Die ersten Reihen Pfälzer Frühkartoffeln sind bereits im Mai gerodet worden, die Erzeuger stehen in den Startlöchern, um größere Mengen losschaliger Kartoffeln zu ernten. Die Aussichten für die Erzeuger in den nächsten Wochen sind so gut wie lange nicht mehr. Der Markt wartet auf heimische Ware, denn ausländische Frühkartoffeln werden vermutlich früh die Regale im LEH räumen. Eine längere Phase stabiler hoher Preise scheint möglich.
Christoph Hambloch von der Bundesvereinigung Erzeugergemeinschaften Kartoffeln in Bonn hatte positive Nachrichten für die Frühkartoffelerzeuger im Gepäck, als er am vergangenen Montag in Großkarlbach die Marktprognosen für die Frühkartoffelkampagne 2024 vorstellte. Die Erzeugergemeinschaft Pfälzer Grumbeere hatte den Marktexperten eingeladen.
„Die positive Situation auf dem Frühkartoffelmarkt hat sich mit lang vorhersehbaren Signalen angekündigt“, erklärte Hambloch den zahl-
reich erschienenen Landwirten. Die Pfälzer Erzeuger können damit rechnen, dass nach einer frühen Räumung von israelischer, ägyptischer und spanischer Ware Frühkartoffeln aus Vlies- und Folienanbau zügig vom LEH aufgenommen wird – zu stabil hohen Preisen.
Keine große Kartoffelernte in der EU insgesamt
Zu der Markteinschätzung der neuen Ernte gehört immer ein Blick zurück in das vorherige Anbaujahr. In der EU habe es insgesamt keine große Kartoffelernte gegeben, mit 49,3 Mio. t lag sie nur geringfügig über dem schlechten Ernteergebnis von rund 48 Mio. t im Jahr 2022. Zwar hätten Deutschland und Frankreich als die mengenmäßig größten Kartoffelerzeuger rund neun Prozent mehr Kartoffeln als im Vorjahr geerntet, aber viele Erzeugerländer wie die Niederlande oder Polen hätten deutlich weniger Kartoffeln ernten können.
Hinzu kam, dass besonders in Niedersachsen als größtem Erzeugerland in Deutschland weniger Speise- und mehr Stärke- und Veredelungskartoffeln angebaut wurden. Ein Trend, der laut Hambloch auch in anderen Regionen, auch auf europäischer Ebene, zu beobachten ist.
„Insgesamt waren 2023 weniger Speisekartoffeln im Lager. Das hatte zur Folge, dass in Deutschland für das diesjährige Frühjahr viel zu kleine Vorräte an Speisekartoffeln zur Verfügung standen“, so der Marktexperte. Zusätzlich gab es nach dem nassen Herbst Qualitätsprobleme im Lager. In der Folge schwanden die Vorräte schneller als in anderen Jahren. In Frankreich, das traditionell viele südeuropäische Länder mit Kartoffeln versorgt, hatte ebenfalls kaum Speisekartoffelvorräte.
Frühe Importe aus dem Mittelmeerraum
Die Lücke zwischen alterntiger deutscher Ware und heimischen Frühkartoffeln schließen Importe aus dem Mittelmeerraum. Schon früh im März haben nach Aussage von Hambloch erste Frühkartoffeln aus Ägypten den Weg in die deutschen Supermarktregale gefunden und waren dort auch im April stark vertreten. „Auch im Mai dürften viele Kartoffeln aus Ägypten in Deutschland verkauft worden sein, aber jetzt sind sie ausdisponiert.“
Hambloch geht davon aus, dass es keine Sommerernte aus Ägypten geben wird, weil sie Kartoffeln als Pflanzgut für das nächste Jahr benötigen. Ägypten habe zwar den Kartoffelanbau in den vergangenen Jahren stetig ausgebaut und habe auch das Potenzial, große Mengen nach Europa zu liefern. „Aber sie haben nicht so viele festkochende Sorten im Angebot, die der deutsche Markt verlangt“, sagte er. Ein großer Abnehmer in Europa sei Griechenland und neuerdings auch Spanien, weil die Spanier weniger Speisekartoffeln aus Frankreich bekommen.
Israel baut auf rund 14 000 ha Frühkartoffeln an. „In Israel haben wir aufgrund des Krieges einen schwächeren Anbau gesehen“, ordnete Hambloch die Marktsituation ein. „Die Israelis waren später am Markt und es gibt keine freie Ware.“ Zypern exportiert insgesamt weniger Kartoffeln, die Ware, die in Deutschland ankommt, wird hauptsächlich über Großmärkte verkauft. Und auch Italien spielt nach Aussage des Marktexperten kaum noch eine Rolle für das Geschäft mit Frühartoffeln. Zwar gebe es in der Region Kampanien eine Ausweitung des Kartoffelanbaus, aber hier werden hauptsächlich Chipskartoffeln kultiviert.
Hohe Preise zum Markteinstieg
Bleibt noch Spanien. Die spanischen Kartoffeln haben in den vergangenen Jahren immer wieder dafür gesorgt, dass Pfälzer Frühkartoffeln nicht den Weg in die Supermarktregale fanden, obwohl die Ernte schon angelaufen war. Die Kartoffeln für Westeuropa werden Hambloch zu Folge fast nur noch in Andalusien auf den schweren Böden angebaut. In anderen Regionen werden die Kartoffeln für den spanischen Markt benötigt. Hier sei ein deutlicher Anbaurückgang auf nur noch 4 400 ha zu verzeichnen gewesen.
Das knappe und teure Pflanzgut hat Spuren hinterlassen. Hinzu kam Extremniederschlag Ende März, der die Böden verdichtet hat und zu einem geringeren Knollenansatz sowie Beeinträchtigungen bei der Ernte geführt hat. Die Ertragsverluste werden auf 20 bis 30 Prozent geschätzt, so Hambloch. Die Programmware sei ab Mitte Mai gelaufen, viele Lebensmittelhändler hätten Bedarf an spanischen Kartoffeln gehabt. „Das Gros der spanischen Programmware wird bis 10. Juni geräumt sein“, prognostizierte er.
Bei knappem Angebot und hoher Nachfrage waren die Preise für spanische Kartoffeln zu Saisonbeginn Ende April entsprechend hoch. Sie notierten mit 95 Euro/dt franko Deutschland, ab dritter Maidekade sogar bis über 100 Euro. Die Ägypter starteten mit knapp 80 Euro/dt im März und April in den deutschen Markt, die Israelis mit 85 Euro/dt für mehligkochende und 95 Euro/dt für festkochende Kartoffeln.
Die Preisempfehlungen für erste deutsche Sackware lagen laut Hambloch Anfang Mai bei 132 Euro/dt und damit geringfügig über dem Vorjahr. „Lose Ware in Baden-Württemberg wird mit 100Euro/dt notiert“, sagte der Marktexperte.
Verkäufermarkt in den nächsten Wochen
Die Marktaussichten für die Pfälzer Frühkartoffelerzeuger schätzt er für die nächsten Wochen gut ein. „Erste losschalige Ware geht in den Markt. Alle Anbaugebiete mit Kartoffeln aus geschütztem Anbau werden Mitte Juni am Markt sein“, so Hambloch. Es werde kaum Konflikte mit ausländischer Ware geben. „Wir werden die nächsten vier bis sechs Wochen einen Verkäufermarkt haben.“
Jetzt gelte es, die Kartoffeln möglichst gesund abreifen zu lassen. Allerdings könne es zu Verzögerungen bei den Anschlusssorten kommen, weil Regenfälle und Frostereignisse im April das Wachstum gebremst haben.
Thomas Reber von Helma Südwest aus Beindersheim merkte an, dass die Lagerbestände leer sind. Er schätzt die Bestandsentwicklung aufgrund des regnerischen Wetters etwas schwächer ein. Dennoch haben sie am 30 Mai mit dem Roden begonnen. Die Nachfrage schätzt Reber als konstant ein, den Markt bezeichnet er als aufnahmefähig. „Achten Sie auf Qualitäten und reifen Sie die Bestände ab. Roden Sie, wenn die Partien es hergeben. Es kann eine gute Saison werden, wenn alle an einem Strang ziehen.“
Hartmut Magin, Vorstand der Erzeugergemeinschaft Pfälzer Grumbeere, mahnte, dass die Erzeuger das Abreifen der Bestände nicht vergessen sollten und mit den Vermarktern Kontakt halten sollten.
Ibs – LW 24/2024