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Charolais, Limousin und Weißblaue Belgier

Mutterkuhbetriebe in Taunus und Westerwald besichtigt

Im Beratungsgebiet des DLR Westerwald-Osteifel besichtigten 35 Landwirte der Interessengemeinschaft Odenwälder Fleischrinderhalter drei Betriebe mit unterschiedlichen Rassen, Vermarktungsschwerpunkten und Unternehmenszielen. Werner Baumgarten, Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum Rheinland-Pfalz (DLR), und Angela Mögel, Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen (LLH), begleiteten die Gruppe. Angela Mögel berichtet über die Veranstaltung.

Im Betrieb Koppers im Taunus werden unter anderem Weißblaue Belgier gehalten. Die Vermarktung erfolgt teilweise direkt an den Endverbraucher und in die Niederlande, wo das Fleisch sehr geschätzt und entsprechend bezahlt wird.

Reisefreude und ein ausgeprägter Unternehmergeist wird den niederländischen Nachbarn oft zugesprochen. Schaut man auf die Biografie von Laura und Marco Koppers im Rhein-Lahn-Kreis unweit der hessischen Landesgrenze, bestätigt sich dies.

Das Paar Koppers züchtete in den Niederlanden zunächst Fleisch­rinder der Rasse Verbeterd Roodbont (holländische Fleisch­rinderrasse der Rotbunten) im Nebenerwerb. 1999 fiel der Entschluss, einen Hof mit 60 Milchkühen und 60 ha Land in Dänemark zu kaufen. Bald wuchs der Betrieb auf 150 Kühe an und es wurde ein neuer Milchviehstall gebaut. Auch hier hielten Koppers einige Fleischrinder aus Liebhaberei und entdeckten dabei die Rasse Weißblaue Belgier für sich. Später entschieden sich die Koppers, den Milchviehbetrieb zu verkaufen und sich auf die Fleischrinderhaltung zu spezialisieren. Sie fanden für diesen Zweck einen Ackerbaubetrieb im Taunus, den sie 2010 übernahmen und dort in einen Zwei-Raum-Tiefstreustall investierten.

Die Herde umfasst mittlerweile 150 Tiere der Rassen Weißblaue Belgier, Verbeterd Roodbont und Kreuzungs­tiere. Alle Mutterkühe und Mastbullen werden im Winter mit Gras- und Maissilage, ein­silierten Kartoffeln und dem Brot aus einer Großbäckerei gefüttert. Kraftfutter oder eigenes Getreide kommen nicht zum Einsatz. Die Kosten der Fütterung sollen möglichst gering bleiben. Im Sommer haben die Kühe mit Kälbern Weidegang. Neben der Selbstvermarktung werden die ausgemästeten Weißblauen Belgier-Bullen in die Niederlande vermarktet. Dort wird das fettarme Fleisch geschätzt und entsprechend bezahlt. In Deutschland gibt es keinen Markt für die 2,5 bis 3 Jahre alten Bullen (600 bis 800 kg SG). Ein Teil der reinrassigen Absetzer dieser Rasse werden in Milchviehbetrieben zur Kreuzung und besseren Vermarktung der Kälber verkauft.

Die Geburt per Kaiserschnitt ist bei Kreuzungskälbern in Milchviehbetrieben eher eine Ausnahme. Marco Koppers berichtete von Jerseybetrieben, die Sperma von Weißblauen Belgiern eingesetzt haben, ohne dass Geburtsprobleme der Kreuzungskälber auftraten. Koppers sorgen bei ihren reinrassigen Tieren für eine Geburtsüberwachung. In der Abkalbebox wurde eine Kamera installiert. Sobald die Geburt ansteht, nimmt der Tierarzt im speziellen Behandlungsstand bei den Weißblauen Belgier-Kühen den Kaiserschnitt vor (Mehr Infos zum Betrieb auf www.koppers-qualitycows.de).

Charolais-Zucht im Betrieb Bräuer

In Wied im Westerwald stellte der Betriebsleiter Thomas Bräuer seine Charolais-Zuchtherde vor. Als sein Vater noch Milchkühe besaß, entwickelte Bräuer eine Passion für die weißen Franzosen. Vor vielen Jahren kaufte er seine erste Charolais-Mutterkuh mit Kalb. Diese Investition hat sich ausgezahlt, denn bald darauf wurde sie Bundessiegerin dieser Rasse. In den vergangenen Jahren wiederholten sich die Erfolge. So verbindet sich der Na­me Bräuer mit drei männlichen Bundessiegern und einem Europasieger. Letzterer brachte 1 550 kg auf die Waage.

Der Betrieb mit 17 Charolaiskühen und 55 ha wird im Nebenerwerb geführt. Thomas Bräuer und seine Frau arbeiten in einem Vollzeitberuf außerhalb des Betriebes. Durch die Blockabkalbung in den Wintermonaten sowie Kameras in allen Bereichen des Stalles wird die tägliche Arbeitsroutine erleichtert. Der Ein-Raum-Tiefstreustall wird im Frühjahr komplett entmistet, gesäubert, desinfiziert und gekalkt. Im Sommer dient der Bereich zur Getreidelagerung.

Eine Person bewältigt sämtliche Arbeiten

Das Füttern wird mit einem selbstfahrenden Verteilwagen im Winter durchgeführt und dauert mit dem Einstreuen 30 Minuten pro Tag. Der Betrieb ist so aufgestellt, dass eine Person allein alle Arbeiten sicher und problemlos bewältigen kann. Bräuer ist bei jeder Kalbung im Winter anwesend. Die Übertragung der Webcam auf den Computer im Büro ermöglicht es, den genauen Zeitpunkt zu erkennen. Die kalbende Kuh wird nicht vom Rest der Herde getrennt. Mit dieser Kontrollroutine bei der Kalbung hatte Thomas Bräuer in den letzten drei Jahren keinerlei Kälberverluste.

Um die Kühe an Berührungen am Euter zu gewöhnen und diese damit im Notfall auch „per Hand“ melken zu können, werden die im Fressgitter stehenden Färsen vor der Kalbung regelmäßig von Hand am Euter berührt. Alle Absetzer werden zur Zucht verkauft.

Betrieb Scheffen in Hattert hat mehrere Standbeine

Im Nachbarort Hattert lernte die Gruppe den Betriebsleiter Axel Scheffen mit einer beachtlich vielseitigen Ausrichtung als Unternehmer kennen.

Der Landwirt führt einen konventionellen Ackerbaubetrieb mit 121 ha Ackerland. Zudem bietet er in seinem Garten- und Landschaftsbau-Unternehmen Landschaftspflege, Sonderbaumfällungen, Grüngutentsorgung an und verkauft Rindenmulch, Hackschnitzel, Brennholz und handelt mit Weihnachtsbäumen.

Zur Solarstromerzeugung kommt noch die Pflege von Vertragsnaturschutzflächen mit Gallowayrindern. Zudem managt er einen ökologisch geführten Mutterkuhbetrieb mit 175 ha Grünland und insgesamt 82 Mutterkü­hen mit Schwerpunkt Li­­mousin. Die männlichen Absetzer werden auf der Auktion verkauft.

Die weiblichen Tiere werden ohne Kraftfutter- oder Getreidezufütterung und nur mit Weide und Grassilage als Biomastfärsen gemästet und verkauft. Dies erfolgt mit 24 Monate und circa 300 kg Schlachtgewicht über die Schlacht- und Vermarktungskette Thönes in Wachtendonk am Niederrhein. Ein Teil der Herde befindet sich in ganzjähriger Freilandhaltung. Diese laufen im Winter auf einer Standweide, auf der eine festinstallierte Wasserzufuhr vorhanden ist. Der Rest der Tiere wird im Winter im umgebauten Liegeboxenlaufstall der Milchkühe gehalten.

Um den Ansprüchen der öko­lo­gischen Rinderhaltung zu genügen, wurde an den Kuhstall ein Strohbereich an­geschleppt und die Wände zwischen den einreihigen Liegeboxen durchbrochen. Der keine Herausforderung scheuende Betriebsleiter plant noch in diesem Jahr einen neuen Betriebszweig (Zaunbau für Industrie und Landwirtschaft) von einem Nachbarunternehmen zu übernehmen.

Überlastung scheint diesem vielseitigen Unternehmer fremd zu sein. Die „Kunst des Loslassens“ beherrscht er ebenfalls. So hat er in der Vergangenheit den Betriebszweig Lohn­unter­neh­men aufgrund eines zu geringen Kosten-Nutzen-Verhältnisses bei hohem Arbeitsaufwand wieder geschlossen (Infos zum Betrieb: www.hof-scheffen.de).

Informationen zur Interessengemeinschaft

Landwirte, die Fleischrinder halten und eine Plattform für den fachlichen Austausch beziehungsweise die Fortbildung in diesem Bereich suchen, können Mitglied der Interessengemeinschaft Odenwälder Fleisch­rin­derhalter werden. Info: Robert Brandt 06167/481 und Angela Mögel 06155/7980039.

 – LW 31/2015
Alle Fleischrinderrassen in Bestbesetzung 54. Fleischrinderschau mit 49 Tieren beim Beda-Markt