In den vergangenen Jahren ist der Neubau von Biogasanlagen fast zum Erliegen gekommen. Im landwirtschaftlichen Bereich sind lediglich Kleinbiogasanlagen der 75-kW-Klasse noch wirtschaftlich, wenn die notwendigen Mengen an Wirtschaftsdüngern im Betrieb vorhanden sind und die Anlage sehr gut in die Betriebsstruktur integriert werden kann. Zahlreiche bestehende Biogasanlagen wurden unter Berücksichtigung der Höchstbemessungsleistung jedoch optimiert und erweitert.
Mit dem Erneuerbaren Energien Gesetz (EEG) 2017 erfolgte die Umstellung von einer garantierten Festvergütung auf ein Ausschreibungsverfahren. Neben bestehenden Anlagen erhalten lediglich die Gülle-Kleinanlagen, Anlagen unter 150 kW und Bioabfallanlagen unter 1 MW elektrischer Leistung eine Festvergütung. Die Degression von 0,5 Prozent pro Halbjahr ist in Abhängigkeit vom Zeitpunkt der Inbetriebnahme zu berücksichtigen.
Ausschreibungssystem soll weitere zehn Jahre bringen
Das Ausschreibungssystem ermöglicht bestehenden Anlagen nach Ablauf der 20-jährigen garantierten Vergütungszeit, den Weiterbetrieb der Anlage einmalig für weitere zehn Jahre zu sichern. Für die Gebotsabgabe darf die Restvergütungslaufzeit der Anlage maximal acht Jahre betragen. Das Gebot bezieht sich hierbei auf den sogenannten anzulegenden Wert, der sich wiederum aus dem Börsenmarktwert und der Marktprämie zusammensetzt. Sowohl die Vergütungshöhe als auch die ausgeschriebene Leistung sind hierbei begrenzt. Im Bereich der Biomasse wird ein Ausschreibungsverfahren pro Jahr durchgeführt. Beim ersten Termin zum 1. September 2017 lag der Gebotshöchstwert für bestehende Biomasseanlagen bei 16,90 ct./kWh. Auch hier greift in den Folgejahren in Anlehnung an die Festvergütung die Degression. Der Gebotswert entspricht dem Zuschlagswert. Eine Ausnahme bilden hier lediglich Anlagen über 150 kW Leistung. Diese erhalten als Zuschlagswert nach dem Einheitspreisverfahren den Wert des letzten noch bezuschlagten Gebots.
Einspeisung muss flexibilisiert werden
Für die Gebotsabgabe ist eine Sicherheitsleistung in Höhe von 60,- Euro/kW zu hinterlegen. Um als Anlagenbetreiber am Ausschreibungsverfahren teilnehmen zu können, müssen die technischen Voraussetzungen gemäß EEG 2017 beachtet werden. Hierzu zählt unter anderem, dass der Strom flexibel und bedarfsgerecht bereitgestellt werden muss und die Verweildauer im gasdichten Raum 150 Tage nicht unterschreiten darf. In der Regel sind hierfür zusätzliche Investitionen in BHKW-Leistung und Anlagentechnik notwendig. Erhält eine Anlage den Gebotszuschlag, so erfolgt der Vergütungsbeginn frühestens zwölf und spätestens 36 Monate nach Zuschlag. 2017 wurde eine Gesamtmenge von 122 446 kW ausgeschrieben. Insgesamt sind 33 Gebote mit einer Gesamtmenge von 40.912 kW eingegangen, wovon 23 Gebote von Bestandsanlagen abgegeben wurden. Neun Bieter mit einer Gebotsmenge von 13 361 kW erhielten keinen Zuschlag, da die eingereichten Gebote beispielsweise fehlerhafte Angaben beinhalteten. Die Gebotszuschläge lagen zwischen 9,86 und 16,90 ct./kWh mit einem durchschnittlichen und mengengewichteten Zuschlagswert von 14,30 ct./kWh.
Der Zubaudeckel mahnt zur Eile
Bereits im EEG 2014 wurde ein Zubaudeckel für die Flexibilitätsprämie von insgesamt 1 350 MW verankert. Anlagenbetreiber, die den Ausbau der Leistung planen und die Prämie generieren wollen, sollten daher schnell reagieren, da der Anspruch auf die Zahlung der Prämie erst besteht, wenn die zusätzliche und genehmigte Leistung installiert und in Betrieb genommen wurde. Die technische Fähigkeit zum flexiblen Anlagenbetrieb muss anschließend vom Umweltgutachter überprüft und nachgewiesen werden. Produktionstechnische und betriebswirtschaftliche Auswertungen helfen, den Optimierungsbedarf von Biogasanlagen zu analysieren. Hierfür ist es zwingend notwendig über eine genaue Datenbasis für eine zeitnahe Auswertung zu verfügen. Konstruktive Gespräche zwischen Anlagenbetreiber, Berater und weiteren Beteiligten bilden die Basis für eine gute Beratung. Auf der Einnahmenseite ist zu prüfen, ob die Höchstbemessungsleistung der Anlage ausgeschöpft ist, alle Boni, die anlagenspezifisch möglich sind, auch generiert werden und zusätzliche Erlöse durch den Verkauf von Wärme oder Gärprodukten zu erzielen sind.
Kosten reduzieren und Wirkungsgrad überprüfen
Weitaus größerer Handlungsbedarf besteht auf der Ausgabenseite. Durch Kontroll- und Plausibilitätsrechnungen sollte regelmäßig das Verhältnis zwischen eingesetzten Inputstoffen und bereitgestellten Strom- und Wärmemengen überprüft werden. Nur so kann festgestellt werden, ob Substrate nicht ausreichend vergoren werden oder aber der Wirkungsgrad des Blockheizkraftwerks (BHKW) über die Jahre deutlich zurückgegangen ist. Der Austausch des bestehenden BHKWs kann zur Einsparung von Substrat-Inputstoffen führen und somit sowohl zu Kosteneinsparungen, aber auch im Fall von Anbaubiomasse zum Klimaschutz beitragen. Der Austausch teurer Input-Substrate durch preiswertere Einsatzstoffe kann ebenfalls zur Kosteneinsparung beitragen. Der Anlagenbetreiber muss jedoch im Vorfeld genau prüfen, ob die Einsatzstoffe über die bestehende Genehmigung abgedeckt sind. Das EEG 2017 sieht substratseitig lediglich in Abhängigkeit vom Jahr der Inbetriebnahme beziehungsweise Wechsel von Bestandsanlagen in die neue Vergütung die Einschränkung einer massebezogenen Höchstmenge an Maissilage und Getreidekorn vor. Plant ein Bestandsanlagen-Betreiber die Laufzeitverlängerung durch die Teilnahme am Ausschreibungsverfahren zu erwirken, so ist ein Check der Gesamtanlage zwingend erforderlich. Der bauliche Zustand der Anlage ist exakt zu erfassen. Im optimalen Fall wurden notwendige Investitionen und Optimierungsschritte immer zeitnah ausgeführt, so dass keinerlei Investitionsstaus bestehen. Zusätzliche Investitionen, die durch Änderung von gesetzlichen Rahmenbedingungen begründet sind, wären ebenfalls in die Berechnung einzubeziehen. Nur so kann im Rahmen einer Betriebsplanung eine genaue Leistungs- und Kostenübersicht aufgestellt werden, die wiederum die Basis für ein notwendiges Mindestgebot darstellt. Das EEG 2017 schreibt vor, dass die Biomasseanlage für eine flexible Fahrweise ausgelegt ist. Es bestehen verschiedene Optionen, um den Weiterbetrieb für zehn Jahre zu sichern:
Leistungsreduzierung bei bestehender Substratbasis
Mit geringen Investitionen ist eine Leistungsreduzierung umzusetzen. Hierfür wird eine 250 kWel -Biogasanlage auf eine Bemessungsleistung von 125 kWel umgestellt. Es errechnet sich ein Flexzuschlag von 0,9 ct./kWh. Die Substratkosten können durch die Verringerung der Leistung je nach Substratmischung teilweise deutlich reduziert werden. Nicht zum Tragen kommen dagegen die Vorteile des höheren Wirkungsgrades eines neuen BHKW, da das bestehende im Bestand verbleibt. Ergänzend ist zu berücksichtigen, ob die Anlage in ein bestehendes Wärmenetz einspeist und die Abdeckung der Wärmekunden künftig noch zu realisieren ist.
Leistungsreduzierung durch Beschränkung auf Gülle
Für Betriebe mit großen Tierhaltungen am Anlagenstandort kann auch der Verzicht des NawaRo-Einsatzes als mögliche Option betrachtet werden. Es erfolgt ausschließlich die Vergärung von Gülle im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 1069/2009, wodurch die Mindestverweildauer von 150 Tagen im gasdichten Raum nicht zu berücksichtigen ist. Die ausschließliche Vergärung von Wirtschaftsdüngern bringt einen Anstieg des Prozesswärmebedarfs mit sich. Die Auswirkungen auf ein eventuell vorhandenes Nahwärmenetz müssen mit in die Entscheidung einbezogen werdeen.
Doppelte Überbauung
Die Biogasanlage realisiert die doppelte Überbauung, wobei sich die Bemessungsleistung der Anlage hierdurch nicht ändert. Der Flexzuschlag trägt zur Finanzierung des Projektes bei. Zusätzlicher Finanzbedarf für notwendige Anpassungsarbeiten am Trafo, der Gasspeicherung oder Gasleitungen ist mit einzurechnen. Das neue BHKW verfügt über einen höheren elektrischen Wirkungsgrad, so dass Substrate eingespart werden können. Die Ausfallsicherheit auf Seiten der Strombereitstellung verbessert sich durch zwei Aggregate deutlich. Die oben beschriebene 250 kWel –Biogasanlage erhöht die installierte Leistung auf 500 kWel und hat somit eine Bemessungsleistung von 250 kWel. Dies entspricht wiederum einem Flexzuschlag von 0,9 ct./kWh. Nimmt die Biogasanlage eine doppelte Überbauung der elektrischen Leistung vor, verringert aber zeitgleich die Bemessungsleistung, verfügt die betrachtete Modellanlage dann über eine installierte Leistung von 500 kWel mit einer reduzierten Bemessungsleistung von 125 kWel. Es errechnet sich ein Flexzuschlag von 1,8 ct./kWh.
Bis zu 5-fache Überbauung
Die Leistung der Biogasanlage wird ohne Änderung der Bemessungsleistung bis zu 5-fach überbaut. Eine mehrfache Überbauung der Leistung stellt sich - bezogen auf die Erlöse aus dem Flexzuschlag interessant dar, muss aber zum Anlagenkonzept passen. Investitionen in BHKW-Technik, Gas- und Wärmespeicherung, Leitungsbau und Genehmigungsmaßnahmen sind im Vorfeld präzise zu erfassen und betriebswirtschaftlich zu kalkulieren. Der Anlagenbetrieb muss auf die geplante Fahrweise ausgelegt sein, so dass die Anlage künftig wenige Stunden am Tag Strom bereitstellt und lange Teillast-Laufzeiten weitestgehend vermieden werden. Für die oben beschriebene Anlage bedeutet dies eine Erhöhung von 250 kWel auf 1.250 kWel mit einer Bemessungsleistung von 250 kWel. Der Flexzuschlag beträgt folglich 2,3 ct./kWh.
Eigenstrom- und Eigenwärmenutzung
Als weitere Option besteht, nicht am Ausschreibungsverfahren teilzunehmen. Es werden ausschließlich vorhandene Wirtschaftsdünger und Reststoffe vergoren, zusätzliche Investitionen können unterbleiben und die technischen Anforderungen des EEG 2017 sind nicht zu berücksichtigen. Diese Betriebsweise eignet sich ausschließlich für Betriebe, die den Eigenstrom nutzen und zudem interessante Wärmeerlöse erzielen können. Im Vorfeld sollte eine Kalkulation erstellt werden, welche Auswirkungen der Parallelbetrieb zum Netz auf die Kosten des Zukaufs der ergänzend benötigten Energie haben wird. Generell wird dieses Modell nur für sehr wenige Anlagen interessant und zeitlich befristet bis zum Ersatz von wesentlichen Hauptkomponenten umsetzbar sein. In der einstigen Pionieranlage am Landwirtschaftszentrum Eichhof wurden bereits Mitte der 1980er-Jahre in einem liegenden Fermenter ausschließlich die betrieblich anfallenden Wirtschaftsdünger vergoren. Das anfallende Biogas wurde in einer Heizungsanlage verbrannt. Die Wärme diente zur Beheizung der Schweineställe am Hof. Mit Einführung des EEG 2014 mussten alle Biogasanlagen eine zusätzliche Gasverbrauchseinrichtung installieren. Hierbei handelt es sich überwiegend um Biogas-Notfackeln, einige Betriebe haben hingegen einen Gaskessel installiert, um bei einem Ausfall des BHKWs oder einer zu hohen Biogasproduktion das Biogas zu Heizzwecken einsetzen zu können. Auf den Einsatz von NawaRos würde verzichtet, so dass ausschließlich die Wirtschaftsdünger vergoren werden. Teile der bestehenden Anlagentechnik können dann entfallen. Der Wartungs- und Betreuungsaufwand verringert sich deutlich. Allerdings stellt die Restlebensdauer der bestehenden Bauteile auch zeitgleich eine Befristung der Zukunftsoption dar.
Aufgabe der Biogaserzeugung
Als finale Lösung muss auch die Aufgabe der Biogaserzeugung bedacht werden. Für den Anlagenbetreiber bedeutet dies weitaus mehr als nur die Fütterung einzustellen und das BHKW vom Netz zu nehmen. Da die meisten Biogasanlagen sehr gut in landwirtschaftliche Betriebe und ländliche Strukturen eingebunden sind, hat dies vielfältige Auswirkung. Energetisch bedeutet die Aufgabe der Biogaserzeugung auch gleichzeitig den Wegfall der Strom- und Wärmeerzeugung und in vielen Bioenergiedörfern und kleineren Nahwärmenetzen auch den Verlust der aktuell noch immer kostengünstig bereit gestellten Wärme und somit ökonomische Nachteile für die Systeme. Wirtschaftsdünger werden wieder unvergoren auf den Flächen ausgebracht, die bisherigen Vorteile für die Umwelt und die Bevölkerung entfallen. Das Landschaftsbild verändert sich, wenn Energiepflanzen zur Biogaserzeugung nicht mehr in der Fruchtfolge enthalten sind. In der Praxis bereichern GPS-Mischungen, blühende und überdauernde Kulturen das Landschaftsbild und tragen einen wichtigen Beitrag zur Förderung der Biodiversität bei. Fazit: Die im Erneuerbare Energien gesetz 2017 verankerte Form der Ausschreibung bietet einigen wenigen Bestandsanlagen die Option der Verlängerung für einmalig weitere zehn Jahre Anlagenbetrieb. Dies kommt jedoch ausschließlich für effiziente Anlagen zum Tragen, die zu niedrigen Kosten neben den durch einen Höchstwert gedeckelten Stromerlösen weitere Einnahmen aus der Vermarktung von Wärme und Gärprodukten erlösen können. Jede Entscheidung sollte im Vorfeld einzelbetrieblich betrachtet und genau betriebswirtschaftlich kalkuliert werden.
Björn Staub, LLH – LW 17/2018