Der diesjährige Hessische Leguminosen- und Grünlandtag des Landesbetriebs Landwirtschaft Hessen (LLH) stand ganz im Zeichen von Gras und Kleegras. Unter dem Motto „Gras und Kleegras optimal nutzen – nachhaltige Konzepte für die Praxis“ vermittelten Expertinnen und Experten in Vorträgen und an Demo-Stationen, wie die Futterwirtschaft weiter verbessert werden kann und welche Rolle dabei Ertrag und Qualität spielen.
Gras, Kleegras und Luzerne liefern hochwertiges Grobfutter und sind in der Rinderfütterung eine wertvolle Eiweißquelle. In der Futterwirtschaft gibt es verschiedene Ansätze, um die Versorgung mit Eiweiß aus dem Grobfutter zu verbessern. Diese reichen von einer standortangepassten und effizienten Grünlandbewirtschaftung beziehungsweise Ackerfutterwirtschaft über verlustarme Konservierungsverfahren bis hin zu innovativen Konzepten zur Nutzung von Luzerneaufwüchsen. Beim diesjährigen Hessischen Leguminosentag, der Ende Mai am Landwirtschaftszentrum (LWZ) Eichhof stattfand, wurden verschiedene innovative Ansätze für eine effiziente Bewirtschaftung von Grünland und Acker vorgestellt.
Höhere Eiweißerträge im Grünland durch Leguminosen
Dr. Martin Komainda von der Georg-August-Universität Göttingen stellte die grünlandbasierte Milchviehfütterung in den Mittelpunkt seines Vortrags „Status quo der Grünlandnutzung und Zukunftsperspektiven“. Denn mit den steigenden Futterkosten und Nährstoffüberschüssen, die durch zugekauftes Kraftfutter (KF) zusätzlich in die Betriebe gelangen, sind Landwirtinnen und Landwirte zunehmend gefordert, alternative Fütterungsstrategien zu entwickeln. Aus einer vergleichenden Praxisstudie zur Biodiversität in Milchviehbetrieben (Biodivmilch) wurde deutlich, dass sich das Grünland in Betrieben mit einer KF-armen Fütterung gegenüber den KF-intensiveren durch eine höhere Nutzungsvielfalt (Silage, Heu, Weide etc.) und niedrigere Boden-P-Gehalte auszeichnet, was sich positiv auf die Pflanzenartenvielfalt im Grünland auswirkt.
Eine weitere Studie, mit der die Zusammenhänge zwischen Kraftfutterergänzung, Netto-Proteinleistung und Umweltwirkung in den Milchproduktionssystemen untersucht wurden, bewertete die Proteineffizienz (Umwandlung von pflanzlichem Eiweiß in Nahrung). Die kritische Schwelle für eine effiziente Milchproduktion wurde danach bei einem KF-Anteil von 30 Prozent oder mit rund 177 g KF/kg Milch ermittelt. Wenn der KF-Anteil darüber liegt, wird mehr human essbares Protein verbraucht als erzeugt – die Milchproduktion ist damit ineffizient.
Aus den Zusammenhängen wird deutlich, dass ein grasbasiertes, KF-armes Milchproduktionssystem das Potenzial hat, eine Nettonahrungsproduktion zu gewährleisten und gleichzeitig artenreiche Grünlandökosysteme zu erhalten. Daher seien Effizienz und Nachhaltigkeit in Zukunft stärker gemeinsam zur Bewertung von Produktionssystemen zu betrachten.
Im Anschluss beleuchtete Dr. Anna Techow, Referentin für Grünlandwirtschaft und Ackerfutterbau am LLH, wie sich durch gezielte Maßnahmen in der Bewirtschaftung des Grünlands die Qualität des Grobfutters beeinflussen lässt. So hätten der Termin und die Art der ersten Nutzung immer einen Einfluss auf die Artenzusammensetzung im Bestand. „Höhere Eiweißerträge sind mit einer frühen Nutzung und mit mehr Leguminosen im Bestand zu erzielen. Außerdem führt eine optimale Grundnährstoffversorgung zu einer höheren Ertragsstabilität und fördert zudem die Leguminosen“, so Techow.
Leguminosen müssen zum ersten Schnitt gut etabliert sein
In der zweiten Vortragsrunde stand die Nutzung der kleinkörnigen Leguminosen im Mittelpunkt. Zunächst verdeutlichte Dr. Harald Schmidt von der Universität Kassel-Witzenhausen auf Basis von vierjährigen Untersuchungen von Klee- und Luzernegrasbeständen, die begleitend zum Demonstrationsnetzwerk „KleeLuzPlus“ durchgeführt wurden, welche Faktoren die Ertragsbildung beeinflussen. Demnach zählen dazu unter anderem die Wasserversorgung, eine gelungene Bestandsetablierung und die Verfügbarkeit von Bodennährstoffen.
Folglich üben die Standortbedingungen (Boden und Witterung) den stärksten Einfluss auf das Ertragspotenzial aus. Aber auch das Bewirtschaftungssystem zeigte Unterschiede auf. Die Öko-Flächen erzielten im Mittel 10 Prozent weniger Ertrag als die konventionell bewirtschafteten Flächen, was hauptsächlich auf die unterschiedliche Artenzusammensetzung und auf die geringere Nährstoffversorgung der Öko-Flächen zurückzuführen ist.
Um hohe eiweißreiche Erträge zu erzielen, sollte der Leguminosenanteil im Bestand bereits zum ersten Schnitt gut etabliert sein. Denn der Ertrag bei einer Vier-Schnitt-Nutzung nimmt mit jedem Schnitt tendenziell ab, während der Leguminosenanteil und der Rohproteingehalt bis zum dritten Schnitt zunehmen. Daher ist vor allem auf ein optimal vorbereitetes Saatbett (möglichst wenig Unkräuter), einen optimalen Saattermin (bei Sommersaaten so früh wie möglich) und eine flache und gleichmäßige Aussaat zu achten. Welches Ertragspotenzial optimal entwickelte Bestände liefern können, zeigte das obere Ertragsviertel der Praxisbestände, das im Durchschnitt bei beachtlichen 140 dt TM/ha und Jahr lag.
Neue Erntetechniken im Versuch
Als nächster Referent stellte Dr. Jan Maxa von der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL), Institut für Landtechnik und Tierhaltung, neue, innovative Verfahren zur Produktion von hochwertigem heimischen Eiweißfutter aus Luzerne vor. Ziel ist hier unter anderem, für ein besonders eiweißreiches Futter Luzerneblätter beziehungsweise -spitzen zu gewinnen, die sich auch für die Monogasterfütterung eignen. Dafür wurde mithilfe einer Blatt-Stängel-Trennung versucht, den Rohproteingehalt zu erhöhen und den Faseranteil zu verringern. Drei verschiedene Ernteverfahren wurden getestet:
Blatt-Stängel-Trennung
Von den Verfahren zur Blatt-Stängel-Trennung direkt am Feld gibt es derzeit nur Prototypen. Beim stationären Verfahren wird die Luzerne als Ganzpflanze mit herkömmlicher Erntetechnik geerntet, anschließend getrocknet und gelagert. Danach wird mittels Siebverfahren die Blattmasse von den Stängeln getrennt und zu Cobs weiterverarbeitet. Diese Technik steht derzeit nur regional (in Mittelfranken) zur Verfügung.
Beim dritten Verfahren – der Gewinnung von Luzernespitzen – wird mit einer speziellen
Erntemaschine (TopCut Col-lect) oder mit herkömmlicher Doppelmessermähtechnik geerntet. Die Luzernespitzen wiesen im Ergebnis ähnlich hohe Rohprotein- und Aminosäurengehalte auf wie die Blattmasse, die mittels Siebverfahren gewonnen wird. Jedoch werden von den Luzernespitzen nur 33 bis 40 Prozent der Ganzpflanze geerntet, die Ausbeute ist somit geringer.
Insgesamt zeigt sich, dass die Futterqualität und die Ausbeute bei allen Verfahren stark von den Ausgangsbedingungen und vom Ausgangsmaterial abhängig sind. Für eine breite und praxisgängige Anwendung müssen sich die Techniken noch weiterentwickeln und etablieren.
Klee- und Luzernegras silieren
Am Nachmittag wurde die Veranstaltung an den verschiedenen Demo-Stationen fortgesetzt. Am Silo erläuterte Dr. Klaus Hünting, Fachreferent für Futterkonservierung an der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen, worauf es bei der Silierung von Klee- und Luzernegras ankommt. Leguminosen haben weniger Zucker als Gräser, weisen aber höhere Protein- und Mineralstoffgehalte auf. Letztere wirken einer Ansäuerung entgegen. Um den Gärverlauf optimal zu unterstützen und eine lagerstabile Silage zu erzeugen, sind Verschmutzungen bei der Ernte zu vermeiden, zudem ist das Siliergut ausreichend anzuwelken und auf eine gute Verdichtung sowie einen schnellen Luftabschluss zu achten.
Ferner wird für Leguminosen der Einsatz von Siliermitteln empfohlen, um eine rasche Absenkung des pH-Werts zu unterstützen (siehe siliermittel.dlg.org).
Zur Überprüfung des Konservierungserfolgs sollte auch ein Controlling durchgeführt werden. Hierfür wurde die Schätzung des TM-Gehalt mittels der Wringmethode und die Ermittlung des pH-Werts mithilfe eines Indikatorpapiers demonstriert.
Ertragskarten zur Biodiversitätsförderung
Welche Möglichkeiten Ertragskarten für eine optimierte wie auch biodiversitätsfördernde Grünlandbewirtschaftung bieten, erläuterten Stefan Thurner und Dr. Maxa von der LfL in Bayern. Die Grobfutterproduktion ist nach wie vor der größte Kostenfaktor in der Milchproduktion. Deshalb ist die Ertragserfassung im Grünland ein wesentliches Instrument, um die Futterproduktion effizienter und nachhaltiger zu gestalten. Die sensorgestützte Ertragserfassung an Erntemaschinen, wie zum Beispiel dem Feldhäcksler, ist praxisreif und liefert im Normbereich zuverlässige Ergebnisse.
Für die Praxis ist es aber wichtig, kontinuierlich die Erträge von allen Schnitten zu erfassen, damit die Jahreserträge für die Bewirtschaftung lückenlos vorliegen. Eine Alternative ist eine Ertragsschätzung mittels Satellitenbildern, verknüpft mit einem Wachstumsprognosemodell, worüber die TM-Erträge des Grünlandes flächenspezifisch erfasst werden können. Dies wird derzeit im Rahmen eines Projekts an österreichischen Betrieben getestet.
Mithilfe der Ertragsdaten kann eine abgestufte Grünlandnutzung je nach flächenspezifischem Ertragspotenzial differenziert umgesetzt und gleichzeitig die Biodiversitätsleistung des Grünlandes erhalten beziehungsweise durch die differenzierte Bewirtschaftung sogar verbessert werden.
Auf Basis der aufbereiteten Ertragskarten können Schnitte auf ertragsschwachen Flächen reduziert oder die Nutzung bestimmter Grünlandflächen verfahrenstechnisch optimiert werden, zum Beispiel durch eine angepasste Schnitthöhe oder durch unterschiedliche Maschineneinstellungen. Es besteht zudem die Möglichkeit, sich an spezifischen Förderprogrammen wie beispielsweise „Altgrasstreifen“ zu beteiligen.
Bei diesem Vorgehen lassen sich zum Beispiel ertragsarme Flächen gezielt nutzen und damit ökologische als auch ökonomische Vorteile in der Grünlandbewirtschaftung erzielen. Dieses Verfahren befindet sich jedoch noch in der Entwicklung.
Zusammenspiel von Bewirtschaftung und Mischung
Auf den LLH-Versuchsflächen am LWZ Eichhof wurden an zwei weiteren Stationen eine Demonstrationsanlage zur Grünlandbewirtschaftung und ein Feldfutterbauversuch mit unterschiedlichen Varianten leguminosenreicher Mischungen gezeigt. An beiden Stationen wurde diskutiert, welchen Einfluss die Bewirtschaftung und die richtige Wahl einer standortangepassten und geprüften Grünland- als auch Ackerfutterbau-Mischung auf die Bestände nehmen. Auch hier wurde auf die Bedeutung der gemeinsamen Sortenempfehlung der AG der „Mittelgebirgs-Länder“ hingewiesen. Sie sind die Basis für die besonders gekennzeichneten Qualitäts-Standard-Mischungen. „Das rote Etikett sichert dem Praktiker hohe Qualität durch regional geprüfte Sorten“, betonte Toni Kaiser, Experte für Grünlandversuche am LLH.
An der seit 2008 bestehenden Demonstrationsanlage für Grünlandbestände wird am Eichhof untersucht, wie der Pflanzenbestand durch die unterschiedliche Bewirtschaftung in Bezug auf Düngung und Schnittintensität geprägt wird.
Dr. Brigitte Köhler, LLH – LW 30/2025