Mit der Blütezeit im Raps stellt sich für viele Landwirte nicht nur die Frage nach der Notwendigkeit einer Blütenbehandlung gegen Sclerotinia sclerotiorum, sondern auch, ob und wann eine Insektizidmaßnahme gegen Schotenschädlinge gerechtfertigt ist.
Bei Insektizideinsätzen gegen Schotenschädlinge stehen insbesondere der Kohlschotenrüssler (Ceutorhynchus assimilis) und die Kohlschotenmücke (Dasineura brassicae) im Fokus. Beide treten nahezu in allen Rapsanbaugebieten Deutschlands auf, verursachen allerdings nur selten wirtschaftlich relevante Schäden.
Biologie und Schadpotenzial der Schotenschädlinge
Der Kohlschotenrüssler ist ein 2,5 bis 3 mm kleiner Rüsselkäfer mit grauer Körperbehaarung und schwarzen Beinen. Er fliegt bevorzugt bei Temperaturen um 20 °C in die Rapsbestände ein – meist bereits vor der Blüte. Nach Paarung und Reifungsfraß legt das Weibchen bis zu 60 Eier einzeln in junge Schoten ab. Die daraus schlüpfenden Larven fressen drei bis sechs Samen je Schote und verlassen die Frucht nach einigen Wochen.
Trotz seiner weiten Verbreitung führt der Kohlschotenrüssler nur selten zu signifikanten Ertragseinbußen. Der geringe Samenverlust pro Schote wird meist durch die Kompensationsfähigkeit der Pflanze ausgeglichen.
Die Kohlschotenmücke ist mit etwa 1,5 mm Körperlänge deutlich kleiner und durch einen rötlichen Hinterleib gut zu erkennen. Sie tritt meist zur Vollblüte in Erscheinung, wobei sie nur geringe Distanzen von bis zu 500 m zurücklegt. Die Eiablage erfolgt in mehreren Schüben – bevorzugt in geschädigte Schoten, etwa durch den Kohlschotenrüssler. Die Larven zerstören das Schotengewebe von innen, was zu vorzeitigem Platzen der Schoten und Kornverlust führt.
Problematisch wird die Kohlschotenmücke besonders in feuchten Jahren und Beständen mit hohem Rüsslerbefall, da sich die Kohlschotenmücke durch dessen Vorschädigungen begünstigt etablieren kann.
Erfassung des Befalls ist eine Herausforderung
Die Befallserhebung beider Schädlinge gestaltet sich in der Praxis schwierig: Gelbschalen sind als Monitoringinstrument zur Feststellung des Zuflugs kaum geeignet. Visuelle Feldkontrollen erfordern Geduld und Erfahrung, da sich sowohl Rüssler als auch Mücken bei Störungen schnell zu Boden fallen lassen oder wegfliegen. Befallserhebungen in Blütenständen und Schoten sind sehr zeitaufwendig und liefern selten belastbare Aussagen zur Schadschwelle.
Wichtig ist: Valide Bekämpfungsrichtwerte existieren derzeit nicht. Eine generelle Insektizidmaßnahme zur Blütezeit – quasi als „Sicherheitsbehandlung“ – ist daher weder zielführend noch ökologisch vertretbar.
Entscheidungskriterien für den Pflanzenschutzmitteleinsatz
Obwohl Insektizide derzeit kostengünstig verfügbar sind, sollte der Einsatz stets mit Augenmaß erfolgen. Die Versuchung ist groß, bei einer ohnehin geplanten Fungizidmaßnahme ein Insektizid „mitzunehmen“. Diese Vorgehensweise ist jedoch aus mehreren Gründen kritisch:
Bienenschutz: Viele Tankmischungen aus Azolen und Insektiziden gelten – auch wenn die Einzelkomponenten als bienenungefährlich eingestuft sind – in der Kombination als B1 und dürfen nicht auf blühende Bestände ausgebracht werden.
Resistenzmanagement: Ungezielte Insektizidgaben fördern die Selektion resistenter Insektenpopulationen.
Ökonomischer Nutzen: In den meisten Fällen stehen Aufwand und Nutzen nicht im Verhältnis zueinander. Schäden durch Schotenschädlinge bleiben meist unterhalb der wirtschaftlichen Schadschwelle.
Auf einen BlickDie Bekämpfung von Kohlschotenrüssler und Kohlschotenmücke im Raps sollte nicht prophylaktisch, sondern auf Grundlage fundierter Beobachtungen erfolgen. Der pauschale Insektizideinsatz zur Blüte ist aus fachlicher und ökologischer Sicht nicht zu empfehlen. Vielmehr sind Geduld, genaue Beobachtung und das Wissen um das Schadpotenzial entscheidend für eine nachhaltige Schädlingsbekämpfung.
SchackmannEmpfehlungen für die Praxis
Gezielte Kontrolle statt pauschaler Behandlung; das heißt genau hinschauen, besonders in den Randbereichen des Feldes. Einzelne Pflanzen mit Befall sind kein Behandlungsgrund.
Auf Symptome achten: Stark verkrüppelte Schoten, vorzeitiges Platzen oder vermehrter Schmachtkornbesatz deuten auf Kohlschotenmückenbefall hin. Aber auch das kann ein lokales Phänomen sein.
Dokumentation lohnt sich. Langfristige Beobachtungen über mehrere Jahre helfen, das Schadpotenzial auf dem eigenen Betrieb besser einzuschätzen.
Keine Tankmischung zur Blüte ohne Not: Nur wenn eindeutiger Befall in Kombination mit günstigen Ausbringbedingungen (z. B. frühe Morgenstunden, kein Bienenflug) vorliegt, kann ein gezielter Insektizideinsatz gerechtfertigt sein.
Nikolaus Schackmann, Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum (DLR) Eifel – LW 17/2025