättern abwaschen und in den Boden eintragen. Neben Ausfallgetreide werden hartnäckige Gräser, wie Ackerfuchsschwanz, Windhalm, Trespen, Weidelgras und Jährige Rispe sehr gut bekämpft. Zudem werden Vogelmiere und teilweise Ehrenpreis-Arten mit erfasst. Besonders in Betrieben mit langjähriger pflugloser Bewirtschaftungsweise ist der Propyzamid-Einsatz im Rahmen der Fruchtfolge ein wichtiger Resistenzbaustein und gewährleistet eine sichere Bekämpfung bei hohem Gräserdruck, besonders auf Ackerfuchsschwanz-Resistenzstandorten. Die empfohlene Aufwandmenge der aufgeführten Produkte beträgt 1,25 l/ha. Gegen schwerbekämpfbaren Ackerfuchsschwanz auf schweren Böden bedarf es einer Aufwandmengenerhöhung auf 1,875 l/ha.
Alternativ kann eine Applikation von Milestone mit 1,5 l/ha vorgenommen werden. Milestone enthält neben Propyzamid zusätzlich den Wirkstoff Aminopyralid und erfasst dadurch auch Klatschmohn, Kornblume, Kamille und eingeschränkt das Ackerstiefmütterchen. Zu beachten ist die Nachbauproblematik, wenn mit propyzamidhaltigen-Mitteln behandelter Raps wegen mangelnder Pflanzenentwicklung womöglich umgebrochen werden muss. Im Frühjahr kann dann kein Nachbau von Sommergetreide, Gräsern, Kleegras-Mischungen und Rüben erfolgen.
Auswahl der Graminizide je nach Resistenzgeschehen
Die im Frühjahr zugelassenen Gräsermittel im Rapsanbau unterliegen alle dem Wirkungsmechanismus A (ACC-Hemmer). Zur Wahl stehen Agil-S, Focus Aktiv-Pack, Fusilade Max, Panarex und Targa Super. Erfasst werden Ausfallgetreide, Ackerfuchsschwanz, Windhalm, Flughafer, Trespe und Weidelgras. Außer Agil-S bekämpfen die genannten Mittel zusätzlich Quecke, jedoch mit deutlich höheren Aufwandmengen zwischen 2,0 und 2,5 l/ha, was Tabelle 1 zeigt. Auf Standorten mit vermuteter FOP-Resistenz ist die Wirkung auf Ackerfuchsschwanz vermindert, was den Einsatz von wirkungssicheren DIMs in Form vom Focus Ultra-Pack erforderlich macht. Da die Ungräser bei Frühjahrbekämpfungen häufig stark entwickelt sind, darf keine Aufwandmengenreduzierung erfolgen. Ideal ist auch hier wüchsiges Wetter mit Temperaturen über 10 °C.
Unkrautbekämpfung im Frühjahr mit wenig Auswahl
Ist eine Unkrautbekämpfung im Frühjahr noch notwendig, so ist nicht nur die Auswahl an Herbiziden gering, sondern auch deren Wirkungsspektrum. Neben den Produkten Lontrel 600 beziehungsweise 720 SG und Vivendi 100, die den Wirkstoff Clopyralid solo enthalten, steht auch Effigo, ergänzt um den Wirkstoff Picloram, für den Einsatz im Frühjahr zur Verfügung. Die reinen Clopyralid-Präparate unterscheiden sich neben der Formulierung in der Wirkstoffaufladung. Während Lontrel 600 und Vivendi 100 flüssig formuliert sind, ist Lontrel 720 SG ein wasserlösliches Granulat mit der höchsten Wirkstoffaufladung von 720 g/kg. Das eingeschränkte Wirkungsspektrum umfasst neben Kamille, Kornblume und Distel auch Knöterich und Leguminosen (Klee-Arten, Wicke, Erbsen, Bohnen). Um eine gleichmäßige Wirkung zu erreichen, ist eine gute Benetzung unter Zumischung von Netzmitteln zwingend erforderlich.
Da Clopyralid keine Bodenwirkung hat sondern rein über den Kontakt wirkt, ist bei Abschirmung durch die Kulturpflanzen mit Wirkungsminderungen zu rechnen. Die besten Wirkungsresultate werden erreicht, wenn sich die Unkräuter im zügigen Wachstum befinden. Dies ist bei wüchsigen Bedingungen gegeben, heißt, warmes Wetter (10 bis 15 °C) und zugleich feuchte Witterung. Frost nach der Anwendung ist kontraproduktiv. Ein verträglicher Einsatz ist bis zum BBCH-Stadium 50 (Blütenknospen sind noch von den obersten Laubblättern dicht umschlossen) möglich.
Entwicklungsstadium der Unkräuter beachten
Das Entwicklungsstadium der Unkräuter ist ebenfalls für den Bekämpfungserfolg von Bedeutung. Je kleiner die Unkräuter, desto besser die Wirkung. Kamille, die bereits verholzt ist oder gar schon blüht, wird nicht mehr ausreichend bekämpft. Anders die Situation bei Disteln. Diese sollten eine Wuchshöhe von 10 bis 20 cm erreicht haben, um die bestmögliche Wirkung zu erzielen. Beim Einsatz von Effigo ist das Wirkungsspektrum aufgrund des zusätzlichen Wirkstoffs Picloram breiter als bei reinen Clopyralid-Produkten. Neben der etwas besseren Bekämpfung von Kornblume und Kamille, wird zusätzlich Mohn unterdrückt und Klettenlabkraut erfasst. Besonders wichtig ist der frühe Einsatz von Effigo direkt nach Vegetationsbeginn, um einem verzögerten Blühbeginn entgegen zu wirken, welcher mit deutlicher Ertragsminderung einhergeht. Aus diesem Grund sollte auf die Anwendung verzichtet werden, sobald am Haupttrieb erste Knospen vorhanden sind.
Thomas Schoch, DLR Westpfalz – LW 8/2018