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Was die Spritze kann, kann der Streuer noch lange nicht

Liederbacher Ackerbautag beschäftigte sich mit Düngetechnik

Die neue Düngeverordnung wirft ihre Schatten voraus ­– auch bei der Mineraldüngung. Dass die Verteilgenauigkeit mit immer größeren Wurfweiten an Genauigkeit verliert, wurde genauso deutlich wie die Notwendigkeit einer wiederholten Überprüfung des Streubildes im Feld.

Ulrich Lossie von der DEULA in Niemburg: „Entscheidend für die exakte Düngerausbringung ist nicht die Technik, sondern immer der Anwender.“ Foto: Becker
Dr. Wilfried Zorn von der Thüringer Landesanstalt für Landwirtschaft in Jena stellte langjährige Versuche zur Präzisierung der Phosphor-Düngung vor. Foto: Becker
Dierk Koch, LLH: „Hinsichtlich der Kalium-Düngung gibt es zwischen der Herbst- und Frühjahrsdüngung keine statistisch nachweisbaren Unterschiede.“ Foto: Becker
Dr.Friedhelm Fritsch, DLR, Bad Kreuznach: „Die positiven Wirkungen einer Kalkgabe auf Bodenstruktur und Bodenleben sind bekannt und sollte nicht aus Angst vor Nährstofffestlegungen unterbleiben.“ Foto: Becker

Nach Eröffnung der Vortragsveranstaltung durch den Vorsitzenden des veranstaltenden Vereins für landwirtschaftliche Fortbildung, Frankfurt-Höchst, Jürgen Pauly, übernahm Dr. Nikolaus Bretschneider-Herrmann die Moderation und stellte fest: „Die Gesellschaft stellt Forderungen, ohne sich über die Wirtschaftlichkeit Gedanken zu machen.“ Nachhaltigkeit sei aber nur in Verbindung mit der Wirtschaftlichkeit möglich.

„Wer macht bei Mineraldüngern eine Eingangskontrolle?“

Den Hauptvortrag des Tages bestritt Ulrich Lossie von der DEULA in Niemburg (Niedersachsen). Dort ist eine der wenigen Stellen, die unabhängig die Verteilgenauigkeit von Düngerstreuern überprüft. Und so machte der Referent gleich klar, dass ein randgenaues Streuen bei Wurfweiten von bis zu 36 Metern kaum möglich ist. „Der unterversorgte Randbereich kostet richtig Geld und selbst dann werden immer noch einige Körner auf dem Weg oder der Nachbarfläche landen.“ Hinsichtlich der Technik machte Lossie deutlich, dass die Farbe der Maschine ziemlich egal ist. Entscheidend sei vielmehr der Anwender, denn er müsse sicherstel-len, das der Streuer einwandfrei arbeitet; dazu gab er einige Punkte zu bedenken.

Die Verteilgenauigkeit beginnt beim Dünger-Bezug

Die Verteilgenauigkeit beginne schon beim Kauf des Düngers. „Wer macht bei Lieferung von Mineraldüngern eine Eingangskontrolle?“, wollte Lossie von den anwesenden Praktikern wissen. Alle Hände blieben unten. Der Fachmann riet dazu, sowohl einen Kornhärtetester als auch eine Schüttelbox, die zur Überprüfung der Korngrößen-Anteile geeignet ist, einzusetzen. „Schauen Sie sich ruhig auch einmal das Lager ihres Lieferanten an. Wenn da ein Aufbereiter zum Vermahlen von Düngemitteln steht, ist das kein gutes Zeichen. Auch wenn Schüttkegel in den Hallen liegen, können Sie keine gleichbleibende Qualität erwarten, denn je nachdem, ob eine Charge vom Rand oder aus der Mitte des Haufens kommt, sind die Anteile großer, mittlerer und kleiner Körner extrem unterschiedlich; und eventuell kaufen Sie einen beachtlich Anteil Staub. Die gleichmäßige Verteilung bei der Einlagerung kostet Zeit und Geld, schauen Sie also nicht nur auf den günstigsten Preis. Achten Sie auch bei Mineraldüngern darauf, dass die Qualität stimmt, denn wenn Sie verschiedene Korngrößen und Kornhärten im Streuer haben, ist die Verteilgenauigkeit durch das variable Flugverhalten schnell dahin.“ Selbstverständlich sei dann auch auf dem eigenen Betrieb auf entsprechenden Umgang mit den Düngemitteln zu achten. Außerdem gehörten gedruckte Streutabellen ins Altpapier, denn sie seien aufgrund ständiger Anpassungen der Dünger seitens der Hersteller immer überholt. „Nutzen Sie hier die online-Angebote der Beratung oder der Düngemittel-Produzenten.“

Ungleiche Verteilung wird schnell teuer

Anhand verschiedener Bestandsbilder zeigte Lossie dann, was bei nicht exakter Ausbringung im Feld passieren kann: Streifige Bestände beispielsweise könnten durch Seitenwind oder aber eine nicht exakte Aufhängung des Streuers entstehen. „Wenn das Gerät durch ungleiche Hub­streben etwas schief steht, wird auf einer Seite zu weit und auf der anderen zu kurz geworfen. Wenn Sie das im Bestand sehen, liegt meist eine Abweichung bei der Stickstoffdüngung von deutlich über zehn Prozent vor, und das ist richtig teuer. Bei Phosphor beispielsweise sehen Sie das überhaupt nicht.“ „Die Überprüfung des Streubildes und der Streubreite mittels genormter Schalen im Feld ist eine hochwirtschaftliche Maßnahme“, betonte der Berater. Die Landtechnikhersteller seien derzeit bemüht, hier praktikable Hilfen zu schaffen. Amazone beispielsweise habe ein System entwickelt, wobei Gummimatten aufs Feld verteilt werden und die darauf gelandeten Körner mit dem Smartphone fotografiert und mit einer entsprechenden App ausgewertet werden. „Diese Lösung ist noch nicht im Handel, zeigt aber, wo es hingehen wird“, so Lossie. Weitere Punkte: Die sich entleerende und dadurch neigende Maschine macht eine ständige Anpassung notwendig. Bei Düngermischungen müssen Körngrößen und Korngewichte zusammenpassen. Die Technik muss optimal funktionieren, das bedeutet auch den regelmäßigen Austausch verschlissener Bauteile wie den Wurforganen. Und: Regelmäßige Schulungen machen einen optimalen Einsatz der Technik möglich. Abschließend gab Lossie zu bedenken: „Wenn wir die Verteilgenauigkeit nicht besser in den Griff bekommen, wird uns die nächste Düngeverordnungs-Novelle womöglich noch größere Probleme bereiten.“

Gute Phosphorversorgung erhöht die N-Effizienz

Dr. Wilfried Zorn von der Thüringer Landesanstalt für Landwirtschaft, Jena, stellte langjährige Versuche zur Präzisierung der Phosphor-Düngung vor. Auf acht unterschiedlichen Standorten habe sich gezeigt, dass eine P-Düngung vor allem auf schwach versorgten Böden zu einem deutlichen Ertragsplus führen kann. Unterschiede zeigten sich auch bei der Wasser­versorgung: Bei Trockenheit schnitten Schläge mit guter P-Versorgung signifikant besser ab. Aber auch die P-Bedürftigkeit der jeweiligen Kultur müsse bei der Versorgung berücksichtigt werden beziehungsweise die Düngung an den im Betrieb wichtigsten Kulturen mit hohem Bedarf ausgerichtet werden. Denn Phosphor sei unter anderem für eine gute Stickstoffeffizienz mitentscheidend.

Kalium im Frühjahr oder im Herbst bringen?

Ebenfalls eigene Versuchsreihen zur Nährstoffversorgung von Kulturpflanzen konnte Dierk Koch vom Landesbetrieb Landwirtschaft (LLH) in Kassel vorstellen. Hinsichtlich der Kalium-Düngung konnte der Referent zeigen, dass es zwischen der Herbst- und Frühjahrsdüngung keine statistisch nachweisbaren Unterschiede gibt, „allerdings mit der Tendenz, dass eine Versorgung im Frühjahr etwas vorteilhafter sein könnte – vor allem auf leichten Standorten.“ Bei Zuckerrüben habe die Kalium-Düngung ihre deutlichsten Effekte gezeigt. Untersucht wurden in Kassel auch die Effekte unterschiedlicher räumlicher Platzierung von P- und K-Düngern, vor allem der Unterfußdüngung. Zwischen den einzelnen Varianten konnten kaum Unterschiede festgestellt werden, auch nicht bei Betrachtung der Ablagetiefe.

Nährstoffverfügbarkeit von hohem pH kaum berührt

Langjährige Beobachtungen zum Zusammenhang zwischen pH-Wert und Nähstoffverfügbarkeit stellte Dr. Friedhelm Fritsch vom Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum in Bad Kreuznach vor. Er musste einige Lehrbuchmeinungen revidieren, denn seinen Untersuchungen zufolge wurde die Verfügbarkeit der Mikronährstoffe Mangan, Kupfer und Bor durch Aufkalkungen nicht herabgesetzt. „Die positiven Wirkungen einer guten Kalkversorgung auf Bodenstruktur und Bodenleben sind bekannt, und daher sollten Kalkgaben nicht aus Angst vor Nährstofffestlegungen unterbleiben“, so der Düngungsexperte. Eine Gefahr bestehe hingegen darin, dass bei pH-Werten unterhalb von 4 die Tonminerale des Bodens unwiederbringlich zerstört werden können.

KB – LW 10/2017
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