Die Braugerste stellt für viele Betriebe eine wichtige Sommerung innerhalb der Fruchtfolge dar. Über den aktuellen Entwicklungsstand informierte der Hessische Braugerstenverein bei seiner Rundfahrt in Mittelhessen.
Ziel der Gruppe aus Landwirten sowie Vertretern von Mälzereien, Brauereien und Züchtern war der Betrieb „Hof Güll“ von Clemens Lischka bei Lich. Der Pächter von 680 Hektar Ackerland baut Winterweizen (230 ha), Zuckerrüben (143 ha), Winterraps (73 ha) und 185 Hektar Sommergerste an. 30 Hektar hat Lischka den Greening-Vorschriften folgend aus der Produktion genommen, vor allem in Form von Stilllegung und Blühstreifen. „Zwischenfrüchte passen nicht in unser pflugloses Anbausystem, nicht zuletzt wegen der starren Vorgaben hinsichtlich des Termins einer ersten Bodenbearbeitung, die wie der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln erst ab dem 16. Februar erlaubt ist“, erläuterte der Betriebsleiter.
Auch Ackerbaubetriebe mit wirtschaftlichen Sorgen
Die Hof Güller Flächen weisen zwischen 30 und 90 Bodenpunkte auf, im Schnitt 65. Sie liegen am Nordrand der Wetterau auf 180 m üNN, und es fallen 600 mm Niederschlag im Jahr. Lischka beschäftigt drei festangestellte Mitarbeiter, die „motiviert, kompetent und selbständig ihre Arbeit erledigen. Da muss ich mich nicht drum kümmern. Einen Stundenlohn von nur 12 oder 13 Euro kann man da aber wegen der Nähe zum Rhein-Main-Gebiet vergessen“, verdeutlicht der Ackerbauprofi. Trotz guter Flächenausstattung und optimierter Kosten (60 l Diesel/ha) sei es schwierig, unter den derzeitigen Marktbedingungen Gewinne zu erwirtschaften. „Wir haben kaum noch Stellschrauben, an denen wir drehen können“. Ein weiterer Grund für die schwierige Situation auch bei Ackerbaubetrieben seien die hohen Pachten.
Auf einem 28 ha großen Schlag bei Lich-Eberstadt wurde ein Bestand der Sorte Planet in Augenschein genommen. Lischka erklärte dazu, dass wie üblich in seinem Betrieb zwei flache Stoppelbearbeitungsgänge und ein mitteltiefer Grubberstrich erfolgt waren. Wegen des quasi ausgefallenen Winters seien die Flächen grün ins Frühjahr gegangen und mussten komplett mit Glyphosat behandelt werden. „Wir könnten bei guten Böden und Frösten über Winter auch ohne Glyphosat auskommen, ansonsten wird aber der Einsatz anderer, weniger umweltschonender Pflanzenschutzmittel notwendig sein“, stellte er zur Zulassungssituation bei Herbiziden fest.
Bei pfluglosem Anbau ist Lager verboten
Die Sommergerste am Standort wurde am 13. März mit 280 Körnern/m2 ausgesät. Neben Planet stehen noch Avalon und Quench auf der Fläche. Als viehloser Betrieb stehen am Hof Güll die NPK-Düngung und Harnstoff zur Nährstoffversorgung im Vordergrund, insgesamt wurden 110 kg N gedüngt. „Obwohl wir nie Probleme mit zu hohen Eiweißgehalten in der Braugerste haben, geht Planet trotz zweimaliger Einkürzung stellenweise bereits ins Lager; auf anderen Schlägen des Betriebes auch schon deutlich. Bei Avalon und Quench ist das nicht zu beobachten“, bemerkte Lischka zum Erscheinungsbild der Sorten. Lagergetreide und damit langes Stroh auf der Fläche sei jedenfalls bei reduzierter Bodenbearbeitung immer ein Problem.
Auch die Gesundheit macht etwas Sorgen: Trotz des Einsatzes von 0,5 l/ha Input am 11. Mai und einer Behandlung mit Folicur (0,3 l) plus Amistar Opti (1l/ha) am 26. Mai zeigen sich erste Symptome, die auf einen Fusarium-Befall hinweisen können. Eine entsprechende Befalls-fördernde Witterung habe über die ganze Blüte hinweg vorgelegen; ob es aber tatsächlich zu einem größeren Infektionsgeschehen in der Gerste gekommen ist, müsse man erst noch sehen, so LLH-Beraterin Gabriele Käufler vom Eichhof, Bad Hersfeld. „Nicht alles, was jetzt wie Fusarium aussieht, ist es auch.“ Die Sorten Avalon und vor allem Quench zeigen sich gesünder, war zu erfahren.
Sorte Planet ohne Verarbeitungsempfehlung
Der Anbau von Planet dürfte aber hauptsächlich wegen der Nichtaufnahme in das Berliner Programm für anbauwürdige Braugersten (keine „Verarbeitungsempfehlung“) stark an Bedeutung verlieren; im benachbarten Ausland wie beispielsweise Frankreich ist die sehr ertragsstarke Planet von R.A.G.T. allerdings eine der führenden Sorten. Was ihn betreffe, so habe er einen Abnehmer für seine Planet-Partien, so Lischka. Weitere Sorten wurden von Gabriele Käufler auf einem zweiten Schlag Lischkas vorgestellt. Die Zulassung für Laureate (Syngenta) stehe nach dem dritten Wertprüfungsjahr an; die Sorte liefere hohe und sichere Vollgerstenerträge, schiebe mittelspät die Ähren und sei nicht ganz so standfest wie Quench. Die Sorte Cervinia (Limagrain) könne als Alternative zu Planet angesehen werden, vor allem wegen des fast gleichhohen Ertragsniveaus. Ventina (Breun) bilde ein etwas kleineres Korn aus, was aber unproblematisch sei; hier stehe genügend Vermehrungsfläche zur Verfügung.
Volle Läger drücken auf die Weltmarktpreise
Der Vortragsteil der Veranstaltung in den Räumen der RWZ Langgöns hatte die internationalen Getreidemärkte zum Inhalt, wobei sich Referent Carl Offergeld von der RWZ Rhein-Main schwerpunktmäßig der Braugerste zuwandte. Insgesamt drückten zwei gute Ernten weltweit und eine bis jetzt ebenfalls gut verlaufende Anbausaison auf die Weltmarktpreise. Die EU habe aufgrund des schwachen Euro und teuren Dollars in den letzten Jahren große Mengen exportiert, und die Getreide-Läger seien voll. So sei der Weizenpreis mit zwischenzeitlichen Schwankungen von Juni bis September 2015 von 200 auf 140 Euro gefallen. Ein stabilisierender Faktor könne in Deutschland die steigende Inlandsnachfrage durch den Flüchtlingsstrom sein, so Offergeld.
Der Preis für die Braugerste werde weniger an der Börse gemacht; er sei direkt abhängig von der Nachfrage der heimischen Malzindustrie – und dem Angebot an qualitativ hochwertiger Ware. Die Anbaufläche von Sommerbraugerste sei aktuell gesunken, die von Winterbraugerste gestiegen und die Erträge beider Sortimente stiegen ebenfalls; für 2016 würden gute Erträge erwartet.
„Der Braugersten-Preis zuckt etwas nach oben“
„Der Preis bewegt sich derzeit auf einem Niveau von etwa 16 Euro die Dezitonne“, so der RWZ-Marktexperte im Gespräch mit dem LW – in Südhessen, näher an den Mälzereien, leicht darüber und in Nordhessen eher darunter. „Er zuckt allerdings schon etwas nach oben wegen der sich andeutenden Qualitätsdiskussion hinsichtlich eines möglichen Fusarium-Befalls.“ Anbauer Clemens Lischka rechnete vor, dass er bei einem guten Ertrag von etwa 80 dt/ha einem Preis von 18 Euro und bei weniger gutem Ergebnis von rund 16 dt einen Preis von 20 Euro/dt bekommen müsse, um kostendeckend Braugerste zu produzieren. Der Geschäftsführer des Hessischen Braugerstenvereins, Bernd Weber, warb abschließend für die Teilnahme am hessischen Braugerstenwettbewerb. Termine und Abgabekonditionen werden im LW Hessenbauer bekanntgegeben.
KB – LW 26/2016